Land und Leute | 06. Februar 2020

„Eine von Ihnen könnte Bundeskanzlerin werden”

Von Maria Wehrle
Sie weiß, wovon sie spricht: Gerlinde Kretschmann war selbst Gemeinde- und Kreisrätin, setzt sich vielfältig im Ehrenamt ein und forderte die Teilnehmerinnen am Landfrauentag des Bezirks Emmendingen auf, politische Ämter zu übernehmen.
Gerlinde Kretschmann (links) ist auf einem Bauernhof aufgewachsen, war Lehrerin, Kommunalpolitikerin und ist ehrenamtlich vielfältig engagiert. Zudem erzählte sie Jutta Zeisset, dass sie gern wandert.
Kretschmann ist es ein wichtiges Anliegen, dass Frauen und junge Männer politisch aktiv sind. Das machte sie in ihrem Vortrag und dem anschließenden Gespräch mit Vorstandsfrau Jutta Zeisset deutlich. Es sei wichtig, wählen zu gehen, aber noch wichtiger sei es, sich auf politische Ämter zu bewerben. „Eine von Ihnen könnte auch Bundeskanzlerin werden, wie wäre das?”, fragte sie in die Runde. Sie forderte die ältere Generation dazu auf, die jungen Leute zu motivieren und ihnen Unterstützung anzubieten, zum Beispiel bei der Kinderbetreuung. Sie selbst war 15 Jahre lang Mitglied im Gemeinderat in Sigmaringen. Die in den 70er-Jahren entstandene Anti-Atomkraft-Bewegung sei für sie ein Grund gewesen, den in der Folge gegründeten Grünen beizutreten.
Auf dem Hof ihrer Eltern habe sie erlebt, was es heißt, Landfrau zu sein: „Man muss fest auf dem Boden stehen und kämpfen, wenn es um die eigene Überzeugung geht”, betont sie.
 Der Ruhestand der pensionierten Lehrerin ist für sie längst kein Grund, sich nur noch um sich zu kümmern: „Dorf ist Gemeinschaft. Diese Gemeinschaft müssen wir prägen und erhalten.” Deshalb engagiert sie sich ehrenamtlich. So ist sie beispielsweise Schirmherrin der Vesperkirchen in Baden-Württemberg und des Vereins „Singende Krankenhäuser”. Außerdem ist sie Vorsitzende der Stiftung „Singen mit Kindern”. Und mit den Landfrauen ist Kretschmann jedes Jahr zur Adventszeit auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt, um Marmelade zu verkaufen.
Nur weil ihr Mann Ministerpräsident ist, möchte sie sich nicht verbiegen lassen. Als Winfried Kretschmann in sein Amt gewählt wurde, hatte man ihr PR-Kurse empfohlen, die sie ohne zu diskutieren ausschlug. Sie möchte selbst bestimmen, ob sie Schwäbisch oder Hochdeutsch spricht, und sich nicht vorschreiben lassen, ob sie ihre Haare lockig oder glatt trägt.

Spende
Natalie Heitzmann freute sich über eine Spende des Bezirks, den sie für den Waldkindergarten Wurzelkinder in Endingen entgegennahm. Den Betrag von ursprünglich 200 Euro erhöhten die Landfrauen während der Veranstaltung spontan um 300 Euro: Zu ihrer Freude hatte Endingens Bürgermeister Tobias Metz ihnen die Mietkosten für die Stadthalle erlassen.
Landrat Hanno Hurth stellte in Aussicht, dass am Landwirtschaftlichen Bildungszentrum Emmendingen-Hochburg wieder eine Teilzeitklasse für die Ausbildung zur Hauswirtschafterin angeboten wird.

Ehrungen
Die drei Sprecherinnen Cornelia Biehle, Jutta Zeisset und Monika Zimmermann würdigten Landfrauen, die sich aus  Vorstandsteams der Ortsvereine verabschiedet hatten. Dabei hob Zeisset besonders die Leistung von Bärbel Engler aus dem Ortsverein Teningen-Köndringen hervor: „Von deinem Durchsetzungsvermögen und deiner Energie können wir uns alle ein großes Stück abschauen.” In ihren 31 Jahren hat Engler unter anderem den Landfrauenchor in Teningen gegründet und den Ostermarkt sowie das Suppenfest ins Leben gerufen. „Keiner macht’s alleine”, zeigte sich die „Heldin des Tages”  bescheiden. Anerkennung galt auch Emilie Kaufmann für 21 Jahre, Marianne Bürkin und Gisela Haag für  15 Jahre, Brigitte Enderlin für 7 Jahre, Lydia Huber für 4 Jahre und Alexandra Nagler für 2 Jahre.
Biehle betonte in ihrem Rückblick die Einführung der Marke „Lieblingslandfrau”: Mit dem Logo einer pinken Biene werden Werbeartikel wie Tassen, Schlüsselanhänger oder Kalender verkauft. Handgemachte Produkte der Landfrauen sollen folgen. Darauf ging auch Monika Schnaiter, Präsidiumsmitglied der südbadischen Landfrauen, ein. Der Qualitätsbegriff der Landfrauen würde mit dieser Marke in ein modernes Format gebracht. So könnten auch jüngere Generationen angesprochen werden.