Politik | 04. Oktober 2023

Länder fordern Entgegenkommen

Von AgE
Angesichts der drohenden Kürzungen in der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) sowie der offenen Finanzierungsfrage beim Umbau der Tierhaltung suchten die Länderagrarminister bei ihrem Herbsttreffen in Kiel den Schulterschluss.
Erklärungen in Kiel: Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (links) und Werner Schwarz, Gastgeber und Vorsitzender der Agrarministerkonferenz. Schwarz forderte, die geplanten Kürzungen bei der Gemeinschaftsaufgabe (GAK) zurückzunehmen.
Man sei sich einig, dass die GAK-Mittel grundsätzlich nicht gekürzt werden sollten, sagte der Vorsitzende der Agrarministerkonferenz (AMK), Werner Schwarz. Die Länder hätten die Erwartung, dass die geplante Absenkung der Bundesmittel um annähernd 300 Millionen Euro in den laufenden Verhandlungen über den Bundeshaushalt 2024 rückgängig gemacht werden, sagte der schleswig-holsteinische Landwirtschaftsminister zum Abschluss der AMK. Anderenfalls hätte dies massive Auswirkungen für die Umsetzung zahlreicher Fördervorhaben zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse im ländlichen Raum, zur nachhaltigen Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe und zum klimaangepassten Waldumbau. Inhaltsgleich äußerte sich sein baden-württembergischer Amtskollege Peter Hauk gegenüber der Presse.
Einvernehmen erzielten die Ressortchefs beim Umbau der Tierhaltung. Ihrem Beschluss zufolge sollen die Empfehlungen der Borchert-Kommission die maßgebliche Richtschnur für die Weiterentwicklung bleiben. Darin wird eine wesentliche Voraussetzung gesehen, den Tierhaltern Zukunftsperspektiven in einem sich ändernden Markt zu eröffnen. Keinen Dissens gibt es zwischen den Ländern in der Frage der Finanzierung. Sie appellierten an den Bund, endlich ein langfristiges Finanzierungskonzept mit der dazugehörigen Mittelausstattung vorzulegen.
Richtungsweisende Beschlüsse
AMK-Vorsitzender Schwarz zeigte sich insgesamt zufrieden mit den Ergebnissen des Treffens. Insbesondere im Bereich der Tierhaltung habe es „richtungsweisende Beschlüsse” gegeben. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir wertete die Forderungen nach einem langfristigen Finanzierungskonzept für den Umbau der Tierhaltung sowie nach einer Rücknahme der Kürzungen in der GAK als „Rückenwind für die Verhandlungen in Berlin”.
„Mehr Gemeinsames als Trennendes”
Insgesamt gebe es zwischen Bund und Ländern „mehr Gemeinsames als Trennendes”. Auch Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber zeigte sich angetan von Verlauf und Ausgang der Konferenz. Die Minister hätten sich besonnen, so die CSU-Politikerin. Die derzeit schwierige Lage der Landwirtschaft sei allem Anschein nach bei allen angekommen.
Als gutes Zeichen wurde in der AMK gewertet, dass in die Verhandlungen um die Mittelkürzungen bei der GAK offenbar Bewegung gekommen ist. Wie zuvor in Berlin bekannt geworden war, soll der Sonderrahmenplan zur Bewältigung von Extremwetterereignissen unter dem Dach der GAK nun doch fortgeführt werden. Die Mittel sollen im Rahmen eines „haushälterischen Ringtauschs” aus dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) kommen, dessen Federführung beim Bundesumweltministerium liegt. Die Zustimmung des Bundesfinanzministeriums wird erwartet. Özdemir hatte die Verständigung mit seiner Kabinettskollegin Lemke beim Grummet-Fest des Deutschen Bauernverbandes (DBV) verkündet. Sie war später von Haushaltspolitikern der Koalition bestätigt worden.
Gemeinsam gegen Streichungen bei der GAK
„Die geplanten Streichungen bei der Gemeinschaftsaufgabe ,Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK)‘ durch die Bundesregierung machen bereits erreichte Ziele wieder zunichte und schwächen die Landwirtschaft und den ländlichen Raum enorm”, erklären die im Veränderungsdialog Baden-Württemberg versammelten Organisationen  BLHV,  Landesbauernverband in Baden-Württemberg (LBV),  Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau (AÖL) und  Naturschutzbund (NABU) Baden-Württemberg. Sie fordern die Agrarminister der Länder und den Bundesminister anlässlich ihrer Herbstkonferenz in Kiel nachdrücklich auf, sich gegen diese Kürzungen zu stellen.
Die Initiative der genannten Organisationen entwickelt Lösungsansätze für eine zukunftsfähige Landwirtschaft und setzt sich für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen ein. „Die vorgeschlagenen Kürzungen gefährden unsere Bestrebungen, den Landwirtinnen und Landwirten in Baden-Württemberg eine sichere wirtschaftliche Zukunft zu bieten und gleichzeitig die Umwelt sowie die natürlichen Ressourcen zu schützen”, warnen die Verbandsvertreter.
BLHV-Präsident Bernhard Bolkart fügt hinzu: „Sparen an der falschen Stelle kann uns alle langfristig teuer zu stehen kommen. Es ist an der Zeit, dass unsere Agrarpolitik beiden – Landwirtschaft und Umwelt – gerecht wird.” Auch Jürgen Maurer, Vizepräsident des LBV, warnt vor den Auswirkungen: „Die geplanten Kürzungen verspielen leichtsinnig die von Politik und Gesellschaft geforderte zukunftsorientierte Ausrichtung unserer Landwirtschaft.”
„Wenn die selbsternannte Fortschrittskoalition bei den Förderprogrammen zum nachhaltigen Umbau der Landwirtschaft den Rotstift ansetzt, gewinnt sie dabei nichts, denn sie verspielt im ländlichen Raum das Vertrauen in die Regierung”, erklärt der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle. Marcus Arzt von der Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau warnt: „Die GAK ist ein zentrales Instrument zur Finanzierung gesellschaftlicher Ziele im ländlichen Raum. Hier werden die Weichen gestellt, ob sich Ökologie und Landnutzung vereinbaren lassen. Das Modell der Kofinanzierung von Förderprogrammen gibt Verlässlichkeit und hat sich bewährt. Der Bund darf sich hier keinesfalls aus der finanziellen Verantwortung ziehen. Sonst sind zentrale Ziele für Landwirtschaft und Umwelt, auch der weitere Ausbau der ökologischen Landwirtschaft, unmittelbar gefährdet.”
Die Initiatoren des Veränderungsdialogs fordern die Agrarminister von Bund und Ländern auf, sich mit Nachdruck für den Erhalt der GAK-Mittel einzusetzen und somit ein klares Signal für die Bedeutung einer nachhaltigen Landwirtschaft zu setzen.