Politik | 19. Oktober 2023

Lemke will Schnellabschüsse ermöglichen

Von AgE
Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat die angekündigten Vorschläge zum Umgang mit dem Wolf vorgelegt. Diese sehen vor, dass Wölfe, die Weidetiere gerissen haben, innerhalb von 21 Tagen ohne DNA-Nachweis und in Einklang mit geltendem Recht abgeschossen werden können.
Steffi Lemke präsentierte am 12. Oktober ihre neuen Vorschläge zum Umgang mit dem Wolf.
Wie die Grünen-Politikerin am 12. Oktober vor Journalisten in Berlin erklärte, sollen damit Abschussgenehmigungen deutlich schneller erteilt werden. Dafür müssten sich die Tiere jedoch im Umkreis von 1000 Metern von der Rissstelle in von den Ländern definierten Regionen mit erhöhtem Rissvorkommen aufhalten. Lemke will nun auf einen Beschluss bei der kommenden Umweltministerkonferenz (UMK) im November drängen, um die Vorschläge zügig umzusetzen. „Wölfe können nach  geltender Rechtslage bereits getötet werden”, hob Lemke hervor. Allerdings sei das dafür existierende Verfahren aktuell zu bürokratisch, zu aufwendig und es dauere zu lange. Dies habe zu Frustration und Akzeptanzverlusten geführt.
Immer höhere Risszahlen hätten nun ein Handeln nötig gemacht, damit eine Balance zwischen dem Schutz der Weidetiere und den geschützten Wölfen gewahrt werden könne, so die Chefin des Berliner Umweltressorts.
Die neuen Vorschläge gelten laut der Ministerin für Wölfe, die „zumutbare Herdenschutzmaßnahmen” überwunden und Weidetiere gerissen haben. Die Definition des Herdenschutzes müssten laut Lemke die einzelnen Bundesländer treffen.  Abschüsse ohne Anlass lehnt sie nach wie vor entschieden ab. Ihr Vorschlag für ein regional differenziertes Management würde daher auch den Schutz von Wölfen zum Ziel haben, sagte die Grünen-Politikerin.
Keine Änderung von Bundesgesetzen
Allerdings betonte Lemke zugleich, dafür keine Bundes- oder EU-Gesetze ändern zu wollen. Sie begründet dies damit, dass dies zu lange dauere und den betroffenen Tierhaltern daher aktuell nicht helfen würde. Die Umweltministerin will stattdessen auf der nächsten UMK einen gemeinsamen Beschluss erwirken, damit die von ihr vorgeschlagene Schnellabschusspraxis zum 1. Januar 2024 in Kraft treten kann. Die Länder seien jedoch dafür verantwortlich,  Rechtsverordnungen zu erlassen, die dann für ihre jeweiligen Behörden gelten, erklärte die Ministerin.
Weidetierhalter reagieren unterschiedlich
Der Deutsche Bauernverband (DBV) hält die Vorschläge von Bundesumweltministerin Steffi Lemke zum Wolf für „völlig unzureichend und nicht geeignet, die offensichtlichen Probleme für die Weidetierhaltung zu lösen”. Mit solchen „Placebo-Lösungen” werde die Weidetierhaltung weiterhin einer „verfehlten und weltfremden Wolfspolitik geopfert”, kritisierte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken. Die Vorschläge würden weder der Weidetierhaltung noch dem Koalitionsvertrag gerecht. Eine schnellere und effizientere Entnahme von übergriffigen Wölfen sei ohne Zweifel wichtig, räumte Krüsken ein. Aber ohne gesetzliche Änderungen und ohne die volle Ausschöpfung der vorhandenen Spielräume des europäischen Rechts für Ausnahmen vom strengen Schutz blieben die Probleme mit dem Wolf nicht beherrschbar. Nötig sei ein vorbeugender Herdenschutz durch eine Reduzierung des Wolfsbestandes. Dies sei EU-rechtlich möglich.
Die Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände (VDL) wertete Lemkes Vorschläge als „Schritt in die richtige Richtung”. Positiv bewertete der VDL-Vorsitzende Alfons Gimber die Möglichkeit der Entnahme eines Wolfes bereits nach dem ersten Übergriff auf Weidetiere in einem Umfeld von 1000 Metern zum Ressort. Das Aktionsbündnis Aktives Wolfsmanagement in Niedersachsen sprach von einem „positiven Signal” für die Weidetierhalter. Es sieht in den Vorschlägen Eckpunkte, mit denen man weiterarbeiten könne.
Lemkes Vorschläge  gehen der Opposition und der FDP im Bundestag indes nicht weit genug. Kritisiert wird in erster Linie, dass auch weiterhin kein regional differenziertes Bestandsmanagement eingeführt werden soll. Dieses war im Koalitionsvertrag vereinbart worden.