Politik | 26. September 2019

DBV: Kooperation vor Zwang

Von AgE
Der Deutsche Bauernverband (DBV) bleibt bei seiner harschen Kritik am Aktionsprogramm Insektenschutz. DBV-Präsident Joachim Rukwied monierte insbesondere, dass die Bundesregierung die Auswirkungen des Programms für die Landwirtschaft und für den kooperativen Naturschutz nur unzureichend abgeschätzt habe.
Verhältnis eingetrübt: DBV-Präsident Joachim Rukwied und Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner bewerten das Aktionsprogramm Insektenschutz sehr konträr.
Rukwied warnt vor enormem Schaden für den kooperativen Naturschutz, sollte dieses Programm eins zu eins umgesetzt werden. Auch werde damit vielen Agrarumweltprogrammen die Grundlage entzogen. Nach Einschätzung des Bauernverbandes wären landwirtschaftliche Flächen in einer Größenordnung von mehr als 2,3 Millionen Hektar von der Umsetzung des Programms betroffen. Hier könnte dann Landwirtschaft nur noch mit erheblichen Einschränkungen betrieben werden, erläuterte Rukwied.

Programm grundsätzlich überprüfen
Der Verbandspräsident betonte erneut, dass der Schutz von Insekten und die Förderung der Biodiversität von der Landwirtschaft unterstützt und zunehmend in der Praxis mit praktikablen und wirtschaftlich tragfähigen Maßnahmen umgesetzt würden. Man wolle jedoch das Prinzip der Kooperation zwischen Landwirtschaft und Naturschutz erhalten und nicht durch Verbotspolitik in Frage stellen. Das Programm müsse daher einer grundsätzlichen Überprüfung unterzogen und überarbeitet werden, so dass der Kooperation ausdrücklich Vorrang vor dem Ordnungsrecht eingeräumt werde, fordert Rukwied. Nach Einschätzung des Bauernverbandes wird durch das Aktionsprogramm nicht nur das Prinzip des kooperativen Naturschutzes ausgehebelt. Fachlich überzogen. Ihm zufolge bedeuten die geplanten Rahmenbedingungen außerdem ein faktisches Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten und erhebliche Einschränkungen der landwirtschaftlichen Nutzbarkeit von Streuobstwiesen und artenreichem Grünland, da diese Flächen per Gesetz pauschal unter Schutz gestellt werden sollen. Laut DBV ist auch die Verpflichtung zur Einhaltung von 5 m beziehungsweise 10 m breiten Gewässerrandstreifen fachlich überzogen und konterkariert den kooperativen Gewässerschutz.
 
Ministerium: „Überzogene Aussagen”
Mehr Sachlichkeit in der Diskussion um das Aktionsprogramm Insektenschutz fordert das Bundeslandwirtschaftsministerium vom Deutschen Bauernverband (DBV). Staatssekretär Hermann Onko Aeikens wirft DBV-Präsident Joachim Rukwied überzogene Aussagen zu den möglichen Folgen der geplanten Bewirtschaftungseinschränkungen vor. Dessen Angaben sowohl zum Umfang der betroffenen Flächen als auch über den für diese zu erwartenden Wertverlust entbehrten jeglicher Grundlage, so Aeikens in einem  Brief an den DBV-Präsidenten. Der Staatssekretär nannte Warnungen vor einem Wertverlust landwirtschaftlicher Flächen in Höhe von 30 Milliarden Euro „nahezu grotesk übertrieben”. Anders als behauptet sei vorgesehen, nur auf Ackerland in Fauna-Flora-Habitat-(FFH-)Gebieten Herbizide sowie biodiversitätsschädigende Insektizide zu verbieten, betonte Aeikens. Zudem seien nicht alle Pflanzenschutzmittel betroffen. Die Ackerflächen umfassen dem Staatssekretär zufolge 158000 ha; hinzu kämen rund 1,1 Millionen Hektar Dauergrünland. Die dort zu erwartenden Einschränkungen seien um ein Vielfaches geringer als auf Ackerland, weil auf Dauergrünland Herbizide und Insektizide nicht nennenswert angewandt würden. Schließlich müsse berücksichtigt werden, dass schon jetzt ein Teil der Flächen in FFH-Gebieten Bewirtschaftungseinschränkungen unterliege. Ihm sei  „absolut schleierhaft”, wie Rukwied auf einen Wertverlust von 10000 Euro pro Hektar komme, erklärte Aeikens.
Rukwied hatte bei der Eröffnung des traditionellen DBV-„Grummetfests” vergangene Woche in Berlin seine Kritik an Teilen des vom Kabinett beschlossenen Insektenschutzprogramms bekräftigt und dabei insbesondere auf die Folgen der geplanten Beschränkungen für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten abgehoben.