Betrieb und Wirtschaft | 12. März 2020

Preisrunde unter besonderen Rahmenbedingungen

Die angelaufenen Preisverhandlungen für die Weiße Linie werden durch Corona-Auswirkungen und Kritik am Gebaren von Aldi bestimmt.
Eigentlich präsentierte sich der Milchmarkt im bisherigen Jahresverlauf ziemlich stabil. Lediglich Butter stand preislich unter Druck, weil ein gewisser Fettüberhang durch die wieder stärkere Magermilchpulverproduktion bestand. Nun bedrohen aber die Auswirkungen der Corona-Krise Hoffnungen der Molkereien auf Preiserhöhungen.
Die Preisverhandlungen für die ab Mai geltenden Preise für die Weiße Linie laufen seit kurzem und beim traditionellen Frühverhandler Aldi gibt es Veränderungen.
Eine Meldung der Lebensmittel Zeitung vom Freitag vergangener Woche sorgte für Aufregung: Danach kauft Aldi nun zentral für ganz Europa ein und die Einkäufer sitzen in Österreich und sprechen ausschließlich Englisch. Sie wollten schon Mitte März die Verhandlungen abschließen. Außerdem argumentiere das Unternehmen indirekt mit dem durch Corona geschwächten Weltmarkt für Preissenkungen.
Erzeuger sind empört
Die Reaktionen von Erzeugerseite ließen nicht auf sich warten, zumal schon eine weitere herbe Preissenkung zum Monatswechsel Februar/März um 26 Cent für das Kilogramm abgepackte Butter hinzunehmen war: Wenn die Berichterstattung über Aldi zutreffe, dann sei das ein Paradebeispiel für den Missbrauch von Nachfragemacht und ein Fall für das Kartellamt, kritisierte der Milchpräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Karsten Schmal.
Die Basis reagierte am Wochenende mit Schlepper-Demonstrationen vor Aldi-Auslieferungslagern in mehreren Bundesländern. Auch in Donaueschingen fuhren Traktoren auf. Aldi solle sich der Verantwortung für die Erzeuger bewusst werden.
Die laufende Preisrunde für die Weiße Linie wird für alle Beteiligten eine besondere Herausforderung.

Aldi reagierte auf die Proteste mit einer Erklärung, außerdem gab es Gespräche zwischen Aldi Nord und Land schafft Verbindung. Man sei an einer partnerschaftlichen und vernünftigen Einigung mit den Lieferanten interessiert. Aggressive Stimmungsmache sei inakzeptabel. 
Man habe die Verhandlungen nicht aus taktischen, sondern aus internen organisatorischen Gründen vorgezogen. Außerdem gebe es keinen Zusammenhang zwischen Corona und der Verhandlungsstrategie, wie es der Artikel in der Lebensmittel Zeitung nahelege.
Unsicherheiten durch die Corona-Krise
Der Discounter kündigte als Zeichen der Deeskalation an, den Verhandlungsprozess zu verlängern. Dem Vernehmen nach sollen die Verhandlungen nun am 23. März abgeschlossen werden, eine gute Woche später als ursprünglich geplant. Dann treten üblicherweise die Aldi-Konkurrenten an und versuchen, bei den Molkereien weitere Preissenkungen zu erreichen.
Aktuell verzeichnet der Lebensmittelhandel wegen der Corona-Krise erhöhte Umsätze bei Butter und insbesondere bei H-Milch. Gleichzeitig lahmt das Exportgeschäft, insbesondere nach Asien. Die Corona-Krise trägt außerdem erhöhte Unsicherheit in den Markt hinein. Die Verhandlungsrunde dürfte für alle Beteiligten ungewöhnlich herausfordernd werden.