Tierhaltung | 06. Juni 2019

Kastenstände: Verordnungsentwurf vorgelegt

Von AgE
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat den lang erwarteten Verordnungsentwurf für eine Neuregelung der Haltung von Sauen im Kastenstand vorgelegt.
Die zulässige Fixationsdauer von Sauen im Kastenstand soll von derzeit 35 Tagen auf acht Tage im Deckzentrum und fünf Tage im Abferkelbereich reduziert werden.
Die Siebte Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, die den Ländern und Verbänden zur Stellungnahme übermittelt wurde, sieht veränderte Anforderungen hinsichtlich der Fixationszeit sowie in den Abmessungen der Kastenstände sowohl im Deckzentrum als auch im Abferkelbereich vor. Für die Umsetzung der neuen Vorgaben soll den Sauenhaltern eine Frist von 15 Jahren eingeräumt werden. In Härtefällen sollen die Behörden eine Verlängerung um längstens zwei Jahre genehmigen können. Nach zwölf Jahren sollen die Betriebe ein verbindliches Umstellungskonzept vorlegen und gegebenenfalls einen Bauantrag gestellt haben müssen. Mit seinem Entwurf reagiert das Bundeslandwirtschaftsministerium  auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg vom November 2015. Danach entsprechen die Bedingungen in den meisten sauenhaltenden Betrieben bislang nicht der Vorschrift in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, derzufolge „jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken” können muss.
„Mit unserem Verordnungsentwurf schaffen wir mehr Platz und Tierwohl im Stall”, erklärte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Gleichzeitig berücksichtige man aber auch die wirtschaftlichen Notwendigkeiten der schweinehaltenden Betriebe. Klöckner: „Ich weiß um die Herausforderungen, vor denen sie stehen − weitere Strukturbrüche in der Sauenhaltung wollen wir mit unserem Vorschlag vermeiden.” Es gehe daher darum, das Tierwohl und die Wettbewerbsfähigkeit zusammenzubringen. Die Ministerin verteidigte ausdrücklich die vorgesehene Übergangsfrist: „Die Maßnahmen kurzfristig umzusetzen, das wäre gerade für die kleinen Betriebe nicht machbar.”
220 cm Mindestlänge
Die maximal zulässige Fixationsdauer von Sauen soll laut Entwurf im Kastenstand von derzeit 35 Tagen auf acht Tage im Deckzentrum und auf fünf Tage im Abferkelbereich reduziert werden. Sowohl im Deckzentrum als auch im Abferkelbereich soll die Mindestlänge der Kastenstände künftig 220 cm statt bislang 200 cm betragen. Die Mindestbreite soll im Deckzentrum der Widerristhöhe der Tiere abzüglich rund 17 Prozent entsprechen, unterschieden nach drei Größenklassen für kleine, mittlere und große Sauen. Während der Übergangszeit soll darauf verzichtet werden, dass die Sau in Seitenlage im Kastenstand die Gliedmaßen ungehindert ausstrecken können muss. In der Abferkelbucht soll eine für die Sau uneingeschränkt nutzbare Bodenfläche von mindestens 5 m² zur Verfügung stehen müssen. Zudem ist zu gewährleisten, dass sich die Sau ungehindert umdrehen kann.
Darüber hinaus enthält der Verordnungsentwurf eine Anpassung der Mindesthöhenregelung für Haltungseinrichtungen von Legehennen. So soll die bislang vorgegebene konkrete Höhenvorgabe von 2 m gestrichen werden, weil sich dies in der Praxis nicht bewährt habe. Künftig soll gewährleistet sein müssen, dass die Voliere durch eine Kontrollperson uneingeschränkt betreten und auf jedes Tier zugegriffen werden kann.
Unterstützung nötig
Der Deutsche Bauernverband (DBV) zeigte sich mit dem Verordnungsentwurf nur teilweise zufrieden. Zwar bringe er endlich Klarheit für diejenigen Betriebe, die vor Investitionsentscheidungen stehen, räumte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken ein. Gleichzeitig stellten jedoch eine Reihe praxisfremder Detailregelungen sowie insbesondere die Neuregelung der Abferkelbucht auch für Altgebäude trotz Übergangsfrist große Herausforderungen für die Landwirte dar. Krüsken forderte eine umfassende Unterstützung für die Sauenhalter. Dies betreffe sowohl ein Investitionsförderprogramm als auch Erleichterungen im Baurecht.
Der Bauernverband geht davon aus, dass infolge der geplanten Neuregelung für fast zwei Drittel der Gebäudesubstanz, in denen derzeit Sauen gehalten werden, Neu- oder Umbauten fällig werden. „Wenn diese Verordnung greifen soll, muss endlich für ein Ende der bau- und genehmigungsrechtlichen Blockade bei Um- und Neubauten von Ställen gesorgt werden”, mahnte der Generalsekretär.
Kosten in Milliardenhöhe
Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) warf dem Bundeslandwirtschaftsministerium vor, Maximalforderungen zur Kastenstandregelung zu stellen. „Wenn diese Vorstellungen so durchkommen, ist klar, dass die Sauenhalter nach Ablauf der Übergangsfrist aufgeben werden”, so die ISN. Sie veranschlagt die Umrüstungskosten für die deutsche Ferkelerzeugung auf 3,5 Mrd Euro.
Die Vorgabe von 5 m² frei verfügbarer Fläche für die Sau im Abferkelbereich sei auch aus Tierschutzsicht kontraproduktiv. Die ISN sieht vor allem die Bundesländer gefordert, sich eindeutig für „machbare und fachlich sinnvolle Vorgaben und damit eine Zukunft der Schweinehaltung in Deutschland” zu positionieren.