Tierhaltung | 18. Februar 2014

Mit Mastbullen ist nicht zu spaßen

Von Benedikt Rodens, SVLFG
Der Umgang mit Mastbullen ist gefährlich. Es gibt kaum einen Bullenmäster, der nicht schon einmal in eine prekäre Situation gekommen ist. Was man tun kann, um solchen Situationen durch Sicherheitsmaßnahmen so weit wie möglich vorzubeugen, das zeigt der folgende Beitrag auf.
Gerade in der Mastbullenhaltung musste in den letzten Jahren in puncto Wirtschaftlichkeit mit besonders spitzem Bleistift gerechnet werden. Wer jedoch aus Gründen der Wirtschaftlichkeit Kompromisse in der Sicherheit eingeht, der spart am falschen Ende. Dies zeigen die immer wieder schweren Unfälle in der Mastbullenhaltung. Zu diesen Unfällen kommt es häufig dann, wenn geeignete Fixier-  oder Treibeinrichtungen fehlen.  
Mobiles Treibschild
Die Haltung von Mastbullen in Ställen mit Fangfressgittern funktioniert: Das Beispiel Hofgut Maria Laach zeigt dies deutlich.
Aufgrund der  unterschiedlichen Stallsysteme gibt es keine Sicherheitseinrichtung, die für alle Ställe gleichermaßen geeignet wäre. Doch aus der  Praxis kommen  immer wieder gute,
individuelle Ideen. Als Frank Sundermann aus dem nordrhein-westfälischen Ladbergen von einem Bullen beim Verladen gedrückt wurde, hatte er noch mal Glück, denn es blieb bei blauen Flecken. Sein Bruder Hans Georg merkte jedoch, dass es so nicht weitergehen konnte. Als technische Aufsichtsperson der Sozialversicherung Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) wusste er, dass dieser Unfall auch sehr schlimm hätte enden können. Er nahm sich nun der Sache an, um eine betriebsindividuelle Lösung zu schaffen.
Ein Jahr später, nach endlosen Grübeleien und Schweißarbeiten, war es dann so weit, ein mechanischer Bullentreiber zum Anbau an den Frontlader war erschaffen. „Ich hatte zwar die Idee, jedoch fehlten mir die Maschinen und Geräte zur Metallbearbeitung. Ein Glück, dass mein Freund Frank Hilgemann als Metallbauer eine gut eingerichtete Werkstatt hat. In seiner Werkstatt war quasi die Geburtsstunde des Bullentreibers”, erzählt Hans Georg Sundermann. Und was die beiden Freunde in ihrer Freizeit entwickelt haben, kann sich sehen lassen.
Mit einem Schnellwechselrahmen kann das Treibgestell sehr schnell am Frontlader an- bzw. abgebaut werden. Durch die Hydraulikbetätigung kann das Treibschild nun mittels Kettenzügen jeweils nach links oder rechts in eine Mastbucht eingeschoben werden, um die Bullen herauszutreiben. „Das Treibschild eignet sich aber auch hervorragend für Reparaturarbeiten in der Mastbox, zum Beispiel an den Tränken. Das aufgestellte Treibschild bildet dann eine wirksame Barriere zwischen Bullen und Tränke. Die Person braucht sich dann nur auf die Reparatur zu konzentrieren. Zudem lassen sich so auch Tierbehandlungen durchführen, mit dem Treibschild können die Tiere räumlich fixiert werden und es kann zum Beispiel  eine Impfung erfolgen”, erklärt Hans Georg  Sundermann die Einsatzmöglichkeiten des Bullentreibers.   
Einsatzvoraussetzung ist ein  Schlepper mit mindestens 90 PS und einer hydraulischen Gerätebetätigung mit einem zweiten Ölkreislauf. Ferner darf die Buchtentiefe 4,50 m nicht überschreiten. „Das Schild ist eine ideale Lösung gerade für Ställe in Altgebäuden, wo Treibgänge aufgrund der begrenzten Fläche nicht installiert werden können. Jedoch auch in Ställen mit Treibgängen kann der mechanische Treiber eingesetzt werden, denn dort kann mit Hilfe des Treibers die Mastbucht in Richtung Treibgang entleert werden, ohne dass eine Person die Bucht betreten muss”, erläutert  Sundermann.
Den Bau und Vertrieb der Treibschilder hat die Firma Krassort Maschinen- & Anlagenbau GmbH in 48336 Sassenburg übernommen. Da dieses Gerät je nach Einsatzbetrieb individuell gebaut wird,  kann die Tennendurchfahrt unterschiedlich breit sein und das Treibschild   auf die Torbreite der Tenne angepasst werden.  Die Kosten je Schild liegen bei  etwa 3500 € plus Mehrwertsteuer.
Und was meint der Bruder dazu? „Einfach genial – ich war immer der Meinung, für meine Altgebäude gibt es keine ideale Lösung. Ich selbst benutze das Treibschild besonders gerne bei Reparaturarbeiten in der Bucht. Trotz zweiter Person war das ohne Treibschild vorher immer eine sehr gefährliche Tätigkeit”, erzählt Frank Sundermann.
Nicht weit entfernt liegt im niedersächsischen Börger der Betrieb der Familie Düttmann. 1999 wurde ein neuer Maststall für 125 Tiere gebaut. „Da ein Jahr zuvor mein Vater bei der Behandlung eines kranken Tieres von einem anderen Tier in der Bucht angegriffen wurde und nur durch den beherzten Eingriff meiner Mutter und meines Schwagers vor schlimmeren Verletzungen verschont geblieben ist, habe ich mir lange den Kopf zerbrochen, wie ich die
 Sicherheit im neuen Stall herstellen kann”, berichtet Betriebsleiter Stefan Düttmann.
Schwenkbares Gatter
Ein Treibgang, den es im alten Gebäude aus Platzgründen nicht gab, wäre eine mögliche Lösung  gewesen. Doch Düttmann  scheute den Platzverlust im hinteren Bereich des Maststalles, der beim Einbau eines Treibganges aus seiner Sicht  unumgänglich gewesen wäre. „Da in der Mastbullenhaltung lange Jahre in puncto Wirtschaftlichkeit Schmalhans angesagt war, musste ich die Investitionskosten des neuen Stalles so gering
 wie möglich halten. So  kam mir die Idee, Schwenkgatter in meinen Stall einzubauen. Ich hatte eine ähnliche Lösung schon einmal gesehen, mit der ich jedoch nicht ganz zufrieden war. Daher habe ich mir meine eigenen Gedanken dazu gemacht”, erzählt Düttmann.
Die Schwenkgatter sind waagerecht über den Mastboxen platziert. Um beim Herab- oder Heraufklappen der schweren Gatter nicht allzu großen Kraftaufwand zu betreiben, hat er an jedem Gatter ein Gegengewicht angebracht. Mit den schwenkbaren Gattern kann er nun je nach Bedarf –  ob beim Umstallen oder beim Verladen der Tiere –  kurzzeitig einen etwa einen Meter breiten  Treibgang im vorderen Bereich der Box herstellen.
„Ich brauche beim Treiben eigentlich nicht mehr in die Bucht zu gehen. Nachdem ich den Treibgang erstellt habe, gebe ich den Tieren einfach etwas Zeit. In der Regel sind sie so neugierig, dass sie selbst in den Treibgang gehen. Dann kann ich die Bullen vom Futtertisch aus in Richtung Lkw treiben. Auch das ist ein großer Vorteil gegenüber herkömmlichen Treibgängen im hinteren Stallbereich, denn dort muss man sich beim Treiben der Tiere in den Treibgang begeben. Falls die Tiere nun aus welchen Gründen auch immer wieder zurückkommen, sitzt man in der Falle. Das kann bei meinem Treibgang nicht passieren”, erklärt Stefan Düttmann. Wird der Treibgang nicht mehr benutzt, so klappt er einfach die Gatter nach oben weg und die Tiere haben wieder freien Zugang zum Futtertrog.
 Mit dieser Konstruktion hat Düttmann zwei  Fliegen mit einer Klappe geschlagen: „Ich habe nun keinen Platzverlust in meinem Maststall durch einen separaten Treibgang und konnte dadurch die Stallplatzkosten drücken. Trotzdem habe ich einen Treibgang, wann immer ich ihn brauche”, fasst er die Vorteile seines Systems zusammen.
Eine weitere Möglichkeit in eng bemessenen Stallanlagen mit Spaltenboden wäre das zusätzliche Anbringen von seitlichen Schwenkgattern in den Buchten, besonders bei den schwereren Mastbullen. Beim Heraustreiben der Bullen aus der Bucht hätte man so zwischen sich und den Bullen eine sichere Abtrennung. Um zu verhindern, dass die Bullen dieses schwenk- und ausziehbare Gatter gegen den Treiber in der Box drücken könnten, ist am Gatter ein Eisenstab angebracht, den man zwischen die Spalten stecken kann.
Fangfressgitter
Auf dem Klostergut Maria Laach in Rheinland-Pfalz werden jährlich etwa 50 Bullen gemästet, geschlachtet und im hofeigenen Laden vermarktet. Gehalten werden die Mastbullen in einem großräumigen Tiefstreustall. Da immer nur einzelne Tiere zum Schlachten ausselektiert werden, hat sich Michael Ullenbruch für den Einbau von Fangfressgittern entschieden. „Es ist eine einmalige Investition in die Sicherheit – das war es mir einfach Wert”, berichtet Ullenbruch.
Bei Bedarf werden alle Bullen einer Gruppe im Fangfressgitter eingesperrt. Nur der zu schlachtende Bulle wird aus dem Fangfressgitter entlassen und zum Verladen auf den Anhänger getrieben. „Für die Selektion einzelner Tiere aus der Gruppe ist ein Fangfressgitter ideal, zudem kommt es vor, dass bei einzelnen Tieren zum Beispiel ausgerissene Ohrmarken neu eingezogen werden müssen, auch hier ist die Fixierung im Fangfressgitter von großem Nutzen”, erklärt Ullenbruch. Er möchte auf die Vorteile des Fangfressgitters nicht mehr verzichten. Alle seine Stallungen, ob Mast-, Aufzucht oder Mutterkuhstall, sind damit ausgestattet.
Ob konventioneller Treibgang, mobiles Treibeschild, schwenkbarer Treibgang, schwenkbares Treibegatter oder Fangfressgitter – es gibt viele  Möglichkeiten, Bullenmastställe sicherer zu gestalten. Sicherlich, zum Nulltarif sind solche Geräte und Einrichtungen nicht zu erhalten, aber die eigene  Sicherheit und die Sicherheit der  Mitarbeiter sollte einem etwas wert sein, gerade in der Bullenmast. Dabei müssen die beschriebenen Ideen ja nicht 1:1 übernommen werden, vielleicht dienen sie auch als Anregung dafür, für den eigenen  Stall eine individuelle Lösung im Umgang mit Mastbullen zu finden.

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Sicherheitsmaßnahmen in der Mastbullenhaltung