Pflanzenbau | 04. April 2022

Landwirtschaft liefert Grundwasser

Von Hubert God, BLHV
Trotz Wasserentnahmen aus dem Grundwasser liefert die Landwirtschaft insgesamt mehr, als sie verbraucht. Das wird deutlich, wenn man ihre Leistungen für die Neubildung von Grundwasser genauer betrachtet.
Landwirtschaft und Wasser – ein weites Feld.
Die landwirtschaftliche Nutzung erbringt gegenüber dem natürlichen Urzustand eines Buchenwaldes in Baden-Württemberg jährlich rund eine Milliarde Kubikmeter zusätzliche Grundwasserneubildung.
Dabei wird die erhöhte Neubildung von Grundwasser in der heute vorherrschenden Kulturlandschaft verglichen mit der früheren Naturlandschaft, die vorwiegend aus Buchenwäldern bestand. Der Wald hält zwar viel Niederschlag zurück. Er verdunstet aber auch sehr viel Wasser. Im Ergebnis bleibt unter den Bäumen dann weniger für das Grundwasser übrig als unter landwirtschaftlicher Fläche.
Messungen, in denen relativierende Effekte wie Abflüsse bei extremen Starkregen und Bodenverdichtungen bereits eingepreist sind, zeigen, dass die Dimension des landwirtschaftlichen Beitrags mit rund 100 Litern je Quadratmeter und Jahr bemerkenswert hoch ist.
Die Berücksichtigung dieses für die Landwirtschaft sehr positiven Umstandes in der Niedrigwasserstrategie des Landes sollte allein schon wegen seiner Größenordnung unverzichtbar sein. Und es sollte hieraus mehr abgeleitet werden als die Konsequenz, dass die Aufforstung von Ackerflächen vermieden werden sollte. Betrachtet man die jährliche Spende von einer Milliarde Kubikmeter Wasser im Lichte des anerkannten Grundsatzes, dass die Entnahme die Neubildung nicht übersteigen darf, so hätte die Landwirtschaft beim Wasserverbrauch – einschließlich Viehhaltung und Beregnung – noch viel Spielraum,  bis diese Nutzungen das Niveau der geleisteten zusätzlichen Neubildung erreichen.
Das kann natürlich kein Freibrief sein, auf Überlegungen für vorsorgende Maßnahmen des Wassersparens zu verzichten. Wenn man aber sieht, dass andere Gewässernutzer keine solche Spende einbringen, sollte die Landwirtschaft sich doch erhoffen dürfen, nicht über einen Kamm mit anderen Verbrauchern bei den Anforderungen der Wasserentnahmeerlaubnis geschoren zu werden.
Zitate zum Thema
Zu diesem Thema sind nachfolgend einige Zitate mit Quellenangaben zusammengestellt.
  • „Unter den aktuellen klimatischen Bedingungen ergibt sich für Wald gegenüber Grünland eine um rund 60 mm, gegenüber Ackerland um etwa 120 mm geringere Sickerwasserrate. Unter den zukünftigen klimatischen Bedingungen wird ein signifikanter Anstieg der Differenz um 6 bis 7 mm erwartet.” Quelle: TdH_2018_Tagungs band_Abstract.pdf (nw-fva.de)
  • „Ein Vergleich der Grundwasserneubildungsraten verschiedener Landoberflächen in der Rhein-Main-Ebene ergab, daß von 663 mm Jahresniederschlag aus Wäldern durchschnittlich etwa 90 % verdunstete und nur 1/10 zur Grundwasserneubildung beitrug, aus Grünland dagegen 1/4 und aus Acker 1/3 [77]. Diese Größenordnungen werden durch die Ergebnisse anderer Autoren bestätigt [32, 33, 68, 69]. Gebietsweise kann aber die landwirtschaftliche Bewässerung ebenfalls mit zum Absinken des Grundwasserspiegels beitragen [21].” Quelle: Umweltwirkungen der Aufforstung ackerbaulich genutzter Flächen (thuenen.de). Hieraus abgeleitete Berechnung:
  • Wald: 663 mm × 1/10 = 66 mm
  • Grünland: 663 mm × 1/4 = 166 mm, also 100 l/m2 mehr als Wald
  • Acker: 663 mm × 1/3 = 220 mm, also 154 l/qm mehr als Wald.
  • „Messungen bringen den Beweis. In der Nähe der Stadt Rheine im Münsterland wurden diese Unterschiede in der Grundwasserneubildung über einen Zeitraum von 30 Jahren präzise gemessen. Die Großlysimeter von St. Arnold (Lysimeter = ein Gerät zur Ermittlung der Versickerungsrate) bestimmten langfristig den Wasserhaushalt unter verschiedenen Kulturen. Ergebnis: Bei gleichen Niederschlägen von durchschnittlich 780 Millimetern im Jahr wurde unter Gras jährlich mit 425 Millimetern mehr als doppelt so viel Grundwasserneubildung gemessen wie unter Fichte – 186 Millimeter.”
Auf den Getreideanbau übertragen fallen die Verhältnisse entsprechend deutlich aus. Hans-Georg Frede fasst zusammen: „Grundwasserneubildung ist ein Produkt der Landwirtschaft.” Diese Leistung könnten sich die Landwirte ganz sicher als ihr Verdienst anrechnen. Wenn man sich die Landbewirtschaftung in Deutschland einmal wegdenkt, führt der Wissenschaftler den Gedanken weiter, „wären weit über 90 Prozent der Landesfläche von Wald bedeckt”. Diese natürliche Vegetation ließe den Wasserhaushalt gewiss ganz anders aussehen – nicht zuletzt zu Lasten der gesicherten Trinkwasserversorgung. Grundwasserneubildung – Landwirte sind auch Wasserwirte, Industrieverband Agrar (iva.de).