Der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Jyrki Katainen, hat sich im EU-Agrarrat klar gegen eine Renationalisierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ausgesprochen.
Die Fahnen vor dem Gebäude der EU-Kommission in Brüssel präsentierten sich am Montag angesichts des Schmuddelwetters
eher kläglich. Die Agrarreform-Vorschläge der Kommission fanden ein unterschiedliches Echo bei den einzelnen Mitgliedstaaten.
Der Finne, der Agrarkommissar Phil Hogan auf dem Agrarrat am Montag in Brüssel vertrat, wies bei seiner Vorstellung der Kommissionsmitteilung zur Zukunft der EU-Agrarpolitik nach 2020 entsprechende Befürchtungen zurück. Katainen reagierte damit auf Aussagen der EU-Landwirtschaftsminister sowie anderer Branchenvertreter. Sie hatten im Hinblick auf das Mehr an Spielraum für die Mitgliedstaaten, das die Kommission anstrebt, vor einer Renationalisierung der GAP und Wettbewerbsverzerrungen gewarnt.
Der Kommissions-Vizepräsident betonte, dass man sich in dieser Frage auch mit den Mitgliedstaaten einig sei. Lokale Behörden könnten viel wirkungsvoller und effizienter auf die individuellen Bedürfnisse vor Ort reagieren, als dies von Brüssel aus geschehen könne. In Brüssel wolle man sich auf die Aufstellung der gemeinsamen Ziele und Rahmenbedingungen konzentrieren. Eine Renationalisierung sei aber auch deshalb abzulehnen, da dies eine Zersplitterung des gemeinsamen EU-Binnenmarkts zur Folge hätte. Das sei mit ihm nicht zu machen, erklärte Katainen.
Derweil zeigte sich Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt bei dem Ratstreffen in Teilen aufgeschlossen für die Pläne der EU-Kommission. Bei der GAP handle es sich schließlich nicht um „eine Reliquie, die nicht angetastet werden darf.” Unterstützung erhielt Schmidt bei seinem Appell dem Vernehmen nach unter anderem von seinem französischen Kollegen Stéphane Travert. Allerdings äußerte sich der Franzose zu dem neuen, von der Kommission angedachten Modell insgesamt eher skeptisch.
Kappung
Schmidt sprach sich außerdem für eine besondere Unterstützung
des Risikomanagements in der Landwirtschaft aus. Ferner müssten die
Themen Umwelt- und Klimaschutz sowie Tierwohl in der neuen
EU-Agrarpolitik stärkere Beachtung finden.
Gleichzeitig erteilte der deutsche Agrarressortchef den
Kappungsvorschlägen der Kommission eine Absage und wurde in dieser
Haltung von seiner niederländischen Amtskollegin Carola Schouten sowie
der rumänischen Delegation bestärkt. Rumänien gab zu bedenken, dass eine
Kappung nur zu einer Aufteilung bestehender Großstrukturen führen und
faktisch an der gegenwärtigen Situation kaum etwas ändern würde.
Positiver wurden die Kappungsansätze von der italienischen Delegation
bewertet. Für eine Stärkung des Risikomanagements sprachen sich
insbesondere auch die Niederlande, Belgien sowie Slowenien und Litauen
aus.
Gegen Kofinanzierung der Ersten Säule
Die Delegationen aus
Österreich, Irland, Finnland, Griechenland sowie der Slowakei
unterstrichen erneut die Wichtigkeit einer auch in Zukunft hinreichenden
Finanzierung der GAP. Frankreich, Italien, Irland, Ungarn und Litauen
kündigten vehementen Widerstand gegen eine nationale Kofinanzierung von
Teilen der Ersten Säule an.
Ungarn und Griechenland äußerten Bedenken, dass das neue Modell unter
Umständen zu Verzögerungen bei der Auszahlung der Direktzahlungen aus
der Ersten Säule führen könnte. Polen lobte das Ansinnen der
EU-Kommission, Vereinfachungen anzustreben, verwies aber auf die
Notwendigkeit, die Geldflüsse nicht abreißen zu lassen. Aufgeschlossen
gegenüber dem neuen Modellansatz für die GAP zeigten sich Dänemark und
Schweden. Dies galt auch für Irland, das aber zur Bedingung machte, dass
der Binnenmarkt nicht in Mitleidenschaft gezogen werden dürfe.
Unterdessen bekräftigten die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und
ländlichen Genossenschaften (COGECA) die Forderung nach einer
hinreichenden Finanzierung der GAP. COGECA-Präsident Thomas Magnusson
sagte, es sei positiv, dass in den Plänen beide Säulen der GAP sowie die
Direktzahlungen gewahrt würden. Die angestrebte Vereinfachung müsse
auch zu Ergebnissen für die Bauern führen. Die GAP müsse eine
gemeinschaftliche Politik ohne jede Renationalisierung bleiben. Zudem
sollte die Haushaltsobergrenze auf über ein Prozent des
Bruttonationaleinkommens angehoben werden.