Tierhaltung | 15. September 2016

Schwarzwälder begeistern beim Rossfest

Von Wolfgang Scheu
Das Rossfest in Sankt Märgen lockte am vergangenen Wochenende so viele Besucher wie (fast) nie zuvor in den geschichtsträchtigen Ort der Pferdezucht.
Vier Vierspänner und vier Zweispänner zeigten atemberaubende Fahrleistungen bei der Show am Samstagnachmittag.
Das Schwarzwälder Kaltblut – die älteste Kaltblutrasse in Baden-Württemberg – gilt nicht nur zu Recht als lebendiges Kulturgut, die wunderschönen Pferde  sind auch Wahrzeichen des Schwarzwalds. Seit 1949 wird in Sankt Märgen der „Tag des Schwarzwälder Pferdes” gefeiert. Neben der allgemeinen Festfreude mit Musik und Schauprogramm ist es heute wie damals für Fachleute ein Ort, wo man sich vergleicht und über den Stand der Schwarzwälder Pferdezucht informiert. Eigentlich müsste es längst „Tage des Schwarzwälder Pferdes” heißen, denn das Programm geht von Freitag bis Sonntag. Vor dem großen Festumzug am Sonntagnachmittag stehen der Zukunftspreis der Zweijährigen, die Staatsprämierung und die Bezirksschau.
Ob die magische Grenze von 30 000 Zuschauern nun erreicht wurde, das kann nur geschätzt werden. Sicher ist aber, dass die gute Stimmung  wesentlich den Bürgern und Vereinen von Sankt Märgen zu verdanken ist. Unermüdlich arbeiten sie alle mit am Erfolg des Festes. Der Ort ist geschmückt, die vielen Aufgaben sind verteilt und bestens organisiert. Zusammen mit dem Pferdezuchtverband Baden-Württemberg  und dem Schwarzwälder Pferdezuchtverband nimmt sich auch die Gemeinde St. Märgen als Veranstalter in die Pflicht. Von den Senioren, die frühmorgens mit Putzeimern und Mopp bewaffnet die Halle putzen, über die Landfrauen, die Kaffee und Kuchen beisteuern, bis zu den freiwilligen Ordnern der Feuerwehr – St. Märgens Bürger zeigten einmal mehr, dass sie Feste feiern können.
Zukunftspreis der Zweijährigen
Soegerstute der Zweijährigen: Kaja von Rubin, Klaus Duffner, Haslach
Der erste Auftritt der Zweijährigen nach der Fohlenschau ist auch eine Vorbereitung auf künftige Einsätze vor großem Publikum, die 22 Anwärter auf den Zukunftspreis haben dies allesamt perfekt gemeistert.  Die Siegerstute der Zweijährigen stellte Klaus Duffner aus Haslach mit Kaja von Rubin. Die schön modellierte und gut entwickelte Stute gefiel durch ihren Charme sowie ihr ausgeglichenes Interieur. Sie bewegte sich mit gelassenem Schritt und leichfüßigem Trab. Glückwunsch zu Schärpe, FN-Silbermedaille und Ehrenpreis. Erste Reservesiegerin wurde Jelisha Doreen von Dachs aus der StPr./LSt. Ledina Viole von Vogt von Mansuet Rißler aus Biederbach. Sie beeindruckte durch Eleganz und guten Ausdruck sowie Takt und Fleiß in den Bewegungen. Die von Werner Blattert aus Bonndorf vorgestellte Avida von Revisor beeindruckte durch ihre herrliche Rappfarbe, ihre schön geformte Vorhand und den schwungvollen Trab und wurde als zweite Reservesiegerin ausgezeichnet.
Rossfest-Siegerstute Ilona von Federsee/Widukind, Susanne Haessler, Schömberg
Die Rossfest-Siegerstute ist sieben Jahre alt und heißt Ilona von Federsee/Widukind aus der Zucht von Susanne Haessler, Schömberg. Die Freude der Besitzerin Katrin Mäder aus St. Märgen war groß, als sie unter großem Applaus den Ehrenpreis der Gemeinde St. Märgen und die Goldmedaille der Deutschen Reiterlichen Vereinigung entgegennehmen durfte.
Mit der Ramona von Modus von Nikolaus und Markus Becherer aus Elzach-Prechtal kommt die Reservesiegerstute auch dieses Mal vom Zuchtverein Mittlerer Schwarzwald. Staatssekretärin Gurr-Hirsch überreichte den Ehrenpreis ihres Ministeriums. Wilhelm Kuri aus Waldkirch stellte mit der Staatsprämienstute Emely von Feldsee und ihren Nachkommen die Siegerfamilie. Den Ehrenpreis gab es von der Staatsbrauerei Rothaus. Verbandsvizepräsident Eckerlin zeichnete den Züchter für die im besten Schwarzwälder Typ stehende und in herrlicher Dunkelfuchsjacke und hellem Langhaar vorgestellte Stutenfamilie mit der Goldmedaille der Deutschen Reiterlichen Vereinigung aus.
In der Altersklasse der dreijährigen Stuten stellte Werner Blattert aus Bonndorf mit der hervorragend entwickelten und gut bemuskelten Rhea von Lasse aus der StPr./LSt. Ria von Federweißer die Siegerin. Ausdrucksstark und ganggewaltig in Schritt und Trab, gefiel besonders ihr ausgeglichenes Interieur.
Staatsprämierung
Wilhelm Kuri aus Waldkirch stellte mit der Staatsprämienstute Emely von Feldsee und ihren Nachkommen die Siegerfamilie. Den Ehrenpreis gab es von der Staatsbrauerei Rothaus.
Die Zuchtgemeinschaft Schmidt/ Schröder aus Offenburg sicherte sich mit der Feinen Lioba von Lamri aus der StPr./LSt. Feine Rosalie von Riemer den zweiten Platz. Ausdruck und Adel, ein sicherer Schritt und der angenehme Charakter waren auffallend. Beide Stuten wurden mit der Staatsprämie ausgezeichnet.
Bei den vier- bis jünfjährigen Stuten siegte die StPr./LSt. Emilia Roselin von Ravelsberg/Meran im Besitz von Egon Fischer und Friedelinde Schmid-Fischer, Bad Wurzach. Typvoll und harmonisch und gut aufgerichtet im Trab zeigte sie sich auf dem Dreieck, perfekt eingemustert von Jungzüchterin Corina Schütz. Zweitbeste in dieser Klasse war die StPr./LSt. Fürst’s Franzi von Falkenstein von Hartmut Fürst, Aalen. Sie gefiel durch ihr Kaliber und fleißige Bewegungen.
Die Klasse der 6- bis 9-jährigen Stuten bot mit 33 Stuten eine starke Konkurrenz. Siegerin dieser Klasse wurde die Rossfest- Siegerin Ilona von Federsee/Widukind. Die auffällige langlinige Stute beeindruckte vor allem durch ihren schönen Rassetyp und den sehr guten schwungvollen Trab. Auf den zweiten Platz setzten die Richter die ebenfalls siebenjährige StPr./ LSt. Fox–Lady von Federsee aus der StPr./LSt. Flamme von Montan aus der Zucht von Heinrich Neumeier, Hofstetten. Mit viel Charme und ausgeglichenen Grundgangarten beeindruckte die Reservesiegerin der Bundeskaltblutschau 2013 nicht nur die Richter.
Bei den zehnjährigen und älteren Stuten sicherte sich die von Bernhard Wanke aus Baiersbronn gezüchtete zehnjährige StPr./LSt. Romina von Moritz aus der StPr./LSt. Rena von Retter den Klassensieg. Die typ- und gangstarke, im großen Rahmen stehende Stute gefällt zudem mit herrlicher Farbe. Als Klassenreservesiegerin ging die von Albert Walter, Breitnau, gezüchtete StPr./LSt. Iska von Riemer hervor. Mit ihrem schönen Ausdruck gefiel sie durch sicheren Schritt und räumenden Trab.
Bezirksschau
Höhepunkt des Rossfestes: Der große Umzug am Sonntag.
In der Bezirksschau nahmen 23 Stuten den Wettbewerb auf, sechs Stuten rangen um den Klassensieg. Diesen sicherte sich die achtjährige StPr./LSt. Ramona von Modus von Nikolaus und Markus Becherer aus Elzach. Mit Kraft und Kaliber und ausgeglichen in Schritt und Trab untermauerte sie ihre eine Woche zuvor mit 8,12 abgelegte Leistungsprüfung. Auf den Reservesiegerplatz rangierten die Richter die 16-jährige LSt. Aida von Donnergroll. Sie wurde von Albert Feser aus Hinterzarten aus der StPrSt. Almi von Merkur gezüchtet und von Sohn Manfred ausgestellt. Beeindruckend waren Rassetyp, das schöne Gebäude und der gelassen vorgetragene Schritt.
Vier Stutenfamilien präsentierten sich und wetteiferten um Sieg und Ehre. Wilhelm Kuri aus Waldkirch sicherte sich die Spitze mit seiner Familie der StPrSt. Emely von Feldsee. Sie verkörperte hervorragend Rassetyp, Einheitlichkeit in Farbe, Langhaar, Körper und den Bewegungen. Der Reservesieg ging an die von Hartmut Fürst aus Aalen vorgestellte Familie der StPr./LSt. Fürst’s Momo von Modus mit ihren Nachkommen. Die Familie der Leda von Mergel von Albert und Bernhard Rombach aus  Stegen und der LSt. Helena von Donnergroll von Roland Bäuerle aus Neuler wurden ebenfalls mit einem ersten Verbandspreis ausgezeichnet und erhielten Ehrenpreise.
Kaltblutparade
Roland Bäuerle und Sonja Beiswenger lieferten einen großartigen Auftritt mit ihren Schwarzwäldern.
Lange Wochen haben sie dafür geübt, der Aufwand hat sich gelohnt und der Applaus von den vielen Zuschauern, die in mehreren Reihen den Reitplatz umstanden, war gigantisch. „Ziehen, Reiten und Springen” – der Reit- und Fahrverein St. Märgen unter Leitung von Antje Rießle machte den Anfang. Sie zogen mit ihren Pferden Baustämme in den Ring. Danach sprangen Reiterinnen darüber. Die Jungzüchter Baden-Württemberg zeigten eine zwölfminütige Quadrille. Es gab einen feurigen Flamenco von Camilla Maria de Forteventures und den Los Esquadrillos, Christine Rombach mit der sieben Jahre alten Stute Luna und Franzi Zipfel mit der 20-jährigen Alina zeigten zwei Zirkuslektionen: hinlegen und auf ein Podest steigen. Der Pferdezuchtverein Mittlerer Schwarzwald ritt in traditioneller Tracht den Bändertanz, ein Hänger wurde auf den Platz gefahren, die Klappe wurde geöffnet und Roland Bäuerle ritt mit seinen Stuten aus dem Fahrzeug zum „Pas de Deux” mit Sonja Beiswenger und ihren Tieren – die Überraschung war groß, der Auftritt perfekt. Die Schwarzwälder Pferdezuchtgenossenschaft unter Leitung von Claudia Becherer führte die „Große Reitquadrille” vor, ein Schaubild mit 24 Schwarzwälder Füchsen. Ruhe herrschte am Ring bei der Vorführung der Voltigiergruppe, der Applaus wurde aufgespart bis zum Ende der hochkonzentrierten Darbietungen. Jula-Lynn Rießle war dabei mit dreieinhalb Jahren die jüngste Akteurin.
An die Zeiten, als auch Hunde noch Lasten zogen, erinnerte die Vorführung mit Hundegespannen um Maria Hug vom Bankenhof in Stegen mit ihren Berner Sennhunden. Den krönenden Abschluss bildete die große Fahrquadrille der Schwarzwälder Pferdezuchtgenossenschaft. Vier Vierspänner und vier Zweispänner zeigten atemberaubende Fahrleistungen. Es war eine Show, die in dieser Form auf Tournee gehen könnte – der passende Name: „St. Märgener Kaltblutparade”.
Alles lief wie am Schnürchen, die Akteure und die Organisatoren dürfen stolz sein. Nach Prämierung, Gottesdienst und Pferdesegnung folgte der traditionelle Festumzug mit Zieleinfahrt auf der Festwiese. Die geschätzt zwischen 20 000 und 30 000 Zuschauer wurden für die Strapazen bei der Anfahrt mit vielen Staus und langem Fußmarsch gebührend entlohnt. Man fühlte sich zurückversetzt in eine Zeit, als man die Arbeit noch mit dem Pferd verrichtete.   
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Rossfest 9.-11. September 2016