Politik | 07. Juli 2022

„Manches hätte man sich sparen können”

Von AgE
Unzufrieden mit der bisherigen Arbeit der Ampelkoalition in der Agrarpolitik ist Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir.
Cem Özdemir räumt ein, dass es nach wie vor keine Einigung innerhalb der Koalition auf ein Finanzierungskonzept für den Umbau der Tierhaltung gibt.
 „Manches hätte man sich sparen können”, sagt der Grünen-Politiker im Interview mit dem Fachpressedienst Agra-Europe zu den  Auseinandersetzungen seiner Partei mit der FDP.
Umbau der Tierhaltung hakt am Geld
Özdemir räumt ein, dass es nach wie vor keine Einigung innerhalb der Koalition auf ein Finanzierungskonzept für den Umbau der Tierhaltung gibt. Ohne ein solches Konzept würden sich jedoch die meisten Landwirte nicht auf die notwendigen Veränderungen einlassen.
SPD, Grüne und FDP hätten sich in der Koalitionsvereinbarung zum Umbau der Tierhaltung bekannt und damit auch zu dessen Finanzierung. Er akzeptiere jeden Vorschlag, „der praktikabel ist, kein Bürokratiemonster darstellt und von denen, für die wir es machen, auch angenommen wird”. Den Hinweis auf die schwierige Haushaltssituation im Bund will er nicht gelten lassen: „Die Transformation jetzt nicht anzugehen, würde noch viel teurer kommen.”
Verhältnis von Nutzen und Kosten wichtig
Eine Absage erteilt der Minister Forderungen aus seiner Fraktion und von Verbänden nach staatlichen Vorgaben für einen Abbau der Tierhaltung. Nicht zuletzt für eine notwendige Stärkung der Kreislaufwirtschaft brauche man „eine angemessene und zukunftsfeste Tierhaltung”. Offen zeigt sich Özdemir für eine Zusammenarbeit mit den neuen schwarz-grünen Landesregierungen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Der CDU wirft er vor, „im Bund und in den Ländern, in denen sie ohne uns regiert”, auf Konfrontation und Polarisierung zu setzen.
Der Minister betont seine Gesprächsbereitschaft im Hinblick auf Forderungen nach zeitweiser Aussetzung oder Modifizierung der vierprozentigen Stilllegungsverpflichtung im kommenden Jahr. Allerdings schließt er die Freigabe von Flächen aus, „die schon lange Zeit dem Erhalt der Biodiversität dienen”.
Wichtiger Beitrag des Ökolandbaus
Gleichzeitig müsse das „Nutzen-Kosten-Verhältnis” stimmen. So sei zu bedenken, dass mit einer Aussetzung der Fruchtwechsel-Regelung allein in Deutschland bis zu 3,4 Millionen Tonnen mehr Weizen erzeugt werden könnten. Demgegenüber belaufe sich die Mehrproduktion ohne die vierprozentige Stilllegung in der gesamten EU lediglich auf 3,6  bis 5,3 Millionen Tonnen. „Die Zahlen sprechen für sich”, so Özdemir.
Der Grünen-Politiker betont den wichtigen Beitrag des Ökolandbaus zur Entwicklung einer nachhaltigen, zukunftsfesten Landwirtschaft, lässt aber die Frage nach der Realisierbarkeit des 30-Prozent-Ziels unbeantwortet. Erneut kritisch äußert sich der Minister zum Anbau von Agrarrohstoffen zur Energieproduktion. An dem Auslaufen der Beimischungsquote will er festhalten.