Tierhaltung | 05. Juni 2014

Platzbedarf nicht nach Schema F berechnen

Von Frank Schneider, Dr. Christina Jais, Eva-Maria Brunlehner, LfL Grub
Immer wieder klagen Sauenhalter, dass schon bald nach dem Stallbau die Abferkel- und Ferkelaufzuchtplätze knapp werden. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Grub hat daher die bisherigen Empfehlungen zur Raumplanung hinterfragt und neue Empfehlungen entwickelt.
In der Zuchtsauenhaltung wird die Gruppenabferkelung mit festen Abferkelrhythmen seit etwa  25 Jahren erfolgreich praktiziert. Sie ist Voraussetzung für die Belegung der Stallabteile im Rein-Raus-Verfahren und für ein effizientes und erfolgreiches  Herdenmanagement.
Die bisherigen Empfehlungen zur Berechnung der erforderlichen   Stallplätze und Abteilgrößen (siehe Kasten) basierten auf    rein theoretischen Kalkulationen.  Im Rahmen eines Projektes der  LfL in Grub  wurde nun geprüft, inwieweit diese  Empfehlungen  von  Praxisbetrieben umgesetzt werden und ob hier ein  Anpassungsbedarf besteht. Dazu  wurden zwölf bayerische Ferkelerzeuger mit Herden von 250 bis 600 produktiven Zuchtsauen genauer untersucht. Im Fokus standen vor allem der Ablauf der Stallplatz- und Abteilbelegung der einzelnen Betriebe und die Anzahl der jeweils zeitgleich eingestallten Sauen einer Gruppe sowie der  zeitgleich abgesetzten Ferkel.

Die bisherigen Planungsempfehlungen
Feste Abferkelrhythmen setzen voraus, dass  die Sauen  einer Herde  in Gruppen eingeteilt werden,  wobei die Tiere einer Gruppe die  Produktionsphasen Abferkeln, Besamen und Trächtigkeit zeitgleich durchlaufen.  Beim häufig angewendeten 3-Wochen-Rhythmus gibt es zum Beispiel sieben Sauengruppen, die im Abstand von drei Wochen die  genannten Produktionsphasen durchlaufen. Bei einer Säugezeit von vier Wochen können bis zu zwei Gruppen zeitgleich im Abferkelbereich stehen und zwei Gruppen gleichzeitig im Deckzentrum, vorausgesetzt, dass die Umstallung in den Wartebereich zum Ende der vierten Trächtigkeitswoche erfolgt. Im Wartestall wird dann noch Platz für vier Gruppen benötigt. Somit steht Platz für  acht Sauengruppen zur Verfügung, der sich aus den sieben real vorhandenen Gruppen und Platz für eine Gruppe zum „Umstallen” zusammensetzt. Bei einem Verkaufsalter der Ferkel von zehn bis zwölf Wochen muss in der Aufzucht Platz für die Ferkel von drei Absetzgruppen sein.
Im Deckzentrum wurden bislang   20 % Reserveplätze für umrauschende Tiere empfohlen, im Abferkelbereich 10 % Reserveplätze.
Die Untersuchung ergab,  dass die Planungsempfehlungen bei den Baumaßnahmen umgesetzt wurden, jedoch  Defizite zeigten. Dies betrifft vor allem die Abferkel- und Ferkelaufzuchtplätze, die oft schon  bald nach  kurzer Nutzungsdauer zu knapp waren. Dies lässt darauf schließen, dass in den  Planungsempfehlungen die Platzangebote in den verschiedenen Produktionsbereichen nicht richtig aufeinander abgestimmt wurden.
Engpass Abferkelbereich
Im Deckzentrum wurden in der Stallplanung bisher 20 Prozent der Plätze als Reserve eingerechnet. Häufig war dies zu großzügig bemessen.
Das Vorhalten von 20 % Reserveplätzen für umrauschende Sauen ist zu großzügig kalkuliert. Da die Umrauscherquoten in der Praxis niedriger liegen, führt das große Angebot an Deckplätzen oft dazu, dass  mehr Sauen besamt und trächtig werden, als Abferkelplätze in den Hauptabteilen vorhanden sind. Grund hierfür ist, dass viele Betriebsleiter die Anzahl der zu besamenden Sauen mehr an den Kapazitäten des Deckbereichs als an den Kapazitäten des Abferkelbereichs orientieren. In den meisten Betrieben wird auf diese Weise das Reserveabteil, das eigentlich für außerturnusmäßig ferkelnde Sauen und für länger gesäugte Würfe vorgesehen ist, mit planmäßig ferkelnden Sauen belegt. Eine wirkliche Reserve steht somit nicht mehr zur Verfügung.
Da zudem die Anzahl der zeitgleich abferkelnden Sauen von Termin zu Termin erheblich schwankt (siehe Abb. 1), müssen nicht selten Würfe und Sauen früher als geplant aus dem Abferkelbereich ausgestallt werden. Sollen Reserveplätze im Abferkelbereich tatsächlich als solche zur Verfügung stehen, muss die Zahl der Deckplätze im Vergleich zum Abferkelbereich stärker als bisher üblich begrenzt werden.
Die berechneten Ferkelaufzuchtplätze beinhalteten selten die steigende Anzahl an abgesetzten Ferkeln.
In der Ferkelaufzucht wurde die stetige Steigerung an abgesetzten Ferkeln je Sau und Wurf selten ausreichend mit in die Raumplanungen einbezogen. Hier sind deutlich mehr Reserven erforderlich, auch um die schwankende Anzahl an zeitgleich abgesetzten Ferkeln aufzufangen (Abb. 2).
Welche Änderungen für die Raumplanung  empfohlen werden, soll hier erläutert werden  an einem Beispielbetrieb mit etwa  310 Sauen im  3-Wochen-Abferkelrhythmus (7 Sauengruppen zu je etwa   44,4 Tieren). Dabei  wird die bisherige Planung mit den neuen Empfehlungen aus dem LfL-Projekt verglichen.
Deckbereich: Statt 20 % Reserve bezogen auf zwei Sauengruppen werden nun nur noch 15 % Reserveplätze bezogen auf eine Gruppe empfohlen. Der Beispielbetrieb benötigt dann  nur noch  96 Deckplätze (= 2 × 44,4 + 15 % von 44,4) statt   107 Deckplätzen (= 2 × 44,4 + 20 % von 88,8).
Wartebereich: Der gleiche Betrieb  benötigt  178 Warteplätze in Gruppenbuchten (= 4 × 44,4). Zusätzlich sollten vier Plätze
 (= 2 %)  in Einzelbuchten vorgehalten werden, um zum Beispiel unverträgliche oder kranke Sauen aufnehmen zu können.  Diese Reserve wurde  früher  nicht empfohlen.
Abferkelbereich: Die neue Empfehlung für den Abferkelbereich ist in der Abbildung 1 dargestellt. Sie beruht auf  tatsächlich realisierten Daten
 eines Betriebes. Gemäß der bisherigen Planungsempfehlung sind bei 44,4 Sauen je Gruppe zwei Hauptabteile mit je 45 Plätzen und ein Reserveabteil mit acht bis neun Plätzen (=10 % von 88,8) gebaut worden. Die Abbildung zeigt aber, dass die Anzahl der zu den einzelnen Terminen ferkelnden Sauen mit 36 bis 51 Tieren  erheblich um den rechnerischen Mittelwert von 44,4 schwankt. Bei nur 44–45 Plätzen in den Hauptabteilen müsste der Landwirt bei nahezu der Hälfte der Abferkelungen Sauen in das Reserveabteil umstallen. Das hat Nachteile für die  Rein-Raus-Belegung sowie  die  Hygiene und erhöht die   Arbeitsbelastung. Daher sehen die neuen Empfehlungen vor, von den insgesamt 10 % Reserveplätzen etwa die Hälfte in die Hauptabteile zu integrieren und das separate Reserveabteil für nur noch etwa 5 % der Abferkelplätze auszulegen. Damit hätten die beiden  Hauptabteile  je  47 Plätze
(= 44,4 + 5 % von 44,4) und das Reserveabteil  4–5 Plätze (= 5 % von 88,8).
Ferkelaufzucht:  Bei sehr vielen Ferkelerzeugern  sind bereits wenige Jahre nach einer Baumaßnahme die Stallplatzkapazitäten in der Ferkelaufzucht zu knapp. Hauptgrund hierfür ist die kontinuierliche Steigerung der abgesetzten Ferkel je Sau und Jahr, deren Ausmaß bei der Stallplanung regelmäßig unterschätzt wurde. Dazu kommt, dass die Zahl an zeitgleich ferkelnden Sauen schwankt und eine schwankende Anzahl an zeitgleich abgesetzten Ferkeln nach sich zieht.  Zu geringe Platzkapazitäten führen in der Praxis oftmals zur Vermischung der Ferkelpartien  und damit zu gesundheitlichen Nachteilen.
Abbildung 2 zeigt die Größe der „Ferkelwellen” für den bereits in Abbildung 1 dargestellten Betrieb. Bei durchschnittlich 44,4 Sauen je Gruppe, mit einer durchschnittlichen Absetzleistung von 11,6 Ferkeln je Wurf, werden im Schnitt etwa 515 Ferkel je Termin abgesetzt. In der Realität müssen zwischen 380 und 605 Ferkel in die Aufzucht eingestallt werden.
Im Vergleich zu den bisherigen Planungen muss ein deutlich größerer Reservezuschlag von mindestens 10 %, besser 20 % erfolgen. Das sind für jede Gruppe abgesetzter Ferkel  mindestens 567 Plätze, besser aber  618 Plätze. Mit letzterer Anzahl wäre die zusätzlich  zu erwartende Leistungssteigerung der Herde für die kommenden drei bis fünf Jahre sicher abgedeckt. Ein sauberes Rein-Raus-Verfahren wäre zu jeder Zeit durchführbar. Der Betrieb müsste also  drei Aufzuchtabteile mit je 618 Plätzen   (= insgesamt   1854 Plätze) bauen.  Ideal wäre zusätzlich  ein weiteres halbes Abteil mit etwa 310 Plätzen für Nachzügler, Kranke usw.


Schlussfolgerung
Im Vergleich zu bisher veröffentlichten Planungsdaten wird empfohlen, die Anzahl der Deckplätze im Verhältnis zum Abferkelbereich zu begrenzen. Dadurch sollen Reserven im Abferkelbereich zur Aufnahme schwankender Sauenzahlen erhalten bleiben. Separate Reserve-Abferkelabteile sollen vornehmlich zur Aufstallung von Ammensauen und kranken Tieren genutzt werden.
In der Ferkelaufzucht ist gegenüber einer Kalkulation mit Durchschnittswerten die tatsächliche betriebsindividuelle Leistung als Grundlage heranzuziehen. Beim Platzbedarf ist ein Zuschlag von  20 % zur Aufnahme schwankender Ferkelzahlen und zur Berücksichtigung der zu erwartenden Leistungssteigerungen an abgesetzten Ferkeln je Sau und Jahr sinnvoll.