Politik | 07. April 2022

Länderminister streiten ergebnislos um Nutzung von Brachflächen

Von AgE
Die Länderagrarminister haben sich vorige Woche nicht auf eine gemeinsame Position zur Nutzung der brachliegenden ökologischen Vorrangflächen (ÖVF) in diesem Jahr einigen können. Die Grünen-Ressortchefs sperrten sich gegen eine Freigabe zum Anbau.
Einmütig unterstützt wurde von der Agrarministerkonferenz die angestrebte Aufstockung der Brüsseler Krisenmittel für die Landwirtschaft auf 180Millionen Euro.
Während die Minister von SPD, Union, FDP und der Linken am vergangenen Freitag bei der Agrarministerkonferenz (AMK) eine Freigabe der Brachflächen zum Anbau befürworteten, lehnten die Grünen-Minister dies einhellig ab. Wegen des in der AMK geltenden Einstimmigkeitsprinzips kam kein Beschluss zustande.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir begründete die Position im Anschluss an die Konferenz gegenüber Journalisten mit dem Hinweis, dass der Schaden einer Bewirtschaftung der Brachflächen insbesondere für die Biodiversität größer sei als der mögliche Nutzen einer vergleichsweise geringen zusätzlichen Erzeugung von lebensmitteltauglichen Kulturen. Ähnlich äußerte sich Sachsens Agrarminister Wolfram Günther.
Backhaus und Hauk unisono
Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Landwirtschaftsminister Till Backhaus kritisierte die Argumentation der Grünen als „ideologiebehaftet” und sprach von einer „komplizierten Sitzung”. Backhaus betonte ebenso wie sein baden-württembergischer CDU-Amtskollege Peter Hauk die Verantwortung, angesichts der weltweiten Verwerfungen auf den Agrarmärkten die  Potenziale zur Produktionssteigerung zu mobilisieren. „Die Folgen des Ukraine-Krieges für die Ernährungssicherheit sind auch ein Mengenproblem”, stellte Hauk fest. Der AMK-Vorsitzende, Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister Sven Schulze, bedauerte die Uneinigkeit in dieser Frage. Er wies aber zugleich darauf hin, dass die Ressortchefs sich einmütig zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und zum Green Deal einschließlich der Farm-to-Fork-Strategie bekannt hätten.
Die unterschiedlichen Positionen der G-Länder auf der einen und der übrigen Länder auf der anderen Seite waren zuvor bereits im Agrarausschuss des Bundesrats zutage getreten.
Entscheidung des Bundesrats offen
Im Umlaufverfahren sprach sich eine Mehrheit von neun zu sieben Stimmen dafür aus, den von der EU-Kommission gewährten Spielraum zur Nutzung der Brachflächen in Deutschland vollumfänglich zu nutzen. In seinem Beschluss empfiehlt der Ausschuss, die Brachflächen in diesem Jahr für die Bewirtschaftung freizugeben und auf diesen Flächen die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln zu erlauben. Der Antrag war von den Ländern mit unionsgeführten Landwirtschaftsministerien, also Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt, sowie von Rheinland-Pfalz mit dessen FDP-Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium vorgelegt worden. In der Abstimmung votierten auch die SPD-Länder Mecklenburg-Vorpommern und Saarland sowie Thüringen für den Mehrländerantrag. Geschlossen dagegen stimmten Brandenburg, Hessen, Sachsen und Schleswig-Holstein sowie die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen.
Wie die Abstimmung am 8.April  im Plenum ausfallen wird, war bei Redaktionsschluss der BBZ am 6. April  nicht vorherzusagen. Über das Abstimmungsverhalten entscheiden die jeweiligen Landeskabinette. Abzuwarten bleibt, ob sich die Koalitionsregierungen mit grüner Beteiligung wie bei abweichenden Auffassungen üblich im Bundesrat enthalten werden. Özdemir ließ offen, ob die Bundesregierung ihre Vorlage in Kraft setzen wird, sollte diese nach Maßgabe der Ausschussempfehlung beschlossen werden.
Einmütig unterstützt wurde von der Agrarministerkonferenz die von Özdemir angestrebte Aufstockung der Brüsseler Krisenmittel für die Landwirtschaft auf 180 Millionen Euro. Backhaus appellierte an den Bundesminister, die noch vom Bundestag in einem Nachtragshaushalt zu beschließenden Hilfen möglichst schnell auf den Weg zu bringen. Nach seinen Vorstellungen sollte das Geld eingesetzt werden, tierhaltende Betriebe zu unterstützen, die Bundesmittel zur Landwirtschaftlichen Unfallversicherung (LUV) aufzustocken und eine „energetische Absicherung” von Betrieben zu finanzieren.
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, bekräftigte anlässlich der AMK seine Forderung, einen erheblichen Teil der Mittel für die Unfallversicherung zu verwenden, um in der Fläche eine wirksame Entlastung der Betriebe zu erreichen. Die weiteren Mittel sollten dafür eingesetzt werden, die Auswirkungen der enorm gestiegenen Energie- und Treibstoffpreise abzumildern.
Einigkeit beim Umbau der Tierhaltung
Einigkeit demonstrierten die Länderminister im Hinblick auf den Umbau der Tierhaltung. Hier sehen alle die Notwendigkeit, zügig konkrete Schritte einzuleiten. Hauk sprach von einem klaren Signal der Agrarministerkonferenz, das Borchert-Konzept umzusetzen. Entscheidend sei eine Verständigung innerhalb der Bundesregierung auf ein Finanzkonzept. Zudem müssten bau- und immissionsschutzrechtliche Hürden für Stallbauten beseitigt und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Minister Özdemir wertete den Beschluss als Rückenwind für seine Verhandlungen in der Koalition.
„Insgesamt enttäuschend”
Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), wertete den Ausgang der Agrarministerkonferenz als insgesamt enttäuschend.
Dass bei der Ausgestaltung der GAP in Deutschland und den Herausforderungen durch den Krieg nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft würden, sieht Rukwied kritisch. „Die Transformation der Landwirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit muss weitergehen, dazu stehen wir, aber wir haben kein Verständnis dafür, dass die Vorgaben aus Brüssel zur verstärkten Nutzung von Brachen und ökologischen Vorrangflächen  nicht vollumfänglich in Deutschland umgesetzt werden”, erklärte Rukwied.