Der jahrelange Rechtsstreit ist beendet: Die EU-Kommission hat letzte Woche ihr Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen unzureichender Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie eingestellt. Dafür spielte möglicherweise auch die Novelle des Düngegesetzes eine Rolle.
Es ist nicht sicher, ob die Novelle des Düngegesetzes noch vor der Sommerpause abgeschlossen werden kann.
Insgesamt stünden die Regelungen nun im Einklang mit der Nitratrichtlinie, erklärte eine Sprecherin der Kommission gegenüber dem Nachrichtendienst Agra-Europe. Durch die Anpassung der Vorschriften werde sichergestellt, dass die negativen Auswirkungen auf Böden und Gewässer verringert würden. Beispielhaft seien:
- längere Sperrzeiten,
- das Verbot für das Ausbringen auf gefrorenen Böden,
- strengere Vorgaben für Hanglagen und
- die Neuausweisung der Roten Gebiete und die damit verbundene Vorgabe, den Düngebedarf im Durchschnitt der belasteten Flächen um 20 % zu verringern.
Politik und Verbände reagierten erleichtert. Damit zeige sich, dass Deutschland den richtigen Weg eingeschlagen habe, erklärten die Bundesminister Cem Özdemir und Steffi Lemke. In den vergangenen Jahren seien die Düngeregeln zwar immer wieder verändert worden, allerdings nicht ausreichend und verlässlich genug.
Stoffstrombilanzierung
Der Vorsitzende der Agrarministerkonferenz (AMK),
Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Werner Schwarz, sprach von
einem „ersten Meilenstein” und einem wichtigen Signal für die Landwirte.
Im nächsten Schritt müsse es nun darum gehen, ein Verfahren zu
etablieren, das die Betriebe entlaste, die nachweislich gewässerschonend
wirtschafteten. Voraussetzung dafür seien eine Stoffstrombilanzierung
und die Einführung eines Wirkungsmonitorings.
Für den Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard
Krüsken, war die Entscheidung „längst überfällig”. Nun sei es möglich,
wieder zu geordneten rechtsstaatlichen Verfahren im Düngerecht
zurückzukehren, „weil die EU-Kommission nicht mehr auf Zuruf Änderungen in der Düngeverordnung durchdrücken kann.”
Für die Einstellung des Verfahrens spielte möglicherweise auch die
Novelle des Düngegesetzes eine Rolle, die am vergangenen Mittwoch im
Bundeskabinett beschlossen worden ist. Mit der Neuregelung soll zum einen die rechtliche Voraussetzung für eine geplante Änderung der Stoffstrombilanz-Verordnung geschaffen werden. Zum
anderen soll die Novelle die Möglichkeit eröffnen, eine Verordnung zum
Wirkungsmonitoring der Düngeverordnung vorzulegen. Mit dieser Verordnung
sollen die Düngedaten landwirtschaftlicher Betriebe künftig
nachvollzogen und bewertet werden können. Die Betriebsdaten sollen
„mittelfristig” die Basis bilden, Betriebe zu entlasten, die
wasserschonend arbeiten.
Bundesagrarminister Cem Özdemir wies darauf hin, dass nunmehr
Strafzahlungen gegen Deutschland abgewendet seien. Er sieht die Novelle
als einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einer zukunftsfesten
Düngepraxis. Für ihn ist die Einstellung des Verfahrens allerdings
lediglich ein Etappenziel und nicht das Ende. Jetzt gehe es darum, mit
zukunftsfesten Düngeregeln die Umwelt zu schützen und der Landwirtschaft
Verlässlichkeit zu geben.
Mehrfach verschoben
Unwahrscheinlich ist allerdings, dass der
ursprüngliche Zeitplan eingehalten und das Gesetzgebungsverfahren noch
vor der Sommerpause abgeschlossen werden kann. Aufgrund von Bedenken der
FDP-Ministerien war die Kabinettsbefassung mehrfach verschoben worden.
Aus Sicht von DBV-Generalsekretär Krüsken bleibt es notwendig,
einzelbetriebliche und verursachergerechte Klauseln für gewässerschonend
wirtschaftende Landwirte statt Pauschalauflagen in Roten Gebieten
einzuführen. Seiner Auffassung nach sollte auch die Derogationsregelung
für Wirtschaftsdünger und Gärreste wie bereits in der Düngeverordnung
vorgesehen ermöglicht und bei der EU-Kommission beantragt werden. Er rief die Ampelkoalition dazu auf, den vorgelegten Entwurf für eine
Novelle kritisch zu prüfen. Anpassungen seien vor allem im Hinblick auf
die vorgesehene Einführung einer flächendeckenden Einführung der
Stoffstrombilanz und einzelbetrieblichen Ausnahmen in Roten Gebieten
erforderlich.