Politik | 21. Januar 2021

Schwarz und Grün beharken sich

Von AgE
Bei den agrarpolitischen Vorstellungen trennen Schwarz und Grün offenbar doch noch Welten. Diesen Eindruck hat zumindest die Bundestagsdebatte am 13. Januar zur Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik vermittelt.
Im Bundestag prallten am 13. Januar ganz unterschiedliche Vorstellungen von der künftigen Ausrichtung der EU-Agrarpolitik aufeinander.
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner stellte fest, dass im siebenseitigen Antrag der Grünen, in dem es um die Landwirtschaft in Deutschland, in Europa und auch weltweit gehe, nicht einmal das Wort Ernährung vorkomme. Für die Union seien die Landwirte aber diejenigen, die „unsere Nahrungsmittel erzeugen, und sie werden von uns nicht zu Landschaftsgärtner umerzogen”, so Klöckner. Sie warf den Grünen vor, bei ihnen spiele nur die Ökologie eine Rolle. Ökologie sei wichtig, aber wer Nachhaltigkeit herunterdekliniere, der müsse dies komplett tun. Und dazu gehörten auch die Ökonomie und die soziale Frage. Die Landwirte müssten von ihrer Arbeit auch leben können.
Künast will nicht nur Schraubenschlüssel
Zuvor hatte die frühere Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast mit Hinweis auf die Farm-to-Fork- und die Biodiversitätsstrategie der EU-Kommission die Einigung des Agrarrats zur GAP-Reform scharf attackiert. Gebraucht werde ein ganzer Werkzeugkasten und nicht nur ein Schraubenschlüssel, so Künast. Sie plädierte für eine 100-Prozent-Gemeinwohlprämie und den Ausstieg aus den Direktzahlungen. Es gehe um den Schutz von Boden, Wasser, Luft, des Klimas und der Artenvielfalt. Das seien die Grundlagen für die Landwirtschaft und nicht kurzfristige Zahlungssysteme, so die Grünen-Politikerin.
Klöckner: Abkehr vom romantischen Bild
Klöckner kritisierte die Grünen dafür, dass diese immer ein Bild von den kleinen schönen, schnuckeligen Höfen malten. Die Ministerin wies  darauf hin, dass im Jahr 1900 ein Landwirt fünf Menschen ernährt habe; heute seien es 150. Das sei für die Grünen schwierig, weil es eine Abkehr von dem schönen romantischen Bild sei. In der Corona-Zeit sei jedoch klar geworden, was es für die Bevölkerung heiße, wenn die Regale halbleer seien. „Nahrungsmittel wachsen nicht einfach im Supermarktregal”, so die CDU-Politikerin. Sie betonte, „wir sind mit der Landwirtschaft auf dem Weg”, dass sie umweltgerechter und mehr Tierschutz gefördert werde, dass die Nahrungsmittelversorgung gesichert und den jungen Landwirten eine Chance gegeben werde, in die Zukunft zu schauen. Das aber gehe nicht, indem Landwirtschaft in klein und groß, in gut und schlecht unterteilt werde und auch nicht, wenn ökologische Landwirte gegen konventionelle ausgespielt würden.
Auch SPD hinterfragt Direktzahlungen
Neben Künast hinterfragte auch der agrarpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Spiering, die landwirtschaftlichen Direktbeihilfen.  Denn in der Praxis seien trotzdem viele Betriebe verschwunden, und die Förderung habe die Großen noch reicher gemacht, während die Kleinen nicht überlebten. Je mehr Geld in das System gepumpt werde, desto interessanter werde es für jeden, der auf Großimmobilien setze, erklärte der SPD-Abgeordnete und nannte als Beispiele die Münchener Rück, Aldi sowie die Schwarz-Gruppe mit Lidl.
Der Agrarsprecher der AfD-Fraktion, Stephan Protschka, warf der Bundesregierung indes vor, die heimische Landwirtschaft mit nationalen Alleingängen zu überfordern. Mit noch mehr Auflagen und Verboten werde der Kostendruck für die Landwirte weiter erhöht. Die Auflagen würden unter dem Vorwand der Angst begründet und als alternativlos dargestellt, sagte Protschka. Beispiele seien die Nitratbelastung des Grundwassers und der dramatische Artenverlust. In der Regel fehle aber jegliche wissenschaftliche Grundlage, und es werde auch keine belastbare Folgenabschätzung durchgeführt.
Der agrarpolitische Sprecher der FDP-Fraktion,  Gero Hocker, ging die Grünen scharf an. Sie ließen völlig außer Acht, dass Deutschland bei Antibiotika und chemischem Pflanzenschutz schon erhebliche Anstrengungen unternommen habe und Erfolge habe feiern können. Da sei es völlig falsch, allgemeine Reduktionsziele zu definieren. Sollten solche pauschalen und ideologischen Vorstellungen Teil einer Bundesregierung werden, habe die Landwirtschaft schon in fünf Jahren keine Perspektive mehr, prognostizierte Hocker. Er sieht die Politik zudem gefordert, dem Verbraucher klarzumachen, dass der, der immer höhere Standards fordere, dafür  einen angemessenen Preis zahlen müsse.
Blinder Fleck
Die Agrarsprecherin der Linksfraktion, Kirsten Tackmann, erklärte im Hinblick auf die GAP-Reform, während es bei den Themen Klimaschutz und biologische Vielfalt wenigsten ein bisschen Hoffnung auf Fortschritte gebe, drohe die soziale Krise in der Landwirtschaft und den ländlichen Räumen ein blinder Fleck zu bleiben. Das wäre fatal  für die ortsansässigen Agrarbetriebe. Diese würden als Verbündete für eine neue und  nachhaltige Landwirtschaft gebraucht.