Pflanzenbau | 06. August 2015

Keine Entwarnung vor Schnecken – trotz Trockenheit und Hitze

Von Dr. Peter Knuth, Referent für Pflanzenschutz, Regierungspräsidium Tübingen
Das wochenlange heiße und trockene Wetter bietet den Schnecken alles andere als optimale Lebensbedingungen. Dementsprechend waren bisher auch die Aktivitäten der Schädlinge sehr gering. Doch Schnecken sind Überlebenskünstler und lauern versteckt im Boden auf Regen.
Genetzte Ackerschnecke macht sich an einer Rapspflanze zu schaffen.
Der milde Winter 2014/2015 und der frühe Vegetationsbeginn in diesem Jahr haben sicher dazu beigetragen, dass sich die  Tiere im Frühjahr gut entwickeln konnten. Somit darf das Schadpotenzial für die bald anstehende Rapsaussaat nicht unterschätzt werden.
Überlebenskünstler
Winterraps – besonders die kleinen Rapskeimlinge – ist für Schnecken ein absoluter Leckerbissen. Die zarten Pflänzchen sind sehr nahrhaft und werden oft bereits abgefressen, bevor sie die Bodenoberfläche erreicht haben. So kann sehr schnell ein großer Schaden bis zum Totalausfall entstehen. Erst wenn die jungen Rapspflanzen das Vier-Blatt-Stadium erreicht haben, sind sie dem Schneckenfraß „davongewachsen”.
Anders als die Gehäuse-
schnecken haben Nacktschnecken keinen direkten Schutz vor Trockenheit und es ist eigentlich logisch, anzunehmen, dass in Trockenperioden die Population deutlich zurückgeht. Doch das ist nicht der Fall. Trockenheit überstehen die Tiere weitaus besser als anhaltende Nässe. Denn sie haben für das Überleben längerer Trockenperioden wirksame Schutzmechanismen entwickelt. Sobald die Trockenheit beginnt, ziehen sie sich in feuchte Hohlräume in tieferen Bodenschichten zurück. Besonders beliebt als Rückzugsgebiet sind unter anderem auch Regenwurmgänge. Hier können die Schädlinge auch länger im Ruhezustand überdauern und sind nach erneuten Regenfällen erstaunlich schnell wieder an der Bodenoberfläche anzutreffen. Bei anhaltender Staunässe dagegen ersticken sie in ihren Rückzugsräumen.
Ob viele oder eher weniger Schnecken im Boden vorhanden sind, ist für das potenzielle Ausmaß an Fraßschäden nicht von primärer Bedeutung.
Die Feuchtigkeitsverhältnisse des Bodens während des Keimlingstadiums der Rapspflanzen spielen eine viel entscheidendere Rolle. Selbst eine hohe Schneckendichte bleibt ohne Folgen, wenn trockene Bodenverhältnisse dafür sorgen, dass die Schnecken ihre geschützten Rückzugsräume in tieferen Bodenschichten nicht verlassen können.
Um Fraßschäden an den auflaufenden Rapspflanzen zuvorzukommen, sollte daher die Bodenfeuchtigkeit genau beobachtet werden. Ab der Saat sind die Felder sorgsam auf Befall zu kontrollieren. Im Winterraps muss immer mit Schnecken gerechnet werden und wenn sie da sind, ist schnelles Handeln notwendig. Es gibt vorbeugende und direkte, chemische Be-
kämpfungsmethoden.
Maßnahmen vor der Rapssaat
Um den Raps zu schützen, sollte man sich aber nicht alleine auf die chemische Bekämpfung verlassen. Bereits vor der Saat dienen alle Maßnahmen, die die Rückzugsmöglichkeiten einschränken, dazu, den Besatz und die Aktivität der gefräßigen Schädlinge zu reduzieren.
Daher sollte vor der Rapssaat frühzeitig mit der Bodenbearbeitung begonnen und Strohreste und Ausfallgetreide rechtzeitig eingearbeitet werden. Ziel ist eine möglichst saubere und trockene Bodenoberfläche. Unerlässlich ist auch das Rückverfestigen des Saatbettes mithilfe eines Krumenpackers oder gleichartig wirkender Geräte nach jedem Arbeitsgang. Ein auf diese Weise hergestelltes feinkrümeliges und klutenfreies Saatbett enthält weniger Hohlräume im Oberboden, in die sich die Schnecken verkriechen können. Ähnlich wirkt das Walzen nach der Saat.
Eine Düngung  mit 250 kg/ha Kalkstickstoff unmittelbar zur Rapssaat kann unter Umständen eine Reduktion von jungen Schnecken und Eiern bewirken. Der Erfolg ist aber sehr stark von der Bodenfeuchtigkeit abhängig und selbst bei optimalen Bedingungen reicht diese Maßnahme alleine nicht aus. Nur durch eine sinnvolle Kombination von vorbeugenden ackerbaulichen Maßnahmen mit gezielten Bekämpfungsmaßnahmen im Keimlingsstadium des Rapses können Schäden durch Schneckenfraß im Herbst sicher vermieden werden.
Auf Befall gefasst sein
In Deutschland kommen mehrere Schneckenarten vor. Besonders gefährlich sind die kleinen Ackerschnecken: die Genetzte Ackerschnecke und die Graue Ackerschnecke. Die Genetzte Ackerschnecke ist rund 5 bis 7 cm lang und die häufigste und gefährlichste Art. Sie kann in wenigen Tagen Strecken von 40 bis 80 m zurücklegen und daher schnell große Flächen besiedeln. Das Aussehen der Genetzten Ackerschnecke geht von gelblich-weiß über grau bis hin zu einer rötlich-braunen Färbung. Typisch für diese Art sind aber die immer vorhandenen dunklen Flecken auf dem Rücken.
Die Graue Ackerschnecke ist gelblichweiß bis hellbraun gefärbt und etwas kleiner.
Die sehr viel größeren, bis 15 cm langen,  rotbraun oder rot gefärbten Spanischen Wegschnecken und Roten Wegschnecken sind häufig am Rand der Felder zu finden. Die Wegschnecken wandern vor allem aus benachbarten Böschungen und Gräben in die Kultur ein. Treten in erster Linie Wegschnecken auf, reicht unter Umständen eine Randbehandlung aus.
Schnecken sind nicht nur nach Regenfällen aktiv, auch wenn man sie da besonders leicht entdecken kann. Auch bei vermeintlich trockener Witterung sorgt nachts oft schon die Taubildung für genügend Feuchtigkeit, so dass die Tiere  munter werden und fressen. Um die Aktivität in einem Feld zu überprüfen, sollten abends feuchte Jutesäcke, Bretter oder spezielle Schneckenfolien im Bestand an mehreren Stellen ausgelegt und am nächsten Morgen überprüft werden. Für welches Material man sich entscheidet, ist unerheblich.
Die Schnecken verkriechen sich unter der „Abdeckung”, da sie sich hier vor Austrocknung geschützt fühlen. Man kann das Fangergebnis noch verbessern, indem man unter die Folie/das Brett ein paar metaldehydhaltige Schneckenkörner streut. Die Schadensschwelle ist bereits erreicht, wenn während der Keimphase eine Schnecke pro Kontrollstelle festgestellt wird.
Schneckenkorn
Zur Schneckenbekämpfung stehen viele Schneckenkörner zur Verfügung, die aber für den Einsatz im Ackerbau nicht alle gleich gut geeignet sind. Aufgrund unterschiedlicher Herstellungsweisen unterscheidet man Trockenpressungen und Nasspressungen.
Trocken gepresste Köder werden meistens günstiger angeboten, zerfallen aber nach Regenfällen schneller als die nassgepressten Präparate und sind dann nicht mehr wirksam. Trocken gepresste Köder sind daher für die Schneckenbekämpfung im Ackerbau weniger gut geeignet. Deshalb sind in der Tabelle ausschließlich Mittelbeispiele von nassgepressten Schneckenkornmitteln mit ihren Zulassungen in Raps und Getreide aufgelistet.
Im Raps können diese Mittel von der Keimung bis zur Roset-
tenbildung eingesetzt werden. Allerdings ist zu beachten, dass metaldehydhaltige Mittel nur zweimal in derselben Kultur angewendet werden dürfen, das umweltfreundlichere SluxxHP dagegen viermal. Schnecken haben zwar einen recht gut ausgeprägten Geruchssinn, die Lockwirkung der Köder ist dennoch auf fünf bis zehn Zentimeter beschränkt. Um eine gute Wirkung zu erzielen, müssen die Köder deshalb möglichst gleichmäßig mit einer ausreichend hohen Dichte ausgebracht werden.
Anzustreben sind mindestens 35, besser 40 Körner/m². Beim Einsatz von SluxxHP muss auf eine noch höhere Dichte geachtet werden. Um die gleichmäßige Verteilung sicherzustellen, sollte der Schneckenkornstreuer regelmäßig überprüft werden. Dies kann man zum Beispiel durch Aufstellen von Gelbschalen im Feld bewerkstelligen.
Bei hohem Befallsdruck ist bei einer zweimaligen Schneckenkornanwendung, unmittelbar zur Saat und beim Auflaufen, der beste Bekämpfungserfolg zu erzielen.
Wirkungsunterschiede
 Der Wirkstoff Metaldehyd hat eine Kontakt- und Fraßwirkung. Wird er von den Schnecken aufgenommen, werden die Schleimzellen irreversibel zerstört. Bei zu geringer Wirkstoffaufnahme, niedrigen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit sind die toxischen Effekte unter Umständen zu gering und die Schnecken können sich wieder erholen. Dies kann vor allem bei den großen Wegschnecken beobachtet werden, die mitunter nach dem ersten Wirkstoffkontakt aufhören zu fressen und dann im Verhältnis zum Körpergewicht zu wenig Wirkstoff aufgenommen haben. Metaldehyd hat keine schädlichen Nebenwirkungen gegen Laufkäfer
und Regenwürmer. Besonders schnelle und gute Bekämpfungserfolge können mit metaldehydhaltigem Schneckenkorn vor allem bei Temperaturen über 12 bis 15 °C und hoher Luftfeuchtigkeit erzielt werden, da dann die Schnecken besonders aktiv sind.
Der Wirkstoff des Mittels SluxxHP (Eisen-III-Phosphat) wirkt ausschließlich als Fraßgift. Nach seiner Aufnahme hören die Schnecken schnell auf zu fressen, verkriechen sich im Boden und sterben nach ein bis drei Tagen. Im Gegensatz zu
den metaldehydhaltigen Schneckenkornpräparaten kann man den Bekämpfungserfolg beim Einsatz von SluxxHP nicht direkt sehen, da keine verschleimten oder toten Tiere an der Bodenoberfläche zu finden sind. Größere Schnecken müssen für eine ausreichende Wirkung verhältnismäßig viel Köder aufnehmen. Der große Vorteil dieses Mittels ist, dass es sehr spezifisch auf die Kropf- und Darmregion von Schnecken wirkt und auf andere Bodentiere keine schädlichen Nebenwirkungen hat. Aufgrund einer neuen Formulierung soll SluxxHP, im Gegensatz zum früheren Sluxx, nicht von Schimmelpilzen befallen werden.