Es gibt derzeit keine sichere, wiederholbare und somit dauerhafte Lösung zur Verhinderung des Schwanzbeißens bei Schweinen. Das haben Wissenschaftler an der Justus-Liebig-Universität in Gießen festgestellt.
Ist Schwanzbeißen keine Verhaltensstörung, sondern das Ergebnis eines arttypischen Erkundungsverhaltens am „falschen Objekt"?
Die Forschungsarbeit von Professor Steffen Hoy und Ina Jans-Wenstrup wurde vom
QS-Wissenschaftsfonds gefördert. Sie fordern innovative Lösungsansätze zur Vorbeugung.
Wie QS in einer Pressemitteilung erläuterte, vermuten die Projektverantwortlichen, dass die Ursache für das Schwanzbeißen (Caudophagie) in einer hohen
Betätigungsmotivation der Tiere liegt.
Für diese seien Interaktionen mit den Buchtenpartnern offensichtlich interessanter als die Beschäftigung mit Gegenständen. Schwanzbeißen sei demnach keine Verhaltensstörung der Tiere, sondern das Ergebnis eines arttypischen Erkundungsverhaltens am „falschen Objekt”.
Die Forscher raten daher dringend zu einem Paradigmenwechsel bei der Diskussion um die Ursachen der Caudophagie. „Wir benötigen einen ganz anderen Ansatz, um die kognitiv sehr anspruchsvollen und intelligenten Schweine so zu beschäftigen, dass sie nicht an den Buchtenpartnern interessiert sind”, erklärt Professor Hoy. Neue Lösungen, die durch das Angebot verschiedener, wechselnder Reize eine höhere Attraktivität für die Tiere besitzen, müssten entwickelt werden.
„Wenn alle Bemühungen zu keiner Senkung der Zahl tierschutzrelevanter Verletzungen durch gegenseitiges Schwanzbeißen führen, muss als Eingriff im Einzelfall auch künftig das Kupieren des letzten Drittels des Schwanzes durchgeführt werden”, so Hoy weiter.
Auch Pellets sind keine Lösung
Die Wissenschaftler untersuchten, ob der Einsatz verschiedener Pellets, ergänzend zur Standardfutterration, in der Ferkelaufzucht eine probate Lösung gegen Schwanzbeißen sein kann. Die Schlussfolgerung: Der Einsatz von Pellets stellt keine geeignete Maßnahme zur Vorbeugung bei Absatzferkeln und Mastschweinen dar. Auch weitere untersuchte Faktoren, wie Geschlecht, Genotyp oder Alter der Mutter, hatten keinen oder nur einen geringen Effekt auf das Verhalten der Tiere. In 14 Durchgängen wurden dafür insgesamt 1376 Ferkel, denen die Schwänze nicht kupiert wurden, mit 1190 Ferkeln mit kupierten Schwänzen verglichen.
Die Langschwanz-Ferkel wurden zur Hälfte mit der Standardration gefüttert, die andere Hälfte der Tiere mit der Standardration ergänzt durch Stroh-, Heu- oder Hopfendoldenpellets (als Zulage zum Mischfutter sowie bei Heupellets auch zur Beschäftigung ad libitum). In allen Durchgängen wurde ein hoher Prozentsatz an Schwanzbeißen festgestellt. Der Einsatz von Stroh- und Heupellets hatte keinerlei Einfluss auf das Verhalten der Tiere, der Einsatz der Hopfendoldenpellets zeigte zwar Unterschiede im Verhalten, allerdings war der Anteil der Teil- oder Totalverluste der Schwänze mit mehr als 50 Prozent ebenfalls sehr hoch.