Betrieb und Wirtschaft | 21. November 2019

Milch gibt immer mehr Informationen

Von Matthias Borlinghaus
Die technische Weiterentwicklung bei den Untersuchungen stellt den Milchprüfring und den Milchwirtschaftlichen Verein in Baden-Württemberg vor Herausforderungen.
„Beide Vereine konnten ihre Aufgaben im Geschäftsjahr 2018 bestens meistern”, berichtete der Vorstandsvorsitzende Manfred Olbrich bei der Mitgliederversammlung vor kurzem in Merklingen. Er lobte das Miteinander der Molkereien im Land. „Unser Milchprüfring hat im letzten Jahr 24,4 Millionen Untersuchungen durchgeführt”, so Olbrich. Insgesamt wurden im Land 2,336 Milliarden Kilogramm Milch angeliefert (+1,4 %), von 338.800 Milchkühen (−2,1 %) und 5769 Betrieben (−7,2 %).
Konrad Rühl zeigte sich mit der Verständigung bei der Kombinationshaltung zufrieden.

Dr. Konrad Rühl, Abteilungsleiter Landwirtschaft im Stuttgarter Landwirtschaftsministerium, lobte die Verständigung bei der  sogenannten Kombinationshaltung. Hier gibt es für die Betriebe mit Anbindehaltung die 120-Tage-Regelung in Verbindung mit Weide, Laufhof und Trockensteherbucht. In  Ausnahmefällen wird auch eine 90-Tage-Regelung erlaubt sein. Die freie Abkalbung in einer Abkalbebucht ist auf jeden Fall in beiden Varianten verpflichtend vorgesehen. „Ich glaube, diese Definition ist eine verlässliche Grundlage, mit der alle arbeiten können”, so Rühl. In der Diskussion wurde deutlich, dass den Milchbauern das Thema Kälbertransporte unter den Nägeln brennt. „Da sind wir dran”, versprach Rühl.
Imagepflege
Der Milchwirtschaftliche Verein will sich bei QM Milch mehr einbringen und hat einen Antrag auf Mitgliedschaft bei QM Milch gestellt. Für die Sektorstrategie 2030 engagiert sich der Verein ebenfalls, wie Geschäftsführer Dr. Markus Albrecht berichtete. Hier will man bundesweit eine neue Agentur für die Imagepflege gründen. Unter dem Schlagwort „Dialog Milch” wurde hierzu bereits eine erfolgversprechende Initiative gestartet. Über den Verein gibt es Fachberatung und Schulungen für die rund 4000 Beschäftigten in der Milchwirtschaft im Land. In der Öffentlichkeitsarbeit ist der Verein mit Milch-Botschafterinnen bei Verbrauchern und Schulen unterwegs.
Der Milchprüfring mit Hauptsitz in Kirchheim/Teck unterhält sechs Außenstellen im Land, angesiedelt in den Molkereien. Die Zahl der Untersuchungen insgesamt ging 2018 um 1,8 % zurück. Daueraufgabe seit 2011 sei die Vorbereitung auf die neue Milchgüteverordnung, die vermutlich 2020/21 in Kraft treten werde. Erweitert werden sollen die Hemmstoffuntersuchungen, hier gibt es einen neuen Test, für den die Molkereien gerade geschult werden. Im Januar soll hier ein Abgleich mit der Milchgüteverordnung erfolgen, um anschließend das Verfahren in Brüssel genehmigen zu lassen. Es gibt hier einen Zusatzaufwand fürs Labor, von dem die Milcherzeuger wenig merken werden.
In Sachen Abzüge ändert sich bei Keimzahl und Zellzahl nichts, bei Hemmstoff werden künftig drei statt bisher fünf Cent pro kg abgezogen, was sich in Wiederholungsfällen auch erhöhen kann. Neu beim Hemmstoffnachweis ist, dass bei einem positiven Ergebnis optional eine Differenzierung zwischen rund 30 Einzelsubstanzen durchgeführt werden kann. „Wir sind deutschlandweit derzeit noch das einzige Milchlabor, das in der Lage ist, eine Differenzierung der Hemmstoffe in dieser Breite vorzunehmen”, so Albrecht.
Weiter laufe das Programm Pestizide und Reinigungsrückstände. Die Molkereien erhalten hierzu einen Rückstandskontrollbericht. „Das verlangen auch die Kunden von ihnen. Die Ergebnisse sind so aufbereitet, dass man sie auch an Dritte weitergeben kann”, so Albrecht.
Für interessierte Betriebe werden seit einigen Jahren Trächtigkeitsuntersuchungen aus der Milchprobe angeboten. Hier gebe es eine konstante Nachfrage von 55.000 bis 60.000 Proben pro Jahr. Außerdem gibt es das Angebot einer Schadkeimdifferenzierung. Die insgesamt große Nachfrage nach Bestandsuntersuchungen, für Mastitis zum Beispiel, geht am Milchprüfring bis dato ziemlich vorbei, bemängelte Albrecht, „hier hatten wir uns mehr erwartet”.
Längst nicht mehr nur Fett und Eiweiß
Etwa ein Drittel des Geschäfts seien Milchleistungsproben für den Landesverband Baden-Württemberg für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht  (LKV). Untersucht werden längst nicht mehr nur Fett und Eiweiß. Vielmehr geht es heute darum, die Fettsäuremuster mit der Infrarotspektrometrie genau aufzudröseln. So lässt sich anhand des Fettsäuremusters zum Beispiel die Ketosegefahr vorhersagen. Der LKV wertet diese Daten unter anderen für das Fütterungsmanagement aus.
 Beim Milchprüfring möchte man im kommenden Jahr zusammen der Firma Geno-Zell GmbH an den Start gehen. Geschäftsmodell ist die genomanalytische Zellgehaltsbestimmung aus der Milchprobe heraus. Aus einer einzigen Hoftankprobe lassen sich bis zu 400 Einzelzellgehaltsbestimmungen durchführen. Mithilfe dieser speziellen Diagnostik können Betriebe in die genomische Zuchtwertschätzung einsteigen – das wird kostengünstiger als bisher.
4000 Audits
In Sachen Zertifizierung hat die Milchprüfring Baden-Württemberg GmbH 2018 rund 4000 Audits durchgeführt. Kerngeschäft ist die Überprüfung der QM-Milch-Standards, plus den VLOG-Standard ohne Gentechnik. Bei rund 2000 Betrieben wird die Einhaltung der QZ-BW-Kriterien geprüft, außerdem gibt es Sonderprogramme wie die geschützte Ursprungsbezeichnung für Allgäuer Emmentaler oder Allgäuer Bergkäse.
Nach Jahren der Konstanz haben die Mitglieder beschlossen, die Gebühren für den Milchprüfring anzuheben. Es wurde beschlossen, den Mitgliedsbeitragssatz von 0,13 pro kg Milch auf 0,14 pro kg anzuheben. Auch bei der Milchprüfring GmbH wird der Hebesatz leicht erhöht. Er beträgt künftig 0,04 Cent pro kg. Grund ist eine Erhöhung der Zertifizierungsaufträge.