Politik | 29. Juni 2023

Lohnanstieg moderater als befürchtet

Von AgE/rm
Der gesetzliche Mindestlohn soll zum 1.Januar 2024 auf 12,41 Euro und zum 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro brutto je Stunde angehoben werden. Das hat die Mindestlohnkommission in ihrer Sitzung am Montag mit Mehrheit und gegen die Stimmen der Arbeitnehmerseite beschlossen.
Die Arbeitgeberseite zeigte sich erleichtert, dass in der Mindestlohnkommission eine Mehrheit für eine maßvolle Steigerung des gesetzlichen Mindestlohns zustande kam.
Der Gesamtverband der deutschen land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände (GLFA) zeigte sich erleichtert. Dennoch werde auch die maßvolle Erhöhung für die Landwirtschaft zu einer neuerlichen Belastungsprobe. Für den Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, ist selbst die moderate Anhebung „unzumutbar”.
Die Mindestlohnkommission begründet ihre Empfehlung mit dem gegenwärtig schwachen Wirtschaftswachstum und der anhaltend hohen Inflation in Deutschland. Beides stelle für Betriebe und Beschäftigte gleichermaßen große Herausforderungen dar. Für das Gesamtjahr 2023 werde eine Stagnation des Wirtschaftswachstums erwartet. Für das Jahr 2024 gingen die aktuellen Prognosen von einer moderaten wirtschaftlichen Erholung aus. Die Inflation habe im Jahr 2022 mit einer Höhe von 6,9 Prozent einen historisch hohen Wert erreicht.
Der Bundestag hatte im Oktober 2022 beschlossen, den Mindestlohn von damals 10,45 Euro auf 12 Euro zu erhöhen. Dadurch war das regelmäßige Anpassungsverfahren durch die Mindestlohnkommission vorübergehend ausgesetzt worden. Die Mehrheit der Mindestlohnkommission hat nun den Anstieg des Tarifindex auf den Wert der letzten Entscheidung der Mindestlohnkommission von 10,45 Euro angewandt und zugleich den durch den Gesetzgeber veranlassten Anstieg von 1,55 Euro berücksichtigt.
Das Gleiche unterschiedlich vertont
Durch die frühzeitige Ankündigung der Anpassungsstufen bis ins Jahr 2025 hätten die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit, die Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns bei der Fortentwicklung ihrer Tarifverträge zu berücksichtigen, teilte die Mindestlohnkommission mit.
„Auch wenn die vorgeschlagene Steigerung auf den ersten Blick moderat ausfällt, wird sie zu einer nicht tragbaren Belastung für unsere Betriebe”, sagte Bauernpräsident Rukwied. Die Zahl der arbeitsintensiven Betriebe im Obst-, Gemüse- und Weinbau werde weiter zurückgehen; noch mehr Erzeugung werde ins Ausland verlagert. Deutschland müsse sich in Brüssel für einen europäischen Mindestlohn einsetzen, um weitere Ungleichgewichte zu vermeiden.
„Wir begrüßen es außerordentlich, dass die Mehrheit der Mindestlohnkommission dem massiven Druck der Politik, Gewerkschaften und Sozialverbände, den Mindestlohn auf 13,50Euro oder gar 14,00 Euro anzuheben, nicht nachgegeben hat”, erklärte GLFA-Präsident Hans-Benno Wichert. Man erwarte nun, „dass die Politik diese besonnene und maßvolle Entscheidung der Mindestlohnkommission anerkennt und nicht erneut durch gesetzgeberische Maßnahmen untergräbt”, so Wichert.
Er wies darauf hin, dass die Sonderkulturbetriebe schon jetzt unter einem enormen Wettbewerbsdruck durch ausländische Ware stünden, die zu deutlich geringeren Mindestlöhnen und Sozialstandards produziert werde. Dieser Druck werde sich mit der vorgeschlagenen Mindestlohnanhebung noch erhöhen. Damit drohe eine weitere Abwanderung der Produktion ins europäische und nichteuropäische Ausland.
Betriebe von Kosten entlasten
„Zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit muss die Politik dringend für eine Kostenentlastung der Unternehmen sorgen”, mahnte der Arbeirgeberpräsident. Dies gelte vor allem bei den Lohnnebenkosten. Ständige Beitragserhöhungen wie zu Jahresbeginn in der Kranken- und Arbeitslosenversicherung und zum 1. Juli in der Pflegeversicherung führten neben der Anpassung des Mindestlohns zu einem weiteren Anstieg der Arbeitskosten und einer Schwächung des Standorts Deutschland. Hier müsse mit grundlegenden Strukturreformen entgegengewirkt werden.