Tierhaltung | 05. November 2021

Schweinehalter im ASP-Gebiet

Von Maria Wehrle
Ein Landwirt aus Brandenburg und eine Landwirtin aus Sachsen berichteten aus erster Hand, wie sie mit der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in ihrer Region leben. Ihr Anliegen: Sie wollen zeigen, dass hinter Fallzahlen und Verordnungen auch einzelne Schicksale stehen.
Zäune, Versicherungen und strikte Hygiene: Selbst die beste Vorbereitung kann nicht alles verhindern. Betriebe, die im ASP-Gebiet liegen, haben erhebliche Probleme bei der Vermarktung ihrer Schweine.
Frank Tiggemann und Rita Blum sind der Einladung der baden-württembergischen Landesanstalten LAZBW Aulendorf und LSZ Boxberg gefolgt. Im Rahmen einer Online-Veranstaltung des Netzwerks Fokus Tierwohl teilten sie kürzlich ihre Erfahrungen im ASP-Gebiet und standen für Fragen bereit.
„Wir gehen seit einem Jahr durch die Hölle”, beginnt Frank Tiggemann seinen Bericht. Sein Betrieb liegt in Brandenburg – innerhalb der Zone, wo im Herbst 2020 das erste ASP-Wildschwein in Deutschland gefunden wurde. Mit dieser Aussage spricht er nicht nur für sich, sondern für all seine Berufskollegen in der Region. Ihn selbst traf der Ausbruch der Seuche nicht ganz so hart wie andere, weil die Jungsauenvermehrung nur etwa ein Drittel seines Umsatzes ausmacht. In Zahlen heißt das laut Tiggemann aktuell: Jedes Tier verlasse den Stall mit einem Minus von 15 bis 20 Euro. Neben den allgemein schlechten Preisen müssen die Betriebe im ASP-Gebiet unter anderem zusätzliche Transportkosten, ASP-Abschläge und teilweise auch Veterinärkosten tragen.  
Harter Schlag trotz Vorbereitung
Da helfen die 20000 Euro Entschädigung nur bedingt, die das Land Brandenburg jedem betroffenen Betriebsinhaber zugesteht. „Das verbrauchen wir ungefähr in zwei Monaten”, erklärt Tiggemann und fordert stattdessen eine Existenzsicherung.
Und dabei war der Brandenburger nicht unvorbereitet: Als das ASP-Virus 2019 in Westpolen aufgetreten ist, verschärfte er seine ohnehin bereits guten Biosicherheitsmaßnahmen: In seinen Hygieneschleusen installierte er UVC-Lampen für eine bessere Desinfektion. Später errichtete er einen dritten Zaun um seine Anlage – etwa 30 m vom zweiten Zaun entfernt. Dahinter baut er seither keine hochwachsenden Kulturen wie Mais mehr an, um zu vermeiden, dass der Kadaver eines toten Wildschweins unentdeckt bleibt und die Seuche über Schadnager in den Bestand gelangt.
Zudem hatte Tiggemann eine zwölfmonatige Versicherung abgeschlossen, die aber vor Kurzem ausgelaufen ist. Ab jetzt müsse er den Schaden selbst tragen.  Auch beim ASP-Früherkennungsprogramm hat der Landwirt teilgenommen und ist seither ASP-Statusbetrieb. Dadurch spare er sich zwar die Blutproben, bei der Vermarktung habe ihm das aber keine Vorteile gebracht. Dabei bezeichnet er genau das als wichtigsten Aspekt und rät, sich darüber frühzeitig Gedanken zu machen. So wüssten viele seiner Kollegen nicht wohin mit ihren Tieren. Die beiden Schlachthöfe, die Schweine aus den ASP-Gebieten schlachten, seien überlastet.
„Mit dem Zaunbau sind wir mittlerweile zufrieden”, berichtet Tiggemann. Allerdings habe es zu lange gedauert, bis die Zäune gut genug waren. Immer noch problematisch seien die Übergänge an Wegen, wo die Tore häufig offen stehen blieben. Weideroste könnten dafür eine Lösung sein.
Deutlich schlechter läuft es laut Tiggemann bei der Entnahme der Wildschweine. Manche Jäger seien auch gegen diese radikale Strategie, die zum Beispiel in Sachsen gar nicht verfolgt wird. Dort werden die Wildschweine lediglich verstärkt gejagt. Das berichtet zumindest Rita Blum, Ferkelerzeugerin im Landkreis Meißen, wo vor wenigen Wochen ein infizierter Frischling 60 km außerhalb der bisherigen ASP-Gebiete gefunden wurde.
Schlecht informiert
Sie zeigte sich vor allem enttäuscht von der Arbeit der Behörden. So seien die Betriebe im Sperrgebiet gar nicht darüber informiert worden, was nun geschieht. Von der Ausweisung des Gebietes hätten sie über Pressemeldungen erfahren.
Tiggemann begründet das damit, dass die Behörden selbst überlastet sind, die sich erst in die Verordnungen einarbeiten müssten. Er meint sogar: „Die Verordnungen sind so komplex, dass sie teilweise nicht durchführbar sind.” Von pragmatischen, schnellen Lösungen, wie sie die Landwirte bräuchten, sei man weit entfernt. Beispielhaft beschreiben Tiggemann und Blum die Transportbedingungen. So dürfe ein Ferkel- oder Jungsauentransport nur einen einzigen Kundenbetrieb anfahren. Sie müssten sich also teilweise neue Kunden suchen, die einen ganzen Transporter mit Tieren abnehmen können. Kleine Betriebe würden dadurch abgehängt. Wer den Transport nicht voll bekommt, müsse draufzahlen.
Rita Blum fasst ihre Situation so zusammen: „Es war ein Schock, aber wir müssen nach vorne blicken.” Sie will ihre Biosicherheitsmaßnahmen noch weiter verbessern, indem sie einen zusätzlichen Zaun innerhalb der Anlage errichten. Zudem ist sie gerade dabei, den ASP-Status zu erlangen. 
Konkret werden
Dr. Dirk Hesse von der Initiative Schweinehaltung Deutschland (ISD) referierte über die aktuelle Situation und die Handlungsspielräume in Zeiten der ASP. Dabei verwies er auch auf die Positionspapiere der Initiative, die sich unter anderem mit der Seuche beschäftigen. Diese finden sich auf der Internetseite www.initiative-schwein.de/positionspapiere.
Ziel der ISD ist es, konkrete Lösungsvorschläge für die Probleme in der Branche zu machen und diese an die Politik weiterzugeben. Nach eigenen Angaben beteiligen sich derzeit 198 schweinehaltende Betriebe aus zehn Bundesländern an der Initiative.