Pflanzenbau | 10. Juni 2021

Nur wenige Optionen gegen Kartoffelkäfer

Von Hans-Jürgen Meßmer, LTZ Augustenberg, Außenstelle Donaueschingen
Die Zahl der zugelassenen Insektizide gegen Kartoffelkäfer ist sowohl im biologischen als auch im konventionellen Anbau ziemlich beschränkt. Außerdem bestehen bei der Wirksamkeit Defizite. Für die Landwirte bedeutet dies, alle Register ihres Fachwissens zu ziehen.
ISIP-Seite, aufgerufen am 10. 6. 21
Die Zulassungssituation bei der Bekämpfung von Kartoffelkäfern ist angespannt. Die Insektizid-Strategie muss darauf hinzielen, dass die Empfindlichkeit des Schädlings gegen die noch verfügbaren Wirkstoffe nicht weiter nachlässt und gleichzeitig hinreichende Bekämpfungserfolge erreicht werden.
Die Bekämpfungsschwelle ist spätestens ab zehn Larven je Pflanze erreicht. Zur Ermittlung sollten mindestens fünf Stauden an fünf Stellen in einem Schlag auf Larven und Eier und Gelege kontrolliert werden. Der Befall beginnt oft von einem Feldrand her, der an einen Acker angrenzt, auf dem im Vorjahr Kartoffeln angebaut worden sind.
Auf der Homepage www.isip.de wird die Entwicklung der Kartoffelkäfer dokumentiert.
 
Hinweise für den konventionellen Anbau
Insektizide im konventionellen Anbau mit großer Wirkungsbreite, die auch in anderen Kulturen zugelassen sind, zum Beispiel Mospilan SG oder Danjiri, sollten nicht zu häufig eingesetzt werden, um keine Resistenzbildung zu fördern.
Empfohlen wird maximal eine Spritzanwendung mit derselben Wirkstoffgruppe je Saison. Gegen Kartoffelkäfer sollten bevorzugt die nützlingsschonenden Mittel wie Coragen, Neem-Azal-TS oder Novodor FC gespritzt werden.  Außer einem systematischen Wirkstoffwechsel sind weitere Punkte zu berücksichtigen, um das Entstehen von Resistenzen möglichst zu verhindern:
  • Um maximale Wirkungsgrade zu erzielen, sollte erst dann behandelt werden, wenn ein Großteil der Kartoffelkäferpopulation als Junglarve die Blätter besiedelt hat. Frühe Larvenstadien reagieren vergleichsweise empfindlich auf die Insektizide. Zudem nehmen Junglarven beim Fressen nach der Applikation noch höhere Wirkstoffmengen auf als Altlarven oder die äußerst robusten erwachsenen Käfer. Eine Behandlung der Eigelege ist völlig unwirksam.
  • Eine gute Hilfestellung bei der Wahl des optimalen Behandlungstermins bietet das Prognosemodell SIMLEP (Simulation Leptinotarsa = Simulation Kartoffelkäfer). Es kann auf www.isip.de abgerufen werden.
Hinweise für den ökologischen Anbau
Der enorme Befallsdruck von Kartoffelkäfern hatte im letzten Jahr die Vorräte der biologischen Mittel NeemAzal T/S und Novodor FC schnell aufgebraucht. Aufgrund der angespannten Situation wurde Mitte 2020 mittels einer Notfallzulassung nach §53 für das Produkt NeemAzal T/S die Anzahl der Anwendungen von zwei auf insgesamt vier Behandlungen erhöht und genehmigt. Für den Zeitraum 18. Mai bis 14. September 2021 ist eine erneute Notfallzulassung bewilligt worden. Zugelassen sind wieder vier Anwendungen. Die Gesamtmenge von NeemAzal T/S ist begrenzt auf 5000 Liter, was für 1000 Hektar bei einer Aufwandmenge von 2,5 l/ha ausreicht. Das Mittel ist einzusetzen gegen Kartoffelkäferlaven im Stadium L1 bis L3 in einem zeitlichen Abstand von mindestens sieben Tagen.
Ebenso ist 2021 auf Antrag der Firma Biofa eine Notfallzulassung nach §53 für Novodor FC erteilt worden. Diese gilt für die Zeit vom 21. April bis zum 19. August, also für 120 Tage. Die zugelassene Menge des Insektizides ist auf 54000 Liter begrenzt, ausreichend für etwa 5400 ha Kartoffeln im ökologischen Anbau bei zwei Anwendungen mit jeweils 5 l/ha. Der Vorteil von Novodor FC gegenüber NeemAzal T/S liegt in der guten Wirkung bei hohen Lufttemperaturen und in der Flexibilität der Aufwandmenge von 3,0 bis 5,0 l/ha – je nach Larvengröße. Behandlungen sind ab BBCH 31 bis 79 in einem zeitlichen Abstand von mindestens fünf Tagen möglich.
Novodor FC ist empfindlich gegen UV-Licht und nicht regenfest. Der Wirkstoff Bacillus thuringiensis subspecies tenebrionis (B.t.t.) ist etwa eine Woche aktiv, sofern er nicht durch Niederschläge abgewaschen wird. Wenn innerhalb einer Stunde nach der Ausbringung rund 5 mm Regen fallen, werden ungefähr 50 % des Wirkstoffs abgespült. Je länger es trocken bleibt, umso besser ist die Wirkung. Mindestens 40 Stunden sind anzustreben.  Bei großer Hitze reduziert sich allerdings die Wirkdauer auf zwei bis drei Tage. Zu beachten ist, dass Novodor FC bei zu warmer Lagerung an Wirkung verlieren kann. Die bezogene Ware sollte deshalb möglichst zeitnah in einem Kühlraum eingelagert werden. Die optimale Lagertemperatur beträgt 5 °C. Zeitlich begrenzte Zulassungen nach §53 beinhalten keine Aufbrauchsfrist. Eine generelle Wiederzulassung des Wirkstoffes B.t.t. ist nach Auskunft von Bioland nach wie vor vorgesehen und in Bearbeitung.