Die Borchert-Kommission hält die vom Bundeslandwirtschaftsministerium geplanten Gesetzesvorhaben und Programme zum Umbau der Nutztierhaltung für unzureichend und unzulänglich. Sie lässt die Mitarbeit weiter ruhen.
Für unerlässlich hält es die Borchert-Kommission, eine Koexistenz mit bestehenden privatwirtschaftlichen Kennzeichnungssystemen zu gewährleisten.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen seien „in ihrer jeweiligen Ausgestaltung und im Zusammenwirken nicht in der Lage, den Umbau des gesamten Sektors zu bewerkstelligen”, heißt es in einer Stellungnahme des Kompetenznetzwerks von vergangener Woche. Darin macht das Expertengremium seine weitere Mitarbeit bei der Weiterentwicklung einer Gesamtstrategie für die Tierhaltung und der Vorbereitung einzelner Gesetzesvorhaben davon abhängig, dass die Bundesregierung eine umfassende Transformation des Nutztiersektors anstrebt und die Einführung „langfristiger, verlässlicher und ausreichend bemessener staatlicher Tierwohlprämien” beschließt. Bereits zuvor hatte der Vorsitzende Jochen Borchert die bisherigen Vorhaben als unzureichend kritisiert.
Özdemir will prüfen
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir
bescheinigte der Borchert-Kommission gute Argumente, die man sorgfältig
prüfen werde. Der Grünen-Politiker zeigte sich gegenüber
Agrarjournalisten offen, den Fördersatz bei den laufenden Mehrkosten
anzuheben. Özdemir wies zugleich darauf hin, dass sein Ansatz
grundsätzliche Unterstützung beim Kompetenznetzwerk finde. Der
stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias
Miersch, kündigte eine Verabschiedung des notwendigen Gesetzespakets zum
Umbau der Tierhaltung für das erste Halbjahr 2023 an. „Wir werden das
hinbekommen”, gab sich Miersch beim Agrarpolitischen Jahresauftakt des
Deutschen Bauernverbandes (DBV) zuversichtlich.
Tierwohlprämie zu niedrig
Nach Auffassung der Borchert-Kommission sollte die geplante
Tierwohlprämie auf 80 bis 90 Prozent der laufenden Kosten angehoben
werden. Bislang sind 65 Prozent vorgesehen. Die Laufzeit der Verträge
sei von zehn auf 20 Jahre auszudehnen. Eventuelle Obergrenzen bei der
Förderung seien so zu bemessen, dass der Großteil der Schweinebestände
einbezogen werde. Die Investitionsförderung solle über die
Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des
Küstenschutzes” (GAK) anstatt über das Bundesprogramm durchgeführt
werden, um den finanziellen Spielraum zu erhöhen. Nachbesserungen mahnen
die Fachleute auch bei der geplanten Anpassung des Baurechts an.
Zwingend notwendig sei, deckungsgleiche Anpassungen im Baurecht auch in
weiteren Rechtsbereichen vorzunehmen.
Darüber hinaus führt die Borchert-Kommission die vielfach diskutierten
Mängel im Entwurf für ein Tierhaltungskennzeichnungsgesetz auf. Für
unerlässlich hält es die Borchert-Kommission, eine Koexistenz mit
bestehenden privatwirtschaftlichen Kennzeichnungssystemen zu
gewährleisten.
Nicht allein Markt
Das gesellschaftliche Ziel einer tierwohlgerechten
Landwirtschaft werde mit den bislang geplanten Maßnahmen nicht erreicht,
warnte Borchert auf einer Veranstaltung der SPD-Bundestagsfraktion zum
Umbau der Tierhaltung vor der Grünen Woche. Notwendig seien klare
Zielvorgaben für eine tierwohlgerechte Haltung. Zentral sei die
Erkenntnis, dass die Transformation nicht allein über den Markt
finanziert werden könne, sondern öffentliche Mittel eingesetzt werden
müssten.