Tierhaltung | 05. November 2021

Mobilstall selbst bauen

Von Christian Cypzirsch
Wer in die mobile Haltung von Legehennen einsteigen will, sollte keinen Schnellschuss wagen. Denn dafür sind die Startinvestitionen zu hoch. Für Herden unter 200 Tieren kann auch eine selbstgebaute Lösung in Frage kommen. In diesem Beitrag geht es vor allem um die Planung. Teil 2 befasst sich mit der Umsetzung und erscheint in Ausgabe 46 der gedruckten BBZ.
Nicht nur zur Konstruktion, sondern auch zu den Arbeitsabläufen sollte man sich im Vorfeld Gedanken machen. Bei diesem Stall lassen sich die Siebdruckplatten als zusätzlicher Witterungsschutz von einer Person an- und abklappen sowie arretieren.
Gerade Neueinsteiger in der mobilen Legehennenhaltung scheuen das Risiko, direkt mit 200 Tieren zu starten. Aber in genau dieser Größenordnung bieten die meisten Stallbaufirmen erste Modelle an. Unter 200 Plätzen gemäß EU-Öko-Verordnung und 250 bis 300 Plätzen bei konventioneller Haltung ist das Angebot eher eng. Zudem sind diese Ställe relativ teuer, weil sich die Kosten wichtiger Komponenten und Bauteile auf weniger Hennenplätze verteilen, sodass man mit mindestens 160 bis 200 Euro brutto je Stallplatz rechnen muss. Da die meisten Betriebe, die sich für Eigenbauten interessieren, pauschalieren wird im Folgenden immer von Bruttobeträgen die Rede sein.
Also ist genau der Bereich von unter 100 bis 200 Hennenplätzen die Größenordnung, die für Eigenbauten interessant ist. Zielgröße sollte sein, dass die Materialkosten nicht mehr als 50 % der Stallplatzkosten einer Herstellerlösung betragen. Nur so wird die für den Bau aufgewendete Arbeitskraft adäquat entlohnt und eine „Risikodividende” gewährleistet. Das Einsparpotenzial gegenüber eines fertigen Stalls liegt vor allem in den Kosten für die Stallhülle. Bei der Stalleinrichtung sind die Möglichkeiten begrenzt. Schlicht, weil eine hochwertige und funktionale Einrichtung Vorteile in der Arbeitsroutine bringt und daher quasi alternativlos ist.
Erst planen, dann bauen
Beispiel für einen umgebauten Kühlkoffer. Die Paneele müssen beim Umsetzen zwar hochgeklappt werden, bleiben aber am Wagen.
Wer einen Eigenbau in Angriff nimmt, muss sich im Klaren darüber sein, dass nicht alles direkt wie gewünscht funktionieren wird. Spaß am tüfteln sollte man haben, wenn man ein solches Projekt startet. Ist die Entscheidung für den Eigenbau gefallen, ist es unumgänglich, sich mit den wichtigsten gesetzlichen Anforderungen an Haltungseinrichtungen für Legehennen zu befassen. Eine Übersicht zu den Kriterien wie Stallfläche, Sitzstangen oder Tageslicht gibt es zum Ausdrucken in diesem PDF-Dokument. Hier sind die Anforderungen aus der Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung, der EU-Öko-Verordnung sowie der Bioland-Richtlinien aufgelistet. Diese Vorgaben müssen zwingend eingehalten werden, damit die Behörden oder die Ökokontrollstelle den Stall abnehmen. Tipp: Vorher einen Plan erstellen und einem Geflügelfachberater oder der Ökokontrollstelle vorlegen. Schwachpunkte werden so im Vorfeld erkannt.
