Pflanzenbau | 17. November 2022

Mittel gegen schädliche Insekten im ökologischen Kernobstbau

Von Jürgen Beckhoff
In einem fünfjährigen Verbundprojekt haben Wissenschaftler gemeinsam mit Fachleuten aus Praxis und Beratung neue Strategien zur Regulierung verschiedener Schädlinge im ökologischen Kernobstbau untersucht.
Typischer Schaden durch den Apfelwickler, Carpocapsa pomonella
Dabei konnten sie vor allem für den Fruchtschalenwickler und die Pfennigminiermotte wirksame Maßnahmen erarbeiten. Für die Apfelsägewespe und die Rotbeinige Baumwanze gibt es dagegen nach wie vor keine vollständigen Lösungen zur Regulierung.
Die Studie wurde von Forscherinnen und Forschern der Universität Hohenheim, dem Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz und dem Öko-Obstbau Norddeutschland Versuchs- und Beratungsring e.V. durchgeführt und über das Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) gefördert. 
Wicklerarten
Für die zwei wichtigsten Schalenwicklerarten, die sich in Nord- und Süddeutschland massiv ausgebreitet haben, zeigte eine Kombinationsstrategie mit zwei biologischen Präparaten eine sehr gute Wirkung in den Untersuchungen. Dabei wurde der Pheromon-Lockstoff Isomate Clr Max tt zusammen mit einem spezifischen Virus gegen den Schädling über das Mittel Capex eingesetzt, das eine zusätzliche Reduktion hoher Anfangspopulationen ermöglicht. Wegen der guten Wirksamkeit wurde das Verfahren bereits im Projektverlauf sehr erfolgreich in die Praxis eingeführt. Für das Produkt Isomate Clr Max tt wurde aufgrund des hohen Schaderregerdrucks in den Jahren 2020 und 2021 eine Notfallzulassung erteilt.
Pfennigminiermotten
Auch für die Bekämpfung der Pfennigminiermotte ergeben sich aus den Studienergebnissen konkrete Empfehlungen für die Praxis. Hier bewährte sich das Mittel NeemAzal TS, dessen Wirkstoff aus Blütenextrakten des Neembaums gewonnen wird. Bei korrekter Anwendung erzielte das Forscherteam damit eine gute Reduktion der ersten Generation und eine noch höhere Wirksamkeit bei der zweiten Generation.
Entscheidend für den Erfolg der Maßnahme ist aus Sicht der Fachleute der Zeitpunkt der Anwendung. Optimal ist es, das Mittel möglichst kurz vor dem Schlupf der Larven auszubringen.
Eine zweite Behandlung ist sinnvoll, wenn der Schlupf der Larven der ersten Generation länger als 14 Tage dauert oder wenn es nach der ersten Spritzung zu einer weiteren starken Schlupfperiode kommt. Verschiedene Schlupfwespenarten spielen bei der Regulierung der Pfennigminiermotte ebenfalls eine wichtige Rolle. Sie wurden durch die Behandlung nicht beeinträchtigt und konnten sich im Versuchszeitraum in den Obstanlagen etablieren.
Sägewespen
Zur Regulierung der Sägewespe wurden in den Versuchen verschiedene Nematodenarten als natürliche Gegenspieler in den Anlagen ausgebracht. Die Nematoden konnten sich dabei länger im Boden etablieren, weshalb die Behandlung nicht direkt vor dem Schlupf des Schädlings erfolgen muss. Allerdings war die Ausbringung aufgrund sehr hoher notwendiger Wassermengen sehr aufwendig und nur bedingt praxistauglich. Der Einsatz der Nematoden blieb aber weitgehend ohne Wirkung. Ein Grund könnte sein, dass die Wespen in den Versuchsjahren noch vor dem Absterben durch die Nematoden genügend Eier ablegen konnten.
Rotbeinige Baumwanze
Die Rotbeinige Baumwanze tritt seit dem Jahr 2019 vermehrt im Bodenseegebiet auf und verursacht hier massive Schäden an den Früchten. Behandlungen mit biologischen Mitteln wie Spruzit Neu oder einer Mischung aus Neudosan Neu und Trifolio-S-forte zeigten in Freilandversuchen keine ausreichende Wirkung. Dennoch sehen die Forschenden insbesondere die Wirkstoff-Mischung als möglichen Baustein einer nützlingsschonenden Regulierungsstrategie.
Ein weiterer Baustein könnte zukünftig der Einsatz des Eiparasitoiden Trissolcus cultratus sein. Wie diese Schlupfwespenart als Nützling optimal eingesetzt werden kann, wird derzeit in einem Folgeprojekt untersucht.