Land und Leute | 23. Januar 2020

LSV will, dass Bauern selbst messen

Von Christine Kaiser
Gegen die Verschärfung der Düngeverordnung und gegen Bauern-Bashing demonstrierten am Freitag vergangener Woche Landwirte auf Einladung der Initiative „Land schafft Verbindung” (LsV) in Stuttgart.
Parallel zur Eröffnung der  Grünen Woche  fanden  deutschlandweit Bauernproteste statt.  Aus ganz Baden-Württemberg machten sich Landwirte auf den Weg nach Stuttgart.  Rund 1000 Schlepper beteiligten sich nach Polizeiangaben an der Sternfahrt mit dem Ziel Cannstatter Wasen.
Dabei scheuten die Landwirte keinen Aufwand: „Wir sind mit 45 Traktoren heute Nacht um halb eins in Freiburg losgefahren und waren um 11.30 Uhr hier”, erzählte Erwin Wagner. Der  Lohnunternehmer aus Opfingen nahm die  Anreise über den Schwarzwald gerne auf sich, weil er sich gegen die ständig steigenden Auflagen und Vorschriften  wehren will. 
Rund 1000 Traktoren fuhren laut Polizei auf dem Cannstatter Wasen auf.

Unter den Demonstranten waren  viele junge Menschen und Familien mit kleinen Kindern: „Ich bin völlig geflasht von Ihrem Durchschnittsalter! Hier steht die Zukunft der Bauernschaft Baden-Württembergs”, stellte Raimund Haser von der CDU-Landtagsfraktion fest.
Die Verschärfung der Düngeverordnung zog sich  wie ein roter Faden durch die Rednerbeiträge. „Das Chaos auf nationaler und europäische Ebene bei der Festlegung von Nitratmessstellen lässt uns heute hier zusammenkommen”, sagte  Erwin Laible von LsV.  Der Nebenerwerbslandwirt aus dem Kreis Tübingen kritisierte, dass es seitens der EU keinerlei Kriterien gebe, wie Messstellen festgelegt werden sollen. Auch wann und wie gemessen werde bzw. wie viele Messstellen überhaupt je Flächeneinheit sinnvoll sind, sei  unklar.
  
 
Schärfer differenzieren
Das deutsche Messstellennetz für Nitratwerte sei nicht zielgenau und müsste schärfer differenziert werden, so die Meinung vieler Redner. Andreas Kern von LsV brachte es für Baden-Württemberg auf den Punkt: „Es kann nicht sein, dass um einen ,roten‘ Brunnen herum gleich 20 Quadratkilometer Fläche zu einem roten Gebiet werden, wenn die anderen 50 Brunnen alle gut sind.” Er rief seine  Berufskollegen dazu auf, sich bei LsV  zu melden und für ein geringes Geld ihre Brunnen untersuchen zu lassen. Die Ergebnisse könnten beweisen, dass selbst in roten Gebieten überall gute Brunnen vorhanden seien. Die Ergebnisse  sollen dann gebündelt dem Umweltministerium vorgelegt werden.
„Die steigenden Forderungen der Gesellschaft an die Landwirtschaft sind ein großes Problem. Oft muss die Landwirtschaft wirklich für alles den Kopf hinhalten. Unsere heimische Landwirtschaft hat diese Kritik nicht verdient”, sagte die Stuttgarter Ministerialdirektorin Grit Puchan.   Viele an den Schleppern befestigte oder während der Kundgebung hochgehaltene Plakate zeigten den  Frust über  „Bauern-Bashing” und mangelnde Wertschätzung: „Wer ernährt Euch?”, „Deutschland, willst Du Deine Bauern noch?”, „Unsere Kinder sind auch Eure Zukunft” war  zu lesen. Puchan betonte in Richtung Städter, dass gerade die kleinstrukturierte Landwirtschaft in Baden-Württemberg  für Verantwortung stehe. „Ich entziehe mir doch nicht meine Grundlage und versaue den eigenen Boden”, sagte sie. Die baden-württembergischen Landwirte hätten schon immer
umweltbewusst gewirtschaftet, deswegen seien nur neun Prozent der landwirtschaftlichen Fläche als rote Gebiete deklariert.