Das Bundesumwelt- und das Bundeslandwirtschaftsministerium präsentieren der EU-Kommission einen gemeinsamen Vorschlag für schärfere Düngeregeln in Deutschland.
Eine Herbstdüngung von Raps soll möglich sein, wenn mit einer Bodenprobe nachgewiesen wird, dass der verfügbare Stickstoffgehalt im Boden unter 45 kg je Hektar liegt.
Wie erwartet haben die Ressorts die letzten noch offenen Fragen in der vergangenen Woche geklärt. Extensiv wirtschaftende Betriebe und Ökobetriebe, die durchschnittlich weniger als 160 kg Stickstoff je Hektar und Jahr und davon maximal 80 kg mineralisch düngen, sollen von der vorgesehenen 20-prozentigen Unterdüngung in den roten Gebieten ausgenommen werden.
Eine Herbstdüngung von Raps soll möglich sein, wenn mit einer Bodenprobe nachgewiesen wird, dass der verfügbare Stickstoffgehalt im Boden unter 45 kg je Hektar liegt. Bleiben soll es dabei, dass auf Dauergrünland die Düngung nicht reduziert werden muss.
Schon länger war klar, dass beide Ministerien an der Reduzierung der Düngung in den sogenannten roten Gebieten um 20 Prozent im Betriebsdurchschnitt festhalten. Zusätzlich soll es eine Mengenobergrenze in Höhe von 170 kg Stickstoff je Hektar und Jahr pro Schlag geben.
Kritische Haltung von DBV und DRV
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner
bezeichnete die vorgelegten Maßnahmen als fairen Kompromiss zwischen den
strengen Grenzwerten der Nitratrichtlinie und den Anforderungen an eine
nachhaltige Pflanzenproduktion. Der Deutsche Bauernverband (DBV)
bekräftigte seine grundsätzliche Kritik an der Abkehr von einer
bedarfsgerechten Düngung. Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) warnte
vor negativen Folgen einer weiteren Düngerechtsverschärfung für die
Veredelungsstandorte. Umweltverbänden gehen die geplanten Änderungen der
Düngeverordnung hingegen nicht weit genug.
Ein Stück weit tragen die Ressorts der vorgebrachten Kritik an der
pauschalen Unterdüngung in den roten Gebieten Rechnung. Neben den
angeführten Ausnahmen sollen Betriebe flexibel entscheiden können,
welche Kulturen weiter nach maximalem Bedarf gedüngt werden. Im Gegenzug
soll allerdings auf anderen Flächen in den besonders belasteten
Gebieten weniger gedüngt werden, um die Mengenobergrenzen einzuhalten.
Auf diese Weise will man den betriebs- und anbauspezifischen
Besonderheiten Rechnung tragen.
Sperrzeiten verlängern in den roten Gebieten
Verlängert werden sollen die
Sperrzeiten in den roten Gebieten. Dort sollen Festmist und Kompost
künftig nicht vom 1. Dezember bis zum 31. Januar ausgebracht werden
dürfen. In den übrigen Gebieten soll es beim Zeitraum 15. Dezember bis
15. Januar bleiben. Die Sperrfrist für die Düngung von Grünland soll in
den mit Nitrat belasteten Gebieten um zwei Wochen verlängert werden und
damit vom 15. Oktober bis zum 31. Januar gelten. Flächendeckend soll
eine Begrenzung der Düngung aus flüssigen organischen und flüssigen
organisch-mineralischen Düngemitteln einschließlich flüssiger
Wirtschaftsdünger auf Grünland im Herbst vom 1. September bis zum Beginn
der Sperrfrist in Höhe von 80 kg Gesamtstickstoff je Hektar eingeführt
werden.
Strengere Regeln für Hangflächen
Auf stark geneigten Flächen, die innerhalb eines Abstands
von 30 m zur Böschungskante eines oberirdischen Gewässers eine
Hangneigung von mindestens 15 Prozent aufweisen, sollen künftig
stickstoff- oder phosphathaltige Düngemittel innerhalb eines Abstands
von 10 m nicht aufgebracht werden dürfen. Bisher gilt hier ein Abstand
von 5 m. Zusätzlich sollen bei Ackerland auf diesen Flächen die
ausgebrachten Düngemittel auf der gesamten Fläche eingearbeitet werden
müssen, wenn kein hinreichend entwickelter Pflanzenbestand vorhanden
ist. Damit soll das Abschwemmen von Stickstoff in angrenzende Gewässer
verhindert werden.Auf Flächen, die innerhalb eines Abstands von 20 m zur Böschungskante
eines oberirdischen Gewässers eine Hangneigung von mindestens fünf
Prozent bis unter zehn Prozent aufweisen, soll ein Mindestabstand bei
der Ausbringung stickstoff- oder phosphathaltiger Düngemittel von 2 m
zur Böschungskante dieses Gewässers einzuhalten sein. Auf allen Flächen,
die innerhalb eines Abstands von 20 m zur Böschungskante eines
oberirdischen Gewässers eine Hangneigung von mindestens 10 Prozent
aufweisen, sollen stickstoffhaltige Düngemittel bei einem ermittelten
Düngebedarf von mehr als 80 kg Gesamtstickstoff je Hektar nur in
Teilgaben aufgebracht werden dürfen.
Klöckner und Schulze reisen nach Brüssel
Noch im Juni wollen Ministerin
Klöckner und ihre Kabinettskollegin Svenja Schulze nach Brüssel reisen
und die Vorschläge mit Umweltkommissar Karmenu Vella diskutieren. Ihren
Willen zur Umsetzung eines strengeren Düngerechts will die
Bundesregierung zudem mit einem Kabinettsbeschluss voraussichtlich noch
vor der Sommerpause unterstreichen. Darin sollen Eckwerte der geplanten
Änderung der Düngeverordnung festgelegt werden. Die Novelle der
Düngeverordnung soll bis Frühjahr 2020 vom Bundesrat beschlossen worden
sein.
Die Bundesregierung hofft, eine zweite Klage der Europäischen
Kommission gegen Deutschland wegen Nichteinhaltung der
EU-Nitratrichtlinie und damit drohende empfindliche Strafzahlungen
abwenden zu können.
Nur mühsam konnten die Agrarier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ihren
Unmut verbergen. „Wir hätten uns andere Vorschläge gewünscht”, erklärten
die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gitta Connemann,
Agrarsprecher Albert Stegemann sowie die CSU-Agrarpolitikerin Marlene
Mortler. Aus ihrer Sicht hätte es Spielraum für Optionen gegeben, „die
die Betriebe nicht so stark belasten und dennoch zu wirkungsgleichen
Ergebnissen führen”. „Wir sehen Gesprächsbedarf”, betonten die
Unionspolitiker. Klöckner unterstrich den Handlungsbedarf im Düngerecht,
machte aber deutlich, dass sie sich von der EU-Kommission mehr Zeit
gewünscht hätte, um die mit der Novelle der Düngeverordnung von 2017
beschlossenen Maßnahmen zunächst wirken zu lassen.
DBV-Präsident Joachim Rukwied räumte ein, dass wichtige Änderungen
gegenüber den ursprünglichen Düngeplänen der Bundesregierung vorgenommen
worden seien, und nannte beispielhaft die Ausnahmeregelung für
Dauergrünland in den roten Gebieten. Nicht nachzuvollziehen ist für ihn
jedoch das Festhalten an der pauschalen Kürzung der Düngung um 20
Prozent, die weder fachlich zu begründen noch von der EU-Kommission
gefordert worden sei. „Diese weitreichenden Vorgaben setzen
betriebliche Existenzen aufs Spiel”, warnte Rukwied.