Politik | 02. Februar 2017

PFC: Staatsanwaltschaft stellt Verfahren gegen Kompostbetrieb ein

Von der BBZ-Redaktion / Walter Eberenz
Die Staatsanwaltschaft Baden-Baden hat das PFC-Verfahren gegen ein Kompostunternehmen eingestellt. Sie sah keine ausreichende Sicherheit für ein strafbares Verhalten. Kommunen und Behörden geben sich enttäuscht, wollen die Verursachersuche aber nach Verwaltungsrecht fortführen.
Kein hinreichender Tatverdacht: Die Staatsanwaltschaft Baden-Baden ermittelt nicht mehr gegen das mittelbadische Kompostunternehmen Vogel wegen der PFC-Kontamination von insgesamt rund 400 Hektar Ackerfläche im Raum Rastatt/Baden-Baden.
Die PFC-Belastung von rund 400 Hektar Ackerfläche im Raum Baden-Baden/Rastatt bleibt strafrechtlich ungeahndet. Am 31. Januar gab die Staatsanwaltschaft Baden-Baden bekannt, dass sie das Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche des Kompostunternehmens Vogel eingestellt hat. Neben nicht hinreichendem Tatverdacht führt die Justizbehörde Verjährung auf. Wörtlich heißt es dazu von der Staatsanwaltschaft: „Die sich in rechtlicher wie tatsächlicher Hinsicht schwierig gestaltenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft führten dazu, dass den beiden Beschuldigten nicht mit einer für eine Verurteilung ausreichenden Sicherheit strafbares Verhalten im Sinn von Vergehen der Bodenverunreinigung gemäß § 324a Strafgesetzbauch beziehungsweise der Gewässerverunreinigung gemäß § 324 Strafgesetzbuch, die jeweils eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorsehen, nachzuweisen ist, weshalb die Staatsanwaltschaft nun das Verfahren eingestellt hat.”
Am Ende schreibt die Staatsanwaltschaft in ihrer Begründung: „Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit der Beschuldigten, die sich durchaus unterscheidet von der verwaltungsrechtlichen Störerhaftung, konnte nach alledem aus objektiven wie subjektiven Gesichtspunkten nicht sicher festgestellt werden.” Die komplette Begründung der Staatsanwaltschaft kann hier nachgelesen werden. In einer gemeinsamen Pressemitteilung verhehlen das Regierungspräsidium Karlsruhe, das Landratsamt Rastatt und die Stadt Baden-Baden nicht ihre Enttäuschung über die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Baden-Baden. Sie äußern sich nach wie vor davon überzeugt, dass die betreffende Firma durch Ausbringen von mit Papierschlämmen verunreinigtem Kompost das PFC-Problem verursacht hat. Gleichzeitig verweisen sie darauf, dass das Verwaltungsrecht unabhängig vom Strafrecht noch Hebel bereithalte.
„Im Verwaltungsrecht ist für die Frage der Verursacherauswahl weder eine Verjährungsproblematik relevant noch ein Vorsatz erforderlich, denn eine Sanierungspflicht verjährt nicht und ist auch nicht verschuldensabhängig. Entscheidend und ausreichend ist vielmehr ein ‚wesentlicher Verursacherbeitrag‘”, heißt es in der Pressemitteilung der genannten Behörden.
Räpple schreibt wegen PFC an Politiker: Auf Polizeirecht verzichten
Wegen der PFC-Problematik in Mittelbaden hat BLHV-Präsident Werner Räpple bereits am 18. Januar gleichlautende Briefe an Umweltminister Franz Untersteller, Landwirtschaftsminister Peter Hauk und den Präsidenten des Landkreistages Baden-Württemberg, Joachim Walter, geschrieben. Zu diesem Zeitpunkt wurde gemutmaßt, aber stand noch nicht fest, dass die Staatsanwaltschaft Baden-Baden das Verfahren gegen den Betreiber einer Kompostfirma einstellt (siehe oben). Das Schreiben Räpples bekommt jetzt zusätzliche Bedeutung, da Kommunen und Behörden  auf das Verwaltungsrecht einschwenken, nachdem die strafrechtliche Seite entfällt.
Im Kern wendet sich Räpple dagegen, Grundeigentümern gegenüber, deren Felder unverschuldet PFC-belastet sind, Polizeirecht anzuwenden. Das hieße nämlich, dass sie bis zur Höhe des Verkehrswertes als „Zustandsstörer” an den Kosten beteiligt werden können (die BBZ berichtete).
Räpple erinnert in dem Schreiben daran, dass in  der Landwirtschaft organische Stoffe traditionell im Rahmen der Kreislaufwirtschaft  und zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit eingesetzt werden. Den Landwirten sei im Fall der PFC-Belastung von Böden absolut kein Vorwurf zu machen. Sie hätten in gutem Glauben vermeintlich guten Kompost eingesetzt und sich dabei an Recht und Ordnung gehalten. Grundeigentümer hätten sich bei der Verpachtung von Flächen nicht veranlasst gesehen, die Verwendung des  Kompostes auszuschließen. Eine entsprechende Ausschlussklausel habe bisher noch keinen Eingang in Musterpachtverträge gefunden.
Es sehe schon seit einiger Zeit ganz danach aus, als ob in Sachen PFC kein einziger Verursacher gefunden und in die Verantwortung genommen werden könnte.
Das Land habe sich mit Einführung des Bodenschutzgesetzes die Möglichkeit eröffnet, in solchen Situationen Polizeirecht anzuwenden und den Grundeigentümer als „Zustandsstörer” bis zur Höhe des Verkehrswertes an den Kosten zu beteiligen. Räpple erinnert daran, dass der BLHV dies grundsätzlich abgelehnt habe. Bürgern sei nur schwer vermittelbar, dass der Staat in solchen Fällen dem Grundeigentümer, den keinerlei Schuld treffe, schmerzhafte Zahlungsbefehle ins Haus schicke. Dies werde als äußerst unfairer Akt empfunden.
Das Einzige, was sich ein Grundeigentümer vorwerfen lassen könnte, sei, bei der Verpachtung seiner Felder den Einsatz jeglichen Kompostes nicht ausgeschlossen zu haben. In der Vergangenheit habe es jedoch keinen  Anlass gegeben, solche Ausschlussklauseln bezüglich Kompost in den gängigen Musterpachtverträgen aufzunehmen.
„Ich würde mir wünschen, dass das Land sich darum bemüht, das immer noch verbreitet hohe Ansehen von vermeintlich gutem Kompost zu erhalten. Hierzu ist es unverzichtbar, dass Landwirte und Eigentümer das Gefühl haben, dass mit ihnen fair umgegangen wird, wenn es einmal Probleme gibt. Das Land muss also im PFC-Fall auf die mögliche Anwendung von Polizeirecht verzichten und Landwirten den entstehenden Vermarktungsschaden zumindest ansatzweise ausgleichen”, betont Werner Räpple in seinem Brief.