Der Prozess der Ratifizierung des Handelsabkommens der EU mit den Mercosur-Staaten war bis vor Kurzem noch festgefahren. Jetzt bringt die Brüsseler Kommission offenbar ein neues Instrument zur Überprüfung der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit ins Spiel.
Mit Nachhaltigkeitselementen will die EU-Kommission Kritikern das Mercosur-Abkommen schmackhafter machen.
Wie verschiedene Brüsseler Kreise berichteten, hat die Kommission bereits Ende Februar im Ausschuss für Handelspolitik einen ersten Entwurf dazu präsentiert. Dem Vernehmen nach umfasst das Instrument eine Reihe von Punkten, die sich unter anderem auf den Klimawandel, die Biodiversität, die Arbeitnehmerrechte und die Rechte indigener Völker beziehen.
Ziel: Kritiker besänftigen
Zudem soll es einen Abschnitt über
internationale Zusammenarbeit geben, in dem beide Seiten vereinbaren,
die Handelsströme im Einklang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung
(SDGs) weiterzuentwickeln. Darüber hinaus schlägt die EU offenbar einen
verbindlicheren Ansatz vor, um der Entwaldung stärker als bisher
Einhalt zu gebieten. Auch die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens soll
verbindlich festgeschrieben werden.
Dieser Vorstoß der Kommission gilt als Versuch, den zahlreichen
Kritikern in der Europäischen Union das Abkommen doch noch schmackhaft
zu machen.
In der vergangenen Woche gab es eine weitere Verhandlungsrunde in
Buenos Aires. Konkrete Ergebnisse drangen jedoch nicht nach außen.
Beobachtern zufolge ist aber damit zu rechnen, dass die EU-Vorschläge
bei den vier südamerikanischen Mercosur-Ländern Argentinien, Brasilien,
Paraguay und Uruguay auf wenig Gegenliebe gestoßen sind.
Im bisherigen Mercosur-Entwurf, der 2019 ausgehandelt wurde, gibt es
zwar ein Nachhaltigkeitskapitel. Die dort aufgestellten Forderungen
gelten aber lediglich als Empfehlung. Um deren Einhaltung zu
gewährleisten, wird seitens der Kommission wohl auch mit dem Gedanken
gespielt, ein Sondergericht einzuführen.
Der DBV fordert Neuverhandlungen
Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat seine Forderung nach einer Neuverhandlung des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und den südamerikanischen Mercosur-Staaten erneuert. „In der jetzigen Form ist dieses Abkommen eine große Bedrohung für die deutsche und europäische Landwirtschaft”, warnte Verbandspräsident Joachim Rukwied. Er forderte, die Ziele des Green Deal auch bei Importen zu berücksichtigen, etwa bei Pflanzenschutz- oder Tierwohlstandards. „Hält Südamerika diese Standards nicht ein, muss es einen sofortigen Importstopp geben”, so der DBV-Präsident. Nicht ausreichend seien hingegen „allgemeine Bekenntnisse für mehr Nachhaltigkeit im Handel”.
In seiner jetzigen Form wird das Abkommen nach Einschätzung des DBV zu neuen geopolitischen Abhängigkeiten führen, insbesondere in Sachen Ernährungssicherheit. „Die EU will mit dem Green Deal Vorreiter beim Klima- und Umweltschutz sein. An Agrarimporte werden aber nicht die gleichen hohen EU-Standards angelegt wie an die EU-Landwirtschaft”, monierte Rukwied. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft drohe durch eine
zunehmende Verbotspolitik innerhalb der EU verlorenzugehen. Eine verstärkte Aufgabe von bäuerlichen Familienbetrieben, ausgelöst durch Agrarimporte zu Dumping-Standards, und die Gefährdung der Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit
Lebensmitteln wären die Folge.