Betrieb und Wirtschaft | 09. August 2018

Oberland will Geld zusammenhalten

Von Matthias Borlinghaus, Petra Ast
Mit dem Verkauf der Omira an Lactalis trennten sich 2017 über 2000 Milcherzeuger von ihrem Molkereiunternehmen. Am 1. August trafen sich in Horgenzell die Gesellschafter der Omira Oberland-Milchverwertung GmbH zu ihrer ersten Jahreshauptversammlung nach der Übernahme.
Hauptaufgabe der Omira Oberland-Milchverwertung GmbH (Oberland) ist der Verkauf der Milch an die Lactalis-Gruppe sowie die Bündelung und Verwaltung der Milchbauern. So steht es im Geschäftsbericht, den Geschäftsführer Erich Härle (53) und der Aufsichtsratsvorsitzende Ewald Kostanzer (55) den Gesellschaftern vorstellten. Medien und Öffentlichkeit haben an der Versammlung nicht teilnehmen können, die Verantwortlichen erklärten sich jedoch im Nachgang zum einem Redaktionsgespräch bereit.
„Die Abwicklung läuft planmäßig”, äußern sich Härle und Kostanzer. Bei der Oberland geblieben ist der Milchliefervertrag, die Hoheit über die Lieferanten und die Mitgliederverwaltung. Verkauft wurden der komplette Geschäftsbetrieb mit allen Angestellten und allen Lasten sowie das Werk in Ravensburg mit den Grundstücken. Das Werk in Neuburg soll separat verkauft werden.
Aus den Einnahmen sollen nun die Geschäftsanteile der Bauern bestmöglich zurückbezahlt werden. Entsprechend dieser Vorgabe richteten sich die Blicke auf die Bilanz. „Wir haben versucht, den Verlust zu erklären. Einen Verlust, den der Landwirt nicht spürt, weil es sich um Buchwerte handelt”, so Härle. Die Rede ist von einem Bilanzverlust in Höhe von 27,5 Millionen  Euro, den Kostanzer so auf den Punkt bringt: „Die Omira hatte zuletzt ein Vermögen von rund 55 Mio. Euro in den Büchern stehen. Durch den Verkauf der Anteile konnte jedoch nicht so viel erlöst werden. So ergibt sich ein Verlust von 27 Mio. Euro.” Dabei handelt es sich um einen Buchverlust aus der Veräußerung der Anteile. De facto hat die Oberland aber keinerlei Schulden, keine Pensionsverpflichtungen und keine Altlasten mehr.  
Was noch da ist
Die Eigenkapitalquote hat sich zwar von 45,3 % auf 38,6 %  verringert. Es gibt aber kaum noch Geschäftsrisiken, ebenso wenig wie Instandhaltungs- und Investitionskosten.  Schlussendlich ließ sich in der Bilanz das Anlagevermögen auf null setzen. Geblieben sind Rückstellungen in Höhe von 2,3 Mio. Euro und ein Cash-Guthaben von rund 15 Mio. Euro.
10 Mio. Euro des Kaufpreises liegen bis Dezember auf einem Treuhandkonto und gehen nach Abgeltung etwaiger Gewährleistungsansprüche ebenfalls an Oberland. Für Härle und Kostanzer steht fest: „Wir müssen unbedingt liquide bleiben.” Jeden Monat fließen 27 Mio. Euro Milchgeld über die Konten der Oberland, allein dafür müssten 1,0 bis 2,0 Mio. Euro für die Steuerabgaben an liquiden Mitteln vorgehalten werden.
Außerdem fallen Kosten für das Erstellen der Bilanzen sowie Prüfungskosten an. Beim Zusammenlegen der 70 Liefergruppen gilt, dass jede Übertragung vor dem Notar Geld kostet. Solange noch 22 Mio. Euro Geschäftsguthaben im Unternehmen stecken, müssen sich die Erzeuger in Geduld üben. Am 26. September 2017 wurde die Kapitalherabsetzung im Bundesanzeiger veröffentlicht. Es gilt eine Sperrfrist von einem Jahr. Noch vor Weihnachten ist eine außerordentliche Gesellschafter-Versammlung geplant, in der nochmals Bilanz gezogen wird und klar sein wird, wie viel von den 10 Mio. Euro auf dem Treuhandkonto ins Unternehmen zurückfließen werden. „Aus heutiger Sicht kann ich mir vorstellen, dass 50 % des Stammkapitals als erster Schritt an die Gesellschafter ausgeschüttet werden”, sagt Härle. Wieviel letztlich ausbezahlt wird, bestimmen die Eigentumsvertreter.
Milchgeld kein Thema
Die Versammlung verlief laut Härle und Kostanzer insgesamt respektvoll und sachlich. Das Milchgeld war kein Thema. Was die Frage nach der Anzahl der Milchlieferanten angeht, betonen die beiden, dass es zum Jahresende 2018 deutlich weniger Kündigungen gibt als zum Ende 2017. So habe sich mittlerweile herumgesprochen, dass das Geschäftsmodell mit Lactalis trage.
Was das Gebilde Oberland betrifft, so seien die Strukturen nach wie vor äußerst komplex. „Wir brauchen Zeit, Geduld und Vertrauen”, so die beiden. Der Verkauf der Omira sei alles andere als einfach gewesen. Und: „Wir sind sehr zufrieden und erleichtert, wie alles gelaufen ist.”
In den von 13 auf acht Personen verkleinerten Aufsichtsrat wiedergewählt wurden Alois Frey, Bräunlingen, und Wolfgang Kleiner, Eglofs.   

Die Oberland in Zahlen
Die Omira Oberland-Milchverwertung GmbH liefert der Lactalis-Gruppe für die beiden Standorte Ravensburg und Neuburg derzeit rund 600 Mio. kg Milch. Der mit Lactalis ausgehandelte zehnjährige Abnahmevertrag mit Milchpreisgarantie (AMI-Preis Bayern) gilt für eine Liefermenge von maximal 800 Mio. kg jährlich. Eine Untergrenze gibt es keine.
Hinter der Oberland stehen aktuell rund 1700 Landwirte mit einer Jahresliefermenge von im Schnitt 350000 kg Milch pro Betrieb. Die Lieferanten verteilen sich fast hälftig auf sechs Liefergenossenschaften (53 %) sowie rund 70 regionale Milchliefergruppen (47 %). Die sechs Liefergenossenschaften sind MEG Neuburg, die MEG Ansbach, die MEG Neuravensburg, die MEG Rottweil, die MEG Radolfzell und die MEG Reutlingen. Letztere befindet sich in Liquidation.
Der Anteil Alpenmilch beträgt 300 Mio. kg. Die Alpenmilchverträge laufen bis Ende 2018 und bis Ende 2020. Für das Jahr 2017 soll es bei Alpenmilch mit dem September-Milchgeld eine Nachzahlung in Höhe von circa vier Cent pro kg geben. Die Nachzahlung 2017 für konventionelle Milch beträgt circa 0,5 Cent pro kg für die Monate September bis Dezember und wird ebenfalls im September 2018 bezahlt. Die großen Abstände im Milchgeld von mehreren Cent zwischen Alpenmilch- und konventionellem Milchpreis wird es künftig so nicht mehr geben.