Der limitierende Faktor ist in der Regel die nutzbare Stallfläche. Diese legt die maximale Zahl an Tierplätzen fest. Daran orientiert man sich dann beim Bau und der Installation der Einrichtung. Über die Anzahl an Stallplätzen lässt sich die Kapazität der Vorratsbehälter für Wasser und Futter bestimmen. Der Verbrauch je Tier und Tag liegt bei 250 ml Wasser sowie 130 g Futter. In der Praxis hat sich bewährt, den Vorrat einmal pro Woche im Rahmen des „großen Hühnerdienst” aufzufüllen. Bei 120 Stallplätzen würde dies zum Beispiel bedeuten, dass man mit 210 l Wasser und knapp 110 kg Futter kalkulieren muss.
Neben den Haltungsvorgaben sollte man die Arbeitswirtschaft nicht vergessen. Und hier einer der wichtigsten Tipps zum Thema Mobilställe: Erstellen Sie ein Lastenheft. Was soll der Stall können? Welche Arbeitsschritte und Handgriffe sind notwendig? Hier liegt eines der Hauptprobleme vieler Eigenbauten: Im Alltag sind zu viele zusätzliche Handgriffe notwendig, sodass sich der ohnehin häufig unterschätzte Arbeitszeitaufwand zusätzlich erhöht.
Wie kommt es zu diesen zusätzlichen Handgriffen? Vor allem durch eine ungünstige Anordnung der Komponenten. Alles, was täglich benötigt wird, muss auch gut zugänglich sein. Zum Beispiel ergibt eine Tränkelinie auf der hintersten Kante der Kotgrube wenig Sinn, da man für die Kontrolle der Tränkenippel erst auf die Kotgrube steigen muss. Weitere „Arbeitszeitfresser” sind vermeintliche Spareffekte bei der Wahl der Materialien und Komponenten, doch dazu mehr beim Thema Innenausbau in Teil 2 dieses Beitrags. 
Automatisierung
Damit ist die Frage schon beantwortet, wie viel Automatisierung in einem Eigenbau notwendig ist: So viel, wie man in einer vergleichbaren Herstellerlösung bekommen würde. Versuche, hier zu sparen, bezahlt man am Ende mit mehr Arbeit.
  • Unabdingbar ist auf jeden Fall, dass man mit einem Lichtprogramm die Tageslichtdauer auf die maximal zulässigen 16 Stunden ausdehnen kann – idealerweise in Kombination mit einer Dämmerungsphase. Ob sich die Lichtprogramme manuell an einem Terminal einstellen lassen oder per Notebook/USB-Verbindung aufgespielt werden müssen, ist Geschmacks- und Kostenfrage. Änderungen sind hier ohnehin nur beim Gruppenwechsel notwendig.
  • Zweite wichtige Automatisierung ist die Steuerung der Auslaufklappen, die sehr zuverlässig funktionieren muss. Als Öffnungszeit hat sich 10 Uhr vormittags etabliert, da ab dieser Uhrzeit die Tiere Zugang zum Auslauf haben müssen. Schwieriger ist es mit der Schließzeit, denn diese ist abhängig von der Tageslichtdauer. Eine Steuerung über eine Zeitschaltuhr ist zwar denkbar und auch die kostengünstigste Lösung. Allerdings muss permanent die Schließzeit korrigiert werden. Daher ist es besser Dämmerungsschalter oder Astrouhren einzusetzen. Jeder, der schon einmal abends Hühner einsammeln durfte, weil er vergessen hatte die Schließzeit bei zunehmender Tageslichtdauer nach hinten zu korrigieren, wird dem zustimmen. Dabei gilt immer: Automatisierte Klappen entbinden zwar von den Wegen zum Stall zu bestimmten Zeiten, es sollte jedoch nicht so verstanden werden, dass überhaupt keine Kontrollgänge mehr notwendig sind. Man muss prüfen, ob die Technik auch so arbeitet, wie sie soll – das trifft sowohl auf Eigenbauten als auch auf gekaufte Lösungen zu.
  • Die Verriegelung der Nester nach dem absammeln der Eier gehört ebenfalls zu den Maßnahmen, die viel Handarbeit erspart. Wenn Hennen anfangen, in den Nestern zu ruhen, nimmt dort auch die Verkotung zu. Die Folge sind mehr Schmutzeier und ein erhöhter Reinigungsaufwand. Häufig werden einfach die Anflugstangen hochgeklappt. Sinnvoll ist es jedoch, dass die Stangen automatisch herunter klappen können. Dafür eignen sich Timer und Stell-/Linearmotoren sowie elektromagnetische Schnappverschlüsse und Schwerkraftöffnung mit Federdämpfung. Andernfalls wird ein zusätzlicher Gang zum Stall spät abends oder früh morgens notwendig, um die Nester wieder zu öffnen.
  • Eine weitere Erleichterung können Sammelbänder für Eier sein. Allerdings ist der Nutzen bei kleinen Beständen zu hinterfragen, da man den Stall für die Betreuung ohnehin betritt. Sammelbänder sind in der Einsteigerliga also eher ein „Kann”.
  • Ob auch die Automatisierung der Fütterung sinnvoll ist, hängt von der Anzahl der Stallplätze und der Art der Futterlagerung am Hof ab. Herkömmliche Futterglocken manuell zu beschicken, ist sicherlich die denkbar einfachste und kostengünstigste Variante. Der Arbeitszeitaufwand zum Befüllen ist vertretbar. 
Stauraum und Schleuse
Dieser Auflieger wurde um einen Wintergarten ergänzt. Hier ist auch den Raum für eine Hygieneschleuse. Nachteil ist neben dem hohen Gewicht die benötigte Dolly-Achse. Ist diese nicht ohnehin vorhanden, lohnt eine Anschaffung extra für die Hühnerhaltung eigentlich nicht.
Für die tägliche Arbeit an und mit den Ställen zahlen sich großzügige Staumöglichkeiten aus. Kühlkoffer als Baugrundlage haben den Vorteil, dass sie bereits über wettergeschützte Staukästen verfügen. So lassen sich dort zum Beispiel Reserveeimer mit Futter unterbringen. Neben Staumöglichkeiten ist es eine Überlegung wert, einen Quadratmeter Stallfläche zu opfern für eine Eingangsschleuse. Das hat mehrere Vorteile: Zum einen kann dort der Schaltschrank platziert werden, sodass er der Staubbelastung nicht unmittelbar ausgesetzt ist und man in Ruhe alles einstellen kann, ohne dass die Hennen stören. Auch eine kleine Werkzeugbox ist hier gut aufgehoben für Phasenprüfer, Seitenschneider, Steckklemmen, Flaschenbürste für die Reinigung der Tränken, ein Spachtel zum Kot kratzen und vieles mehr. Zudem bietet es sich an, dort ein Paar Stallschuhe zu deponieren. Das schont bei spontanen Wegen die Straßenschuhe.
Neben der täglichen Routine sollte man auch den Abläufen beim Entmisten und Umsetzen der Ställe Beachtung schenken. Zwar gilt: „Viele Hände, ein rasches Ende.” Dennoch sind Bauteile zu vermeiden, die zum Umsetzen erst aufwendig an oder umgesteckt werden müssen, wie zum Beispiel Rampen, Leitern oder Sonnensegel. Wenn dann noch künstliche Schutzelemente im Auslauf umgesetzt werden müssen, summiert sich der Arbeitszeitbedarf schnell auf. Daher ist auch im laufenden Betrieb immer zu hinterfragen: Brauchen wir das wirklich beziehungsweise nehmen die Tiere es an oder ist es schlicht Gewohnheit und Routine? Die Arbeitsfalle schnappt dann zu, wenn definitiv zwei Personen anpacken müssen, zum Beispiel wenn die Kotschubladen zu groß und zu schwer für eine Person sind. Denn: Im Notfall sollten sowohl Umsetzen wie Entmisen auch im Ein-Mann-Betrieb machbar sein.