Pflanzenbau | 18. November 2020

Kartoffelversorgung aus der Region gefährdet

In einer gemeinsamen Erklärung beklagt die Kartoffelbranche in Baden-Württemberg, dass wichtige Pflanzenschutzmittel fehlen. Gefährlich sind unter anderem Drahtwürmer, deren Lochfraß ganze Partien unverkäuflich macht. Die Versorgung aus der Region sei stark gefährdet.
Ein Drahtwurm – die Larve des Schnellkäfers
Kartoffeln seien auch im digitalen Zeitalter ein fester Bestandteil der Ernährung mit heimischen Lebensmitteln. Dies stellen die Akteure der baden-württembergischen Kartoffelwirtschaft in einer gemeinsamen Pressemitteilung fest.
Ob die regionale Grundversorgung mit Kartoffeln bestehen bleibe, sei allerdings derzeit fraglich, warnen die Erzeugergemeinschaft für Früh- und Spätkartoffeln Baden-Württemberg e.V., der Beratungsdienst Kartoffelanbau Heilbronn e.V. sowie die Handelshäuser Ernst Kopf KG, Bad Krozingen, Kartoffel-Stahl, Neckarwestheim, und Wild Kartoffel- und Zwiebelmarkt GmbH, Eppingen.
Versorgung ist jetzt schon knapp
In Baden-Württemberg würden derzeit auf etwa 5500 Hektar Kartoffeln angebaut, erläutern die Akteure. Bei einem Pro-Kopf-Verbrauch von rund 55 kg/Jahr – rechnerisch insgesamt knapp 600000 Tonnen – und einem gemittelten Ertrag von etwa 38 Tonnen pro Hektar reiche die in Baden-Württemberg erzeugte Menge an Kartoffeln – insgesamt 190000 Tonnen – bereits heute bei weitem nicht aus, um die mehr als elf Millionen Einwohner zu versorgen.
Diese knappe Grundversorgung mit Kartoffeln stehe derzeit vor immer höheren Hürden, heißt es in der Pressemitteilung. Konnte man den Anbau der Erdknollen nach dem Zweiten Weltkrieg stetig weiterentwickeln und verlässlicher und stabiler machen, gehe der Landwirtschaft heute sukzessive jegliche Möglichkeit verloren, um Schadinsekten oder Pilze effektiv in Schranken zu halten.
Zum Beispiel breite sich der Drahtwurm immer weiter aus. Es handelt sich dabei um die Larve einer Schnellkäferart. Der Schädling frisst im Boden Löcher in die Knollen. Das stellt konventionell und biologisch wirtschaftende Betriebe vor die gleiche Herausforderung, denn beide haben keine Möglichkeiten (mehr), diese Larven mit zugelassenen konventionellen oder biologischen Präparaten wirkungsvoll zu bekämpfen.
Ein anderes Problem sind Schäden durch den Pilz Rhizoctonia. Der Befall führt zu massiven Beeinträchtigungen der Kartoffelqualität durch Verkrustungen (Sklerotien) und Drycore-Löcher. Behandlungsmöglichkeiten wird es voraussichtlich ab 2022 nicht mehr geben.
In beiden Fällen wird oft nur noch Ware geerntet, die aufgrund mangelnder Qualität nicht mehr als Lebensmittel verzehrsfähig ist – die Arbeit eines ganzen Jahres war umsonst.
Die Handelshäuser stellt das Fehlen wirkungsvoller Pflanzenschutzlösungen anschließend vor die Herausforderung, dass bei ohnehin schon knappen Kartoffelmengen in Baden-Württemberg durch diese Schäden zusätzlich der Anteil der vermarktungsfähigen Ware massiv abnimmt. Letztlich fehlen diese Mengen dann auch im Supermarktregal. Dies hat zur Folge, dass der Lebensmitteleinzelhandel zur Deckung der Grundversorgung Kartoffeln  aus ganz Deutschland, Europa oder sogar Nordafrika importiert – mit allen bekannten Nachteilen für Klima und Umwelt.
Die Unterzeichner der Pressemitteilung fordern: Wenn wichtige Pflanzenschutzmittel aus politischen Gründen ihre Zulassung verlieren, muss den Erzeugern eine wirkungsvolle Alternative geboten werden – dies sei jedoch bislang nicht erkennbar. Im Zweifelsfall müssten die bestehenden Wirkstoffe so lange erhalten bleiben, bis anderweitige Lösungen gefunden  seien.