Pflanzenbau | 21. Mai 2020

Mit dem Ferrari auf Unkrautsafari

Von Thomas Güntert
Die mechanische Unkrautbekämpfung gewinnt an Bedeutung. Um seine Zwiebelbestände zu säubern, hat der Thurgauer Biobauer Daniel Vetterli für die diesjährige Jätsaison einen speziellen Jät-Ferrari angeschafft.
Die ersten Testfahrten auf dem Jät-Ferrari machte der Schweizer Betriebsleiter Daniel Vetterli selbst.
„Ich möchte dem Jäten den Sklaventouch nehmen”, erläutert Vetterli, der bei der Biozwiebel keine andere Lösung sieht als Handarbeit. Ohne Unkrautbekämpfung droht dem Schweizer  ein Ernteverlust von 30 bis 40 Prozent. Für die diesjährige Saison hat er einen speziellen „Jät-Ferrari” angeschafft. „Die Arbeit wird mit dem Ferrari nicht weniger, aber weniger mühsam”, betont Vetterli. Das Gerät erleichtert die Arbeit und entlastet den ansonsten gebeugten Rücken. Der Pilot liegt auf dem Bauch auf einer gepolsterten Liege und hat dabei beide Hände frei zum Jäten. „Das ist deutlich angenehmer, als mit gekrümmtem Rücken kauernd auf den Knien rumzurutschen”, berichtet der Biolandwirt. Das von purer Muskelkraft angetriebene Gefährt kommt nicht aus der italienischen Auto-Edelschmiede Ferrari in Maranello, sondern aus Aarberg im Berner Seeland, wo es beim Biogemüsebauer Stefan Brunner entwickelt worden ist. Nachdem der Prototyp aus einem alten Bürostuhl und zwei Fahrradrädern gebaut worden war, wird das neuste Modell solide in Alu-Leichtbauweise mit wartungsarmen Vollgummi-Rollstuhlrädern gefertigt. Die Standardversion des „Jät-Ferrari” kostet 900 Franken. „Das ist nicht billig, aber es hat eine coole Note”, urteilt Vetterli, der sein Exemplar zusätzlich mit Sonnenschirm, Getränkehalter und Musikbox ausgestattet hat.
Handarbeit ohne Alternative
Vetterli rechnet bei den Biozwiebeln mit zwei Jätdurchgängen, wobei der erste der aufwendigere ist. Damit die kleinen Zwiebelpflänzchen nicht verletzt werden, müssen die Unkräuter vorsichtig von Hand ausgerissen werden. Vetterli nennt diesen Arbeitsgang „Pinzettenjäten”. Die Zwiebeln stehen mit einem Abstand von zwei Zentimetern in der Reihe so eng zusammen, dass keine Maschine das kurze Unkraut erfassen kann. „Zudem haben wir für diese Arbeit ein Zeitfenster von kaum einer Woche”, betont der Landwirt.
In der Regel wird das Hilfsgerät abwechselnd von zwei Personen benutzt. Um nicht zu ermüden, wird von den Piloten zudem immer wieder die Stellung gewechselt. Einige Schwierigkeiten bereitet den Mitarbeitern die dreistufige Höheneinstellung. „Unser Lehrling Simi hat für seine langen Arme auf die höchste Stufe gestellt, jedoch Tsiferana aus Madagaskar danach verzweifelt versucht, mit seinen kurzen Armen den Boden zu erreichen”, schmunzelt Vetterli und fügt hinzu, dass der Ferrari von rumänischen Erntehelfern auch schon als mobile Musikbox benutzt wurde.