Land und Leute | 05. Juni 2014

„Über 80 Millionen Bundestrainer”

Von Anja Spintzyk
Bei der Bezirksversammlung der Landfrauen Überlingen-Pfullendorf in Deggenhausertal-Wittenhofen (Bodenseekreis) gab es statt Grußworten Fragen an die Gäste auf dem Podium. Knut Simon, Bürgermeister von Deggenhausertal, gab einen Einblick zur Problematik von Gemeinden mit großer Fläche und dünner Besiedelung.
„Jeder Bürger soll die Möglichkeit haben, von der Wiege bis zur Bahre in Deggenhausen bleiben zu können.” Ermöglicht werden soll  dies durch die Erschließung von Neubaugebieten für junge Familien samt der Stärkung des Personennahverkehrs. Auch ein Pflegeheim wurde neu eröffnet. Verbesserungswürdig sei noch die Breitbandversorgung, auch was die finanzielle Unterstützung durch Bund und Land angehe.
Wie kann die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum auch in Zukunft weiter gewährleistet werden? Dazu wurde Bundestagsabgeordneter Lothar Riebsamen (CDU) befragt. „Die Pflege alter Menschen findet in den Gemeinden statt. Gemeinsam mit den Kommunen wird nach einer Lösung gesucht, wie damals mit der Kleinkindbetreuung”, sagte er. Nicht die Anzahl der benötigten Pflegeplätze sei dramatisch, sondern der Pflegekräftemangel.
Wie sieht die Landesregierung die schulische Entwicklung im ländlichen Raum? „Überall muss es möglich sein, alle Abschlüsse machen zu können”, betonte Landtagsabgeordneter Martin Hahn (Grüne). Durch den Rückgang der Hauptschulen und dem Wegfall der Grundschulempfehlung habe sich der Prozess der Schulreform beschleunigt. Die Gemeinschaftsschule habe im Kern die Funktion, auf einer Schule alle Abschlüsse zu ermöglichen – auch bei abnehmenden Schülerzahlen.
Hermann Gabele, Leiter des Landwirtschaftsamts im Landratsamt Bodenseekreis, nahm zu den Themen zukünftige Förderungen und Innovative Maßnahmen für Frauen im ländlichen Raum (IMF) Stellung. So werde es neue Betriebsprämien geben und auch IMF-Projekte würden weiterhin unterstützt. „Was steckt hinter der Beratung 2020 – wird es in Zukunft nur noch Kontrollen geben, aber keine Beratung mehr?”, fragte Vorsitzende Kerstin Mock. Gabele sieht die Problematik, dass der gleiche Mitarbeiter vom Landratsamt zuerst als Berater und zwei Wochen später als Kontrolleur kommt. „Die Förderung leidet nicht durch diese Doppelfunktion”, sagte er. Die EU bezuschusse externe Berater, damit keine Korruption entsteht.
„Solche Männer muss man erst mal verkraften”
Martin Hahn sieht das große Vertrauen in die regionalen Erzeugnisse und das hohe Ansehen, das die Landwirtschaft bei der Bevölkerung genießt. „In der Landwirtschaft ist es so wie im Fußball, es gibt über 80 Millionen Bundestrainer, die wissen, wie es besser gehen soll. Deshalb ist Aufklärung wichtig.” Das Wissen über und der Umgang mit Lebensmitteln müssten im Fokus stehen. Bodenseeobst müsse einen Preisvorsprung bekommen. Auch der Umgang mit der Schöpfung speziell bei der Tierhaltung werde ein großes Thema werden, denn das Bewusstsein der Bevölkerung habe sich weiterentwickelt.
 Referentin Beatrix Böni rundete die Versammlung mit dem Thema „Fröhlich aufräumen, damit das Herz wieder tanzen kann” humorvoll ab. „Solche Männer muss man erst mal verkraften”, so Böni nach der Podiumsdiskussion über die Herren Hahn, Riebsamen und Simon. Auch stellte sie einen Vergleich zwischen Politikern und einem Nilpferd an: Beide haben ein großes Maul, ein dickes Fell und wenn es schwierig wird, tauchen sie unter. Den Frühling mag die Referentin sehr und empfiehlt, trotz der über den Winter zugelegten Kilos fröhlich zu hüpfen.