Land und Leute | 05. Juni 2014

Schwanger – und selbst fast noch ein Kind

Von Silke Bromm-Krieger
Wenn ein junges Mädchen ungewollt schwanger wird, gehen ihm viele Ängste und Fragen durch den Kopf: Möchte ich das Baby bekommen? Kann ich weiter zur Schule gehen? Wovon soll ich leben? Bei pro familia erhalten betroffene Mädchen und ihre Familien Unterstützung und Beratung.
Eltern auf Probe: Beratungsstellen machen es möglich, mit Computerbabys auszuprobieren, was es heißt, ein Baby zu haben. Dies hier war ein Kurs für jugendliche Paare in einem Berufsbildungswerk.
Anja Löhnert ist in einer pro-familia-Beratungsstelle in der Schwangerenberatung und der Schwangerschaftskonfliktberatung tätig. Bei ihr kommt es häufiger vor, dass schwangere Mädchen in die Beratung kommen, die noch minderjährig sind. „Wenn ein Mädchen feststellt, dass es schwanger ist, ist der Schreck meist groß. Eine Schwangerschaft wirbelt alles durcheinander und verändert die Zukunft. Wichtig ist es deshalb, sich so schnell wie möglich Unterstützung zu suchen. Wir von pro familia haben Erfahrung im Umgang mit solchen Situationen und bieten den betroffenen Mädchen unsere Hilfe an. Sie können sich jederzeit einen Beratungstermin holen”, informiert die Diplomsozialpädagogin.
Aufklärung über staatliche Hilfen
Für ein schwangeres Mädchen gehe es zunächst darum, zu entscheiden, ob es das Kind bekommen möchte. Anja Löhnert will den Mädchen dafür eine Entscheidungshilfe an die Hand geben und klärt genau darüber auf, welche Hilfen es von staatlicher Seite für junge Mütter gibt. Und das sind eine ganze Menge. So können Mädchen beispielsweise vorübergehend in eine betreute Mutter-Kind-Einrichtung ziehen. Auch eine Ausbildung in Teilzeit ist möglich (siehe Beitrag S. 30). Finanzielle Leistungen, wie Arbeitslosengeld II, stellen für schwangere Mädchen und junge Mütter den Lebensunterhalt sicher. Wenn sie das Kind austragen, aber nicht behalten wollen, haben sie die Möglichkeit, es zur Adoption freizugeben.
Ebenfalls informiert die Sozialpädagogin darüber, welche Schritte zu gehen sind und welche Anlaufstellen es gibt, wenn über einen Schwangerschaftsabbruch nachgedacht wird. Nach dem Beratungsgespräch bekommt das Mädchen von ihr eine Beratungsbescheinigung. Diese benötigt es zur Vorlage bei einem Arzt oder einer Klinik, falls es sich für einen Abbruch entscheidet. Dieser ist bis zum Ende der 12. Schwangerschaftswoche im Rahmen der Beratungsregelung vom Gesetzgeber her möglich. Löhnert betont, dass sie stets ergebnisoffen berät: „Allein das Mädchen entscheidet, ob es das Kind bekommen möchte. Auch wenn es minderjährig ist, haben weder Eltern noch Freund ein Mitspracherecht.”
Wenn das Mädchen sich für einen Abbruch entscheidet, gibt es verschiedene Methoden. „Bis zum Ende der neunten Schwangerschaftswoche kann es spezielle Medikamente einnehmen. In einem späteren Stadium wird ambulant ein operativer Eingriff unter Vollnarkose gemacht. Nach diesem Eingriff kann ein Mädchen wieder schwanger werden. Die OP macht nicht unfruchtbar”, erläutert Löhnert.
Manchmal wenden sich auch Mädchen an pro familia, die vor Kurzem mit einem Jungen geschlafen haben, ohne zu verhüten. Bei Verhütungspannen ist es immer noch möglich, ein Notfallmedikament, die sogenannte „Pille danach”, einzunehmen (siehe BBZ 9/14, Seite 34).    
Ungeschützten Sex vermeiden
Anja Löhnert von pro familia berät junge Mädchen, die schwanger sind.
Es sei eindeutig das Beste, Mädchen und Jungen sorgten dafür, dass es gar nicht erst so weit kommt. Die Diplomsozialpädagogin weiß aus ihrer langjährigen Erfahrung, dass Jugendliche vernünftig sind und gut verhüten wollen. Doch die Vorstellung, beim ersten Kuscheln und Küssen schon über die Verhütung zu sprechen, ist bei vielen angstbesetzt. Sie fragen sich insgeheim, wann der richtige Zeitpunkt dafür ist. Kann ich das Mädchen fragen, ob sie die Pille nimmt? Kann ich den Jungen fragen, ob er ein Kondom dabei hat? „Das ist schon ziemlich heikel. Aber in einer Beziehung, in der sich beide Partner auf Augenhöhe begegnen, ist es gut, sich zu trauen, dieses Thema rechtzeitig anzusprechen, bevor es zum ungeschützten Sex kommt”, betont Löhnert. Die Fachfrau macht darauf aufmerksam, dass pro familia Jugendlichen Unterstützung in allen Lebenslagen anbietet. In allen örtlichen Beratungsstellen gibt es Infos und Beratung bei Problemen und Fragen rund um Liebe, Freundschaft, Sexualität und Verhütung.

Hier gibt’s Tipps und Beratung
Neben den pro-familia-Beratungsstellen bieten auch andere nichtkonfessionelle, kirchliche und staatliche Beratungsstellen Unterstützung bei Teenagerschwangerschaften an. Kontaktadressen gibt es  unter www.familienplanung.de oder www.schwanger-unter-20.de.

Nützliche Internet-Links:
  • Infos über das erste Mal, Verhütung, Schwangerschaft, Liebeskummer, Pubertät und mehr zum Download unter www.profamilia.de.
  • Tipps und Broschüren zum Thema Erwachsenwerden und Sexualität gibt es bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unter www.bzga.de.