Unzufrieden mit der bisherigen Arbeit der Ampelkoalition in der Agrarpolitik ist Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir.
Cem Özdemir räumt ein, dass es nach wie vor keine Einigung innerhalb der Koalition auf ein Finanzierungskonzept für den Umbau der Tierhaltung gibt.
„Manches hätte man sich sparen können”, sagt der Grünen-Politiker im Interview mit dem Fachpressedienst Agra-Europe zu den Auseinandersetzungen seiner Partei mit der FDP.
Umbau der Tierhaltung hakt am Geld
Özdemir räumt ein, dass es nach
wie vor keine Einigung innerhalb der Koalition auf ein
Finanzierungskonzept für den Umbau der Tierhaltung gibt. Ohne ein
solches Konzept würden sich jedoch die meisten Landwirte nicht auf die
notwendigen Veränderungen einlassen.
SPD, Grüne und FDP hätten
sich in der Koalitionsvereinbarung zum Umbau der Tierhaltung bekannt
und damit auch zu dessen Finanzierung. Er akzeptiere jeden Vorschlag,
„der praktikabel ist, kein Bürokratiemonster darstellt und von denen,
für die wir es machen, auch angenommen wird”. Den Hinweis auf die
schwierige Haushaltssituation im Bund will er nicht gelten lassen: „Die
Transformation jetzt nicht anzugehen, würde noch viel teurer kommen.”
Verhältnis von Nutzen und Kosten wichtig
Eine Absage erteilt der Minister
Forderungen aus seiner Fraktion und von Verbänden nach staatlichen
Vorgaben für einen Abbau der Tierhaltung. Nicht zuletzt für eine
notwendige Stärkung der Kreislaufwirtschaft brauche man „eine
angemessene und zukunftsfeste Tierhaltung”. Offen zeigt sich Özdemir für
eine Zusammenarbeit mit den neuen schwarz-grünen Landesregierungen in
Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Der CDU wirft er vor, „im
Bund und in den Ländern, in denen sie ohne uns regiert”, auf
Konfrontation und Polarisierung zu setzen.
Der Minister betont seine Gesprächsbereitschaft im Hinblick auf
Forderungen nach zeitweiser Aussetzung oder Modifizierung der
vierprozentigen Stilllegungsverpflichtung im kommenden Jahr. Allerdings
schließt er die Freigabe von Flächen aus, „die schon lange Zeit dem
Erhalt der Biodiversität dienen”.
Wichtiger Beitrag des Ökolandbaus
Gleichzeitig müsse das „Nutzen-Kosten-Verhältnis”
stimmen. So sei zu bedenken, dass mit einer Aussetzung der
Fruchtwechsel-Regelung allein in Deutschland bis zu 3,4 Millionen Tonnen
mehr Weizen erzeugt werden könnten. Demgegenüber belaufe sich die
Mehrproduktion ohne die vierprozentige Stilllegung in der gesamten EU
lediglich auf 3,6 bis 5,3 Millionen Tonnen. „Die Zahlen sprechen für
sich”, so Özdemir.
Der Grünen-Politiker betont den wichtigen Beitrag des Ökolandbaus zur
Entwicklung einer nachhaltigen, zukunftsfesten Landwirtschaft, lässt
aber die Frage nach der Realisierbarkeit des 30-Prozent-Ziels
unbeantwortet. Erneut kritisch äußert sich der Minister zum Anbau von
Agrarrohstoffen zur Energieproduktion. An dem Auslaufen der
Beimischungsquote will er festhalten.