Politik | 26. Januar 2023

Lemke und Özdemir wollen raus aus Biosprit

Von AgE
Die Bundesminister Steffi Lemke und Cem Özdemir halten an ihrem Ziel fest, aus der Nutzung der Biokraftstoffe auf der Basis von Anbaubiomasse auszusteigen. Die Umweltministerin will bis 2030 bei null sein.
„Die Emissionsreduktionsziele sind nur durch Beimischungen von Biokraftstoffen zu erreichen”, stellte DBV-Präsident Rukwied fest.
Lemke kündigte beim Agrarkongress ihres Hauses am 17. Januar in Berlin an, sie werde zeitnah dem Kabinett dazu einen Gesetzesvorschlag unterbreiten. Die Umweltministerin strebt eigenen Angaben zufolge weiterhin eine schrittweise Absenkung der Biokraftstoffquote bis 2030 auf null an. Im Gegenzug werde man verbesserte Anreize für den Einsatz von Biokraftstoffen auf der Basis von Rest- und Abfallstoffen schaffen.
Die Grünen-Politikerin ließ offen, ob es dazu bereits Einvernehmen mit dem Bundesverkehrsminister gibt. Allerdings geht sie davon aus, dass ihr Vorschlag „innerhalb des Kabinetts Diskussionen auslösen wird”.
Die Äußerungen lösten bei Branchenverbänden Kritik aus. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, äußerte  sich gegen den Vorstoß, ebenso  die Präsidentin des Verbandes der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland (OVID), Jaana Kleinschmit von Lengefeld.
Neue strategische Allianz
Lemke und Özdemir bekräftigten auf dem Agrarkongress die enge Zusammenarbeit ihrer Ministerien. Beide sprachen von einer „neuen strategischen Allianz” zwischen Umwelt-, Natur- und Klimaschutz sowie der Landwirtschaft. „Gerade krisenhafte Zeiten erfordern den Schulterschluss von Umwelt und Landwirtschaft”, sagte Lemke. Der Erhalt der Artenvielfalt, der Schutz des Klimas sowie die Reinhaltung von Wasser, Boden und Luft kämen auch der Landwirtschaft und der Ernährungssicherheit zugute. Dazu gehöre, Nährstoffüberschüsse sowie die Verwendung und das Risiko des Pflanzenschutzmitteleinsatzes bis 2030 zu halbieren, durch ökologische Ansätze und Produktionsweisen die Landwirtschaft widerstandsfähiger zu machen und den Schutz der Böden als natürliche Lebensgrundlage mit einer großen biologischen Vielfalt voranzutreiben, gerade auch mit gezielten Maßnahmen des natürlichen Klimaschutzes.
„Damit gehen wir die miteinander verbundenen ökologischen Krisen gemeinsam an und sorgen für eine nachhaltige und krisenfeste Landwirtschaft”, so die Ministerin. „Eine krisenfeste Landwirtschaft ist auf funktionierende Ökosysteme angewiesen”, stellte Özdemir fest. Umwelt und Landwirtschaft seien gemeinsam gefordert, diese Lebensgrundlagen zu erhalten, als Voraussetzung eines nachhaltigen Ernährungssystems.
Vorsorgeprinzip gilt
Eine Absage erteilte Lemke einer Lockerung des EU-Gentechnikrechts, um die Anwendung neuer Züchtungsmethoden zu erleichtern. „Das Vorsorgeprinzip gilt”, betonte die Umweltministerin. Sie könne sich nicht vorstellen, dass Deutschland davon abrücken werde. Aus ihrer Sicht bestehe daher keine Notwendigkeit für eine Novellierung der geltenden Rechtsgrundlage. Özdemir zeigte sich dagegen erneut offen gegenüber neuen gentechnischen Verfahren. Er sei weiterhin dabei, sich eine Meinung zu bilden. Der Landwirtschaftsminister sprach allerdings von einem „Versprechen auf eine ferne Lösung”. Das dürfe nicht davon abhalten, bereits heute aktiv zu werden.
Der Minister bekräftigte in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, die Forschungsmittel für den Ökolandbau auszudehnen. Das 30-Prozent-Ziel müsse sich auch im Forschungsetat niederschlagen. Nur so werde es gelingen, die Ertragsrückstände im Ökoanbau zu verkleinern.
Flächen für Ernährung gewinnen
Forderungen nach einer erneuten Aussetzung der Vier-Prozent-Stilllegung im nächsten Jahr wies Özdemir zurück. Die diesjährige Regelung sei eine einmalige Ausnahme. Für erforderlich hält der Minister Änderungen beim Brüsseler Verordnungsvorschlag zum nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (SUR). Dabei gehe es um die Definition sensibler Gebiete, die Berücksichtigung bereits erreichter Fortschritte bei der Pflanzenschutzreduzierung sowie um tragfähige Lösungen für Sonderkulturen wie Obst und Gemüse.
„Die Emissionsreduktionsziele sind nur durch Beimischungen von Biokraftstoffen zu erreichen”, stellte DBV-Präsident Rukwied bei der Eröffnungspressekonferenz der Grünen Woche fest. Rukwied hob zudem den Mehrwert der Koppelprodukte hervor und betonte, dass die Landwirtschaft ein komplexes System sei, dem in der Diskussion Rechnung getragen werden müsse. „Die Politik muss raus aus der Ideologiekiste”, so die Botschaft des Bauernpräsidenten.