Die Pyrethroide haben gegen Kartoffelkäfer ausgedient
Von Hans-Jürgen Meßmer, LTZ Augustenberg, Außenstelle Donaueschingen
Vor allem in Regionen mit intensivem Kartoffelanbau dürfen wegen Resistenzproblemen keine Pyrethroide mehr zur Bekämpfung des Kartoffelkäfers eingesetzt werden. Das ist aber nicht dramatisch, denn es stehen genügend Mittel mit unterschiedlichen Wirkstoffen zur Auswahl.
Landwirte haben im Heilbronner Unterland und anderswo vermehrt andere Wirkstoffe als Pyrethroide eingesetzt. Das hat den Selektionsdruck in den vergangenen Jahren merklich abklingen lassen. Dort hat die Gefahr durch resistente Stämme also abgenommen.
Dagegen hat sich in anderen, auch kleinstrukturierten Kartoffelanbaugebieten Baden-Württembergs die Resistenzlage dramatisch verschärft. Nach aktuellen Untersuchungen dürfen hierzulande immer noch keine Pyrethroide zur Bekämpfung des Kartoffelkäfers eingesetzt werden. Dies gilt auch für Regionen, wo bisher kaum Resistenzen nachweisbar sind, zum Beispiel im Landkreis Tuttlingen. Sonst wird die Wirkstoffgruppe früher oder später zu einer stumpfen Waffe im Pflanzenschutz. Dass selbst Resistenzen in kurzer Zeit bei neuen Mitteln möglich sind, zeigen Erfahrungen in anderen Ländern.
Bereits seit dem Jahr 2000 lässt die Wirksamkeit der Pyrethroide in den Kartoffelanbaugebieten Baden-Württembergs nach. Seit 2005 weisen Berater immer wieder auf das Problem hin und mahnen zum Verzicht auf diese Insektizide. Dennoch setzen regional Landwirte, meist mit kleineren Kartoffelflächen, Pyrethroide bis heute ein und beklagen dann Minderwirkungen beim Einsatz gegen Kartoffelkäfer.
Resistenzprobleme seit fast 15 Jahren
Nur im Larvenstadium werden Kartoffelkäfer sicher von den Insektiziden erfasst. Je jünger die Tiere sind, desto besser wirken die Mittel
Im Rahmen der bundesweiten Resistenzfeststellung (Monitoring) bei Kartoffelkäfern gegen Insektizide wurden unter Federführung des LTZ Augustenberg 2013 an über 20 Standorten im Land Kartoffelkäferlarven eingesammelt und ihre Empfindlichkeit getestet.Der Übersichtskarte ist zu entnehmen, in welchen Regionen die Resistenzprobleme am stärksten auftreten.
Neben der eigenen Mittelwahl sollten Landwirte bei ihrer Behandlungsstrategie in stark gefährdeten Regionen möglichst darauf achten, welche Wirkstoffe die Nachbarn einsetzen. Wichtig ist dabei, ob die Mittel dieselben Wirkungsmechanismen haben oder ob sie sich darin ergänzen. Auch sollte jeder Kartoffelanbauer die Wirkstoffe über die ganze Saison hinweg planmäßig wechseln, damit die Präparate eine dauerhaft gute Wirkung behalten. Selbst wenn nur eine Anwendung pro Jahr ansteht, sollten die Mittel jedes Mal gewechselt werden.
Zum Glück sind gegen den Kartoffelkäfer und seine Larven zahlreiche Präparate mit unterschiedlichem Wirkungsmechanismus verfügbar (
siehe Tabelle). Wird aber mit diesen Wirkstoffen achtlos umgegangen, ist es mit Sicherheit nur eine Frage der Zeit, bis auch hier Resistenzen um sich greifen.
Ergebnis des Monitorings zur Resistenzbildung bei Kartoffelkäfern
aus dem Jahr 2013. Grün = Einzeltiere sensibel. Gelb = Resistenz
möglich. Rot = Einzeltiere resistent.
Für eine effektive Strategie der Resistenzvermeidung sind außerdem noch weitere Punkte zu berücksichtigen – zum Beispiel der richtige Behandlungszeitpunkt. Um maximale Wirkungsgrade zu erzielen, sollte erst dann behandelt werden, wenn ein Großteil der Kartoffelkäferpopulation als Junglarve die Kartoffelblätter besiedelt. Junge Larven reagieren empfindlicher als alte. Zudem nehmen Junglarven durch ihre Fraßtätigkeit nach der Applikation noch mehr Wirkstoff auf als alte Larven oder die äußerst robusten, erwachsenen Käfer. Diese sind gegen Insektizide äußerst widerstandsfähig und ihre Eigelege praktisch immun.
Mehrere Faktoren sind zu bedenken
Eine geeignete Hilfestellung bei der
Wahl des optimalen Behandlungstermins bietet das Prognosemodell SIMLEP.
Damit kann der genaue Spritzzeitpunkt von Insektiziden gegen
Kartoffelkäferlarven schlagspezifisch berechnet werden.
Das Prognosemodell kann unter
www.ltz-augustenberg.de oder
www.isip.de
abgerufen werden. Der Anwender erhält genaue Angaben zu folgenden
Punkten:
*Zeitraum des Massenauftretens von Eigelegen
*Termin des Erstauftretens von Jung- und Altlarven
*Otimaler Termin zur Bekämpfung der Kartoffelkäferlarven
Landwirte, die dieses Programm nutzen, haben ausreichend Zeit, um die
Behandlung zu planen und vorzubereiten. Zu beachten dabei: In einem
trockenen, warmen Frühjahr ist in der Regel mit einem relativ frühen
Auftreten des Kartoffelkäfers zu rechnen. Der Befallsbeginn ist oft an
dem Feldrand feststellbar, der an ein Feld angrenzt, auf dem im Vorjahr
Kartoffeln angebaut worden sind.
Die ökonomische Bedeutung der Bekämpfungsschwelle für Kartoffelkäfer und
ihre Larven wird kontrovers diskutiert. Tatsache ist, dass eine
Schädigung der Blattfläche von mehr als 10 % bereits zu größeren
wirtschaftlichen Einbußen führen kann. Versuche des Landes
Rheinland-Pfalz haben gezeigt, dass ein Besatz von 21 Larven pro Pflanze
zu einem Ertragsverlust bis 14 % führen kann.
In Baden-Württemberg wurde festgestellt, dass Blattverluste vor dem
Reihenschließen die stärksten Auswirkungen auf den Ertrag haben und
bereits zwölf Larven pro Pflanze den Ertrag drücken