Prognosfruit: Kernobsterzeuger in banger Erwartung
Nahezu alle Produktionsgebiete der EU meldeten gute Ernten, insbesondere aber die beiden produktionsstärksten Länder Polen und Italien bringen neue Spitzenernten (siehe Tabelle). Aber auch Deutschland, Österreich und Benelux sind nach zwei schwächeren Vorjahren zurück.
Ab Mai sanken die Preise vor dem Hintergrund auflaufender Lagerbestände. Diese Lagerbestände können wohl bis zur neuen Ernte nicht abgebaut werden und gehen bereits teilweise in die Verwertung. Sie belasten den Saisonausgang und drücken übermäßig auf die Stimmung.
Mit steigender Eigenversorgung geht der Import von Großbritannien und Deutschland tendenziell zurück, auch Russland hat mit nur noch 500 000 t 2013 gut 200 000 t weniger als 2012 aus der EU importiert. Italien und Frankreich orientierten sich zunehmend in die Märkte Nordafrika und Mittlerer Osten. Die früh einsetzende Versorgung mit Sommerfrüchten ließ den Konsum weiter sinken. Mit der Krise in der Ukraine sowie den Unruhen in Nordafrika kamen weitere Störfaktoren hinzu. Der Verarbeitungssektor zeigte sich bei rückläufigen Preisen für Konzentrat nur zu sehr niedrigen Preisen aufnahmebereit.
Insgesamt sprach Schwartau jedoch von einer guten Saison für die meisten Marktteilnehmer: Wer kontinuierlich verkaufen konnte, hatte gute Umsätze. Wer spekulativ auf hohe Preise zu Saisonende setzte oder schlechtere Ware anbot, musste Abstriche hinnehmen.
Mit der anstehenden Rekordernte, nicht geräumten Lagern sowie guter Ernte in den Hausgärten stehen die Vermarkter vor einer Herausforderung. Während der Konferenz kam
zudem die Nachricht vom russischen Importstopp, die zunächst die Regionen beunruhigte, die auch reichlich Sommerfrucht nach Russland exportieren.
Besonders schwierig dürfte es dieses Jahr für die polnischen Erzeuger werden. In Polen wurde in den letzten Jahren die Produktion modernisiert und deutlich ausgedehnt. Hierbei hat man auf ertragreiche und einfach zu lagernde Sorten wie Idared (2014: 750 Tsd. t), Shampion (460 Tsd. t), Golden Delicious (340 Tsd. t), Jonagold (310 Tsd. t) sowie Gala gesetzt.
Mit Blick auf die übrigen Sorten in der EU bringen Gala mit 1,3 Mio. t, Jonagold/Jonagored mit 1 Mio. t sowie Idared mit
1,1 Mio. t absolute Rekordmengen. Weniger stark sind die Zuwächse bei Braeburn und Fuji. Elstar wird mit 426 000 t nur 80 000 t mehr ernten. Clubsorten legen weiter zu, führend sind Pink Lady mit 220 000 t und Kanzi mit 56 000 t. Verkauft werden Clubsorten vor allem in Deutschland, England und den Niederlanden. Trotz starker Zuwachsraten konnten diese Sorten ihr höheres Preisniveau im LEH bislang halten.
In Deutschland werden die Erntemengen mit über 1 Mio. t nahe an den Ernten 2007 bis 2009 liegen. In allen deutschen Anbaugebieten hat die Witterung eine gute Ertrags- und Qualitätsentwicklung gebracht. Für den Bodensee werden knapp 300 000 t geschätzt, je nach Witterungsverlauf könnte die bisherige Rekordmarke von 2011 noch erreicht werden. Dies hat bei den Erzeugerorganisationen Überlegungen zur Steuerung der Lagerbeschickung ausgelöst. Im Gegensatz zu 2011 stehen weniger Ausweichmöglichkeiten in anderen Regionen offen. Eine qualitätsorientierte Einlagerung und konsequente Zuführung von Randgrößen sowie nicht mehr gängiger Sorten in die Verwertung dürfte trotz schwacher Verwertungspreise eine zwar unbefriedigende, aber die kostengünstigste Option sein.
Auch im Verwertungsbereich sind die Vorzeichen wenig ermutigend. Die Saison ging mit schlechten Preisen für Mostobst zu Ende. An den internationalen Märkten für Apfelsaftkonzentrat liegen die Preise aktuell auf dem niedrigen Niveau von 2009 mit 0,7 Euro/kg. Die Mostereien haben sich anscheinend in den letzten Wochen aus den EU-weiten Lagerräumaktionen gut versorgt. In Deutschland werden nach 300 000 t Ernte Verarbeitungsobst 2013 für 2014 rund 750 000 t erwartet. Auch in Baden-Württemberg tragen die Streuobstbestände reichlich Früchte. Fraglich wird sein, inwieweit diese Mengen überhaupt in den Markt finden. Bei den von Schwartau geschätzten Preisen zwischen 4 und 8 Euro/dt wird wohl einiges an Obst liegen bleiben.
Hoffnung besteht für den Jahresbeginn 2015, wenn die nicht verwendbare oder teilweise nicht geerntete Produktion vom Markt ist und gute Ware aus dem Lager verkauft werden kann. Die süddeutschen Erzeuger müssen mit ihren Argumenten „Regionalität” und „logistische Leistungsfähigkeit und Service” punkten. Dem seit mehreren Jahren rückläufigen Konsum sollte entgegengewirkt werden. Das EU-Schulfruchtprogramm ist hier sicher ein langfristiger Ansatz und verdient Unterstützung. Eine Weitergabe günstiger Einkaufspreise an den Konsumenten könnte eine Verbrauchssteigerung auslösen.
Für die weitere Zukunft müssen sich die Erzeugerorganisationen überlegen, wie solche Ernten mit Exporten außerhalb der EU bewältigt werden können. Der Export der Europäer in den Mittleren Osten und den asiatischen Raum ist noch sehr gering. Die Nachfrage und Wertschätzung europäischer Produkte ist dort grundsätzlich gegeben. Ein gemeinsames Exportkontor einiger Anbaugebiete könnte ein Ansatzpunkt sein, wo Einzelaktivitäten wegen hoher Kosten noch ausbleiben.