Obwohl die Landwirtschaft beim Thema Nährstoffeintrag regelmäßig im Fokus steht, sind Kläranlagen zumindest beim Phosphor als Verursacher deutlich präsenter.
Hessische Ergebnisse, wonach 65 Prozent des gesamtes Phosphoraustrags in Oberflächengewässer aus Kläranlagen stammen, haben bundesweit Reaktionen ausgelöst.
Das geht aus dem „Bewirtschaftungsplan Hessen 2015-2021” des Wiesbadener Landwirtschaftsministeriums hervor, in dem kommunale Kläranlagen für 65 Prozent des gesamten Phosphoraustrags in Oberflächengewässer verantwortlich gemacht werden. Das Ministerium kommt daher zu dem Schluss, dass Maßnahmen zur Phosphorreduzierung vor allem hier ansetzen müssen (siehe auch vorige BBZ-Ausgabe, Seite 7). In Bezug auf die Landwirtschaft empfiehlt das Ministerium insbesondere einen besseren Erosionsschutz, um die Nährstoff- und Schlammverlagerung in Gewässer zu vermindern
„Sehr genau hinsehen”
Für die Unionsfraktion im Bundestag ist die
Ursachenbenennung im hessischen Bewirtschaftungsplan Anlass, eine Lanze
für die Landwirtschaft zu brechen. Nach Einschätzung des
agrarpolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert
Stegemann, zeigen die Ergebnisse, dass man bei den Quellen der
Phorsphoreinträge „sehr genau hinsehen muss”. Es werde deutlich, dass es
am Problem vorbeigehe, wenn man die Landwirtschaft als alleinigen
Verursacher brandmarke. Zudem deute sich hier an, dass das bisherige
Verfahren mit modellierten Werten kritisch hinterfragt werden sollte,
erklärte Stegemann.
Auch die agrarpolitische Sprecherin der CSU-Landesgruppe im Bundestag,
Marlene Mortler, fordert mit Blick auf die Messergebnisse aus Hessen,
genau hinzusehen, bevor man bei der Phosphorbelastung deutscher Flüsse
der Landwirtschaft „den schwarzen Peter” in die Schuhe schiebe.
Passgenaue Maßnahmen zur Gewässerreinheit sind nach ihrer Überzeugung
nur dann möglich, wenn man die Quellen der Phosphoreinträge exakt
zuordnen kann. Mortler weist darauf hin, dass Gewässerschutz eine
Gemeinschaftsaufgabe darstelle. Sie hält deshalb eine bundesweite
Erhebung des Phosphoreintrags aus den verschiedenen Eintragungsquellen
für sinnvoll.
BUND wirft Land einseitige Sichtweise vor
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Baden-Württemberg fordert angesichts der hessischen Messergebnisse die eigene Landesregierung auf, die Phosphorbelastung aus Kläranlagen als drängendes Problem zu erkennen. Andernfalls würden die Ziele des europäischen Wasserschutzes nicht erreicht. „Baden-Württemberg hat viel zu lange die Augen davor verschlossen, dass auch Kläranlagen zu den Hauptverursachern von Phosphor in unseren Seen und Flüssen gehörten”, monierte die Verbandsvorsitzende Brigitte Dahlbender. Sie wirft der schwarz-grünen Regierung vor, einseitig auf die Landwirtschaft als Hauptverursacher zu setzen.
Dabei habe das Land selbst im Bodensee-Einzugsgebiet gezeigt, dass die technische Nachrüstung der Kläranlagen ein effektives und relativ kostengünstiges Mittel sei, um Phosphor in den Gewässern deutlich zu reduzieren.