Betrieb und Wirtschaft | 11. März 2021

Milchpreise haben Spielraum nach oben

Von René Bossert
Eine weniger stark wachsende Milcherzeugung weltweit bei gleichzeitig hoher Nachfrage schafft das Potenzial für einen Preisanstieg im laufenden Jahr.
2021 sei nach drei Jahren mit sinkenden Milchpreisen hintereinander wieder Preisspielraum nach oben vorhanden, erklärte  Monika Wohlfarth, Geschäftsführerin der  Zentralen  Milchmarkt Berichterstattung GmbH,   vergangene Woche beim Berliner Milchforum.
  Sie erinnerte daran, dass bereits unmittelbar vor dem Beginn der Corona-Krise die Zeichen auf steigende Preise gestanden waren. Dann kam der Lockdown und sorgte für Marktdruck. „Corona hat Milchgeld gekostet”, stellte Wohlfarth fest. Sie schätzt den durchschnittlichen Milchpreis in Deutschland für 2020 auf 32,9 Cent/kg (netto, 4,0 % Fett/
3,4 % Eiweiß). Das bedeutet einen Rückgang von 0,8 Cent gegenüber 2019.
Die Vorzeichen für Preisanhebungen für Milchprodukte sind gut.

Sie hielt als Fazit der Corona-Zeit  fest: „Die Absatzströme haben sich verändert, aber die Gesamtnachfrage war stabil.” Der rückläufige Trend beim Konsummilchverbrauch hierzulande konnte sogar gestoppt werden: Der Absatz legte 2020 gegenüber 2019 um 4,8 % zu, der Umsatz 10 %. Es wurde mehr gekocht, mehr gebacken und mehr Kaffee getrunken. Überdurchschnittlich im Umsatz legten Biomilch (+17,1%), Weidemilch (+21,6%) und Pflanzendrinks (+60,1%) zu.  Letztere erreichten eine Absatzmenge von 6,5 % des Konsummilchmarktes.
 
Zwei Mal günstiges Wetter hintereinander kommt selten vor
Dass 2021 besser laufen dürfte, begründete Wohlfarth mit dem Blick auf die  Angebots-, aber auch auf die  Nachfrageseite. Das globale Milchaufkommen werde  2021  schwächer wachsen als 2020, so ihre Erwartung. In der EU sei die Produktion  im  bisherigen Verlauf schwach, in Ozeanien stagnierend, und die expansive Tendenz in USA habe sich zuletzt abgeschwächt. Sie erinnerte auch an die weltweit gestiegenen Futterkosten und an das weltweit gesehen günstige Wetter 2020. „Zwei Mal gutes Wetter hintereinander kommt selten vor”, so ihre Erfahrung.
Das nicht zu üppige Angebot treffe auf eine gute Nachfrage, vor allem aus China. Die Weltmarktpreise liegen inzwischen wieder auf Vor-Corona-Niveau, wobei der starke Euro dafür sorge, dass sich dies nur abgeschwächt auf den EU-Markt auswirke. Ganz aktuell seien die Preise am Fettmarkt in Europa stark gestiegen, was ja einen starken Einfluss auf die Milchpreise habe. Außerdem habe die jüngste Auktion beim Global Dairy Trade vergangene Woche ein Plus von 15 % bei den Notierungen verzeichnet.
China hat auch für den Milchexport aus Deutschland an Bedeutung gewonnen. Es liegt mittlerweile auf Rang 6 der wichtigsten Exportländer. Top 3 dieser Tabelle sind Niederlande, Italien und Frankreich.
Stabile Exporte Die deutschen Exporte entwickelten sich 2020  stabil, beim Käse wurde eine neue Rekordmarke erreicht. Der Brexit könnte ein Belastungsfaktor werden, weil der Handel mit Großbritannien erschwert werde. Wohlfarth zufolge sind die Auswirkungen aber noch nicht voll abzuschätzen. Sie erinnerte daran, dass ab 1. April Veterinärzertifikate für den Export nötig seien. Längerfristig seien Konsumrückgänge nicht auszuschließen, wenn die Wirtschaft dort schlecht laufe. Großbritannien könnte sich auch mittelfristig mehr zu anderen Ländern hin orientieren.