Betrieb und Wirtschaft | 17. Oktober 2019

Schwarzwaldmilch macht in Hafer

Von René Bossert
Mit der Produktion von Haferdrinks will die Schwarzwaldmilch auf sich verändernde Ernährungsgewohnheiten reagieren. Dafür hat sie eine Tochterfirma gegründet, die Black Forest Nature GmbH.
Nicht nur der Rohstoff und die Firma sind  neu, sondern auch die Marke: Velike! heißt sie. Das „Ve” steht dabei für vegan. Schließlich sind  nur Hafer, Wasser, Sonnenblumenöl und Salz drin.
 Allerdings ziele man nicht vorrangig auf Veganer als Kunden für die Haferdrinks ab, erklärte Dr. Andreas Helm am 17. Oktober vor Journalisten  in Freiburg. Hauptzielgruppe seien die vielen Flexitarier, die ebenso tierische wie vegetarische oder vegane Produkte kaufen. Der Geschäftsführer der in diesem Jahr gegründeten Black Forest Nature GmbH beschrieb Velike! als eine Bio-Marke aus dem Schwarzwald, die für Lebensfreude, Natürlichkeit und Transparenz steht.  Statt dem Bollenhut der Molkerei-Marke fungiert  eine Kuckucksuhr als regionales Symbol.
Die Haferdrinks gibt es zum Start in vier Varianten im Tetrapak, die „Natur”-Variante wird zusätzlich in der Glasflasche angeboten.

  Produziert werden die Drinks im Offenburger Werk der Schwarzwaldmilch, der Bio-Hafer stammt von Erzeugern die aus dem Gebiet der beiden Schwarzwälder Naturparke kommen. Bezogen wird die Bioland-Ware über die Rubin-Mühle in Lahr. Zwei der Hafer-Anbauer sind übrigens gleichzeitig Schwarzwaldmilch-Erzeuger.
Die Herstellung
Wie produziert man einen Haferdrink? Hafermehl wird mit Wasser vermischt und fermentiert. Dann wird das Gemisch in einem Dekanter – einer horizontalen Zentrifuge – in eine feste und eine flüssige Phase getrennt. Aus der Flüssigkeit wird  nach Zugabe von Salz und Öl und eventuell noch Aromazutaten (oft Mandel oder Vanille) der Haferdrink. Um einen Liter Haferdrink herzustellen, braucht man ungefähr 150 Gramm Hafer. Der Haferanteil im Endprodukt beträgt etwa 11 %.
Die meisten veganen Drinks auf dem Markt werden erhitzt und können deshalb ungekühlt verkauft werden. So auch die vier Varianten, mit denen die Black Forest Nature GmbH startet: Natur, mit Mandelgeschmack, mit zusätzlichem Calcium und schließlich Barista, eine Variante mit mehr Öl, die aufschäumbar ist.
Dazu kommt eine Natur-Variante, die nicht erhitzt, sondern mikrofiltriert wird. Sie muss ins Kühlregal, schmeckt auch etwas anders  und wird in eine Glasflasche abgefüllt. Letzteres ist ein Novum für den deutschen Markt für vegane Drinks.   2,49 Euro soll  der Liter Haferdrink in der Glasflasche im Laden kosten, für die anderen Varianten empfehlen die Freiburger einen Preis von 2,29 Euro. Marktübliche Preise für Bio-Haferdrinks in den Supermärkten bewegen sich derzeit in der Regel zwischen 99 Cent und 1,99 Euro.
 
Eigenständig
Was genau die Schwarzwaldmilch bisher in ihr Start-up investiert hat, war nicht zu erfahren.   Die Summe liege im sechsstelligen Bereich, erklärte  Schwarzwaldmilch-Geschäftsführer Andreas Schneider. Die   Umsatzerwartung für das erste Jahr liegt im unteren einstelligen Millionenbereich.  Das Unternehmen agiere eigenständig, wobei Synergien und das Know-How des Mutterunternehmens genutzt werden.
Die Herstellungskosten der Haferdrinks   sieht Schneider im Startmodus der Firma bei noch kleinen Mengen über denjenigen  von Trinkmilch. Bei höheren Produktionsmengen läßt sich seiner Einschätzung nach Hafermilch zu geringeren Kosten herstellen.
Schneider erläuterte auch, warum  die Schwarzwaldmilch Milchersatzprodukte herstellt: „Die Ernährungsgewohnheiten verändern sich und moralisch-ethische Aspekte gewinnen an Bedeutung. Wir müssen bedürfnisgerecht agieren.”  Von den Milchbauern habe es keinen Gegenwind gegeben seit die Molkerei vor  drei Jahren begonnen habe, das neue Geschäftsfeld unter die Lupe zu nehmen.
  Der Vertrieb soll zunächst auf den Südwesten beschränkt bleiben. Es gebe schon Listungszusagen, zeigte sich Helm optimistisch für den Markteintritt. Im Markt für Haferdrinks sei Musik drin, sagte Helm. Bei Blindverkostungen im Frühjahr hätten die Schwarzwaldmilch-Haferdrinks im Geschmack besser überzeugt als die Konkurrenzprodukte.
Deutscher Markt für vegane Drinks
Auf dem Markt für Milchersatzprodukte sind Danone mit der Marke Alpro und die schwedische Firma Oatly wichtige Anbieter in Deutschland, dazu kommen eine Reihe Handelsmarkenprodukte. Insgesamt wurden laut dem Marktforschungsunternehmen Nielsen 2018 in Deutschland rund 150 Mio. Liter vegane Drinks verkauft, der Umsatz damit betrug etwa 240 Mio. Euro. Soja ist der wichtigste Rohstoff, Hafer weist allerdings ein dynamischeres Wachstum auf. Zum Vergleich: An Trinkmilch werden in Deutschland  jährlich rund fünf Milliarden Liter abgesetzt, allerdings mit rückläufiger Tendenz.
Weitere Produkte über Drinks hinaus sind Helm zufolge  in der Pipeline. Grundsätzlich könnte mit der Anlage, deren Kapazität bei maximal  9000 Einheiten pro Stunde  liegt, auch andere Rohstoff wie Soja oder Dinkel verarbeitet werden.