Betrieb und Wirtschaft | 29. Juni 2017

Klares Votum für den Omira-Verkauf

Von Matthias Borlinghaus
Bei der Gesellschafterversammlung der Omira vergangene Woche in Weingarten gab es 97,8 Prozent Zustimmung für die Übernahme durch die französische Lactalis-Gruppe. Ab September soll dann die Milchpreis-Garantie gelten.
„Bei allen Emotionen im Vorfeld: In der Summe ist es sehr gut über die Bühne gegangen. Es wurden kritische Fragen gestellt und beantwortet. Die Zustimmung ist groß und wir sind jetzt auf einem zukunftsweisenden Weg ”, meinte Wolfgang Kleiner vom Omira-Aufsichtsrat am Ende der  Versammlung.  75 % Zustimmung wären nötig gewesen.
 „Manche bejubeln die Übernahme, andere denken immer noch, dass man die Sache anders hätte regeln können”, berichtete ein Teilnehmer. Insgesamt seien die Diskussionen sachlich geblieben, es gab keine heftigen Emotionen,  hieß es im Anschluss an die  Veranstaltung gegenüber den Pressevertretern, die nicht an der Versammlung teilnehmen durften. Mit auf der Tagesordnung stand auch die Vorstellung der Lactalis-Gruppe durch einen Vertreter des Unternehmens.
Lactalis – hier ein Bild vom Hauptsitz des Unternehmens im westfranzösischen Laval – hat künftig in Ravensburg das Sagen. Der im Besitz der Familie Besnier befindliche Konzern kam 2016 auf einen Umsatz von 17,3 Milliarden Euro.

Härle stellt die Vertrauensfrage
Laut Omira-Pressemitteilung wurden der Aufsichtsratsvorsitzende Erich Härle sowie der komplette Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2016 entlastet. Härle wurde in der Versammlung auch persönlich nicht geschont und musste sich kritischen Fragen stellen. Er stellte den Gesellschaftern die Vertrauensfrage zu seiner Person. Diese sprachen ihm mit 86,5%  das Vertrauen   aus. Härles Fazit lautet: „Mit Lactalis haben wir einen weiteren wichtigen Player in der Region und damit mehr Wettbewerb um den Rohstoff Milch.” Das verbessere die Perspektiven für alle Milcherzeuger.
Mit dem Gesamtergebnis hochzufrieden zeigte sich Geschäftsführer Ralph Wonnemann. Ihm selbst wurde allerdings die Entlastung für das Jahr 2016 mit  knappem Ergebnis verweigert. Wonnemann zeigte sich darüber unmittelbar nach der Veranstaltung enttäuscht. Von verschiedenen Seiten hatten sich allerdings auch Teilnehmer klar hinter den Geschäftsführer gestellt.
  Was geschieht nun? Nach der notwendigen formalen Zustimmung des Kartellamts, die im  August zu erwarten sei, werde  der Geschäftsbetrieb mit den Beschäftigungsverhältnissen auf die Omira Industrie GmbH übertragen. Im nächsten Schritt übernimmt die Lactalis-Gruppe  die Omira Industrie GmbH.
Die Omira Oberland-Milchverwertung GmbH werde  eigenständig im Eigentum der Milcherzeuger verbleiben und ausschließlich für die Beschaffung und Verwaltung der Rohmilch zuständig sein. Sie wird weiterhin die Milchmengen aller Omira-Lieferanten sowie der angeschlossenen Genossenschaften bündeln und die Milch dann selbstständig an die Lactalis-Gruppe verkaufen. Vertreten wird die Omira  Oberland-Milchverwertung GmbH  weiterhin durch die Mitglieder des aktuellen Aufsichtsrats.
Die Verträge zwischen den Milcherzeugern sowie den angeschlossenen Genossenschaften und der Omira Oberland-Milchverwertung GmbH bleiben inklusive der bisherigen Kündigungsfristen unverändert bestehen. Ab dem 1.September  gelten dann  die vertraglich von der Lactalis-Gruppe zugesicherten Milchpreisgarantien mindestens bis 31.12.2027.  Ein zentraler Punkt der Gesellschafterversammlung war die Abstimmung über das Zukunftspaket, das die Übernahme der Omira durch die Lactalis-Gruppe vorsieht. Wichtige Bestandteile dieses Paketes sind der Omira zufolge:  
• die Sicherung eines auf lange Sicht hohen Milchgeldes für alle Milcherzeuger. Es wird allen Omira-Milcherzeugern für mindestens zehn Jahre ein Milchpreis garantiert, der dem Milchpreisindex AMI-Bayern entspricht und zuzüglich der für die Landwirte individuellen Omira-Zuschläge, wie Mengenzuschlag und GVO-Zuschlag, über dem bayerischen Durchschnitt liegen wird;
• die Rückzahlung der Geschäftsguthaben an die Milcherzeuger;
• der Zugang zu internationalen Märkten und damit Schaffung neuer Absatzkanäle;
• die Weiterentwicklung und Investition in die Standorte Ravensburg (Bereich Pulver & Ingredients) und Neuburg (Frische).
Trotz der turbulenten Rahmenbedingungen sei es gelungen,  das Unternehmen  ergebnismäßig und bilanziell stabil zu halten, so das Fazit  der Omira zum Geschäftsverlauf im Jahr 2016.  Die Omira-Gruppe schloss bei einem Umsatz in Höhe von 420 Mio. Euro das Jahr mit einem  Überschuss  von 1,6 Mio. Euro ab.
Unter Berücksichtigung aller  Zuschläge und inklusive des Alpenmilchbonus  errechnet sich für 2016 ein durchschnittlicher Milchpreis (4,2% Fett und 3,4 % Eiweiß) von netto 27,72 Cent/kg (2015: 31,53 Cent/kg).
Die Eigenmilch-Anlieferung  ging in 2016  auf 810 Mio. kg zurück. 2017 werden voraussichtlich 750 Mio. kg verarbeitet. Rechnet man alle aktuell vorliegenden Kündigungen mit ein, wären es zum Stichtag 1. Januar 2019 rechnerisch etwa 600 bis 650 Mio. kg. Gleichwohl rechnet man in Ravensburg durch  die Lactalis-Übernahme jetzt mit einem Ende der Kündigungswelle beziehungsweise wieder mit Neuzugängen.
 In Ravensburg will man künftig noch mehr Spezialmilchpulver herstellen.  Die Frische-Produkte wie Sahne und Joghurt gehen nach Neuburg. Omira soll als Regionalmarke weitergeführt und laktosefreie Minus L-Produkte sollen europaweit vermarktet werden.