Naturschutz im Wald am Beispiel des Hinterzartener Moores
Wie der Biologe erläuterte, ist das Hinterzartener Moor beim Rückzug des Feldberggletschers entstanden. Dieser begann am Ende der bisher letzten Eiszeit, vor rund 20000 Jahren, abzuschmelzen und hinterließ Wälle von Gesteinsschutt (Moränen), zwischen denen das Wasser nur zögerlich ablaufen konnte. In diesen staunassen Gebieten siedelten sich wasserliebende Pflanzenarten wie Schilf, Wollgras und schließlich Torfmoose an.
Dass der niedrige Wasserstand im Hinterzartener Hochmoor inzwischen dessen Bestand gefährdet, hat auch das vergangene Jahr gezeigt. In dem trockenen und heißen Sommer 2015 sind die Torfmoose auf der Hälfte der verbliebenen Moorfläche ausgetrocknet und abgestorben. „Wenn wir jetzt nichts tun, dann ist das ganze Hinterzartener Moor in rund 30 Jahren zu einem Moorwald geworden”, mahnt der Biologe. Deshalb versuche man, den Verlandungsprozess umzudrehen, damit das Torfmoos und damit das Moor insgesamt wieder wachsen kann. Dafür kommen Spendengelder der Daimler AG zum Einsatz, die 920000 Euro für Maßnahmen zur Renaturierung eines Moores bei Isny sowie des Hinterzartener Moores zur Verfügung gestellt hatte. In einem ersten Schritt hat man die Entwässerungsgräben im Rahmen der Renaturierung mit Holzbohlen blockiert, um das Niederschlagswasser im Moor zurückzuhalten.
Außerdem muss die Entwicklung des Waldes in den Randbezirken des Moores vom Menschen gesteuert werden. Die Renaturierung muss schrittweise erfolgen. Zum Beispiel dürfen nicht einfach alle Bäume gefällt werden, weil Hitze und Trockenheit das Moos schädigen. Vielmehr werden gezielt einzelne Fichten entnommen, um der seltenen Spirke (Moorkiefer) und den Pflanzen am Boden, vor allem dem Torfmoos, wieder Licht und Luft zu verschaffen.
Alle diese Maßnahmen stehen beispielhaft für die Realisierung des Zieles Nummer fünf der „Gesamtkonzeption Waldnaturschutz ForstBW”, das ausdrücklich die Wiederherstellung und Sicherung nasser Standorte im Wald als Ziel setzt. Einzelheiten erläuterte bei der Pressefahrt Forstpräsident Meinrad Joos vom Regierungspräsidium Freiburg.
Er konkretisierte die Konzeption mit folgenden Fakten:
- Ziel ist es, den schleichenden Verlust der biologischen Vielfalt bis 2020 zu stoppen und eine positive Entwicklung bis 2050 einzuleiten.
- Der Anteil nichtheimischer Baumarten, vor allem Douglasie und Roteiche, soll 20 Prozent nicht übersteigen.
- Zu den Lichtbaumarten, die 15 % der Wälder bis 2020 bestocken sollen, zählen vor allem Eiche, aber auch Kirsche, Elsbeere, Erle und Schwarzpappel sowie Lärche und Kiefer als Nadelbaumarten.
- Bis Ende 2015 waren rund fünf Prozent des Staatswaldes in Baden-Württemberg aus der Nutzung genommen.
- Das Eschentriebsterben breitet sich rasant aus, wie Meinrad Joos berichtete.
- Die Konzeption zum Waldnaturschutz ist nur für Flächen des Staatswaldes verbindlich, in Baden-Württemberg ist das knapp ein Viertel der Forstfläche.
le sind in der „Gesamtkonzeption Waldnaturschutz ForstBW” dokumentiert. Sechs wichtige davon sind:
- Die Flächenanteile der regionaltypischen, naturnahen Waldgesellschaften sind erhalten. Der Anteil standortheimischer Baumarten beträgt mindestens 80 Prozent der Gesamtfläche.
- Lichtbaumarten sind mit einem Anteil von mindestens 15 Prozent an der Baumartenzusammensetzung beteiligt mit mindestens zehn Prozent Laubbäumen. Dazu werden vielfältige, geeignete Waldbauverfahren angewandt und Störungsflächen genutzt.
- Lichte, seltene, naturnahe Waldgesellschaften („lichte Waldbiotope”) auf schwachwüchsigen Sonderstandorten (sauer, trocken, flachgründig) sind erhalten.
- Naturschutzfachlich bedeutsame, historische Waldnutzungsformen, insbesondere Eichenmittelwälder, sind erhalten und werden gegebenenfalls gefördert.
- Die Biotopqualität von Mooren und Auen sowie weiterer nasser Standorte im Wald ist gesichert oder wiederhergestellt.
- Durch Ausweisung von 24500 Hektar dauerhaft nutzungsfreier Waldfläche (Bannwald) ist ein Beitrag zu Prozessschutz, Artenschutz und Biotopvernetzung realisiert. Zusammen mit der geplanten Ausweisung von Kernzonenflächen in Großschutzgebieten erhöht sich die nutzungsfreie Waldfläche auf 33000 ha oder zehn Prozent der Staatswaldfläche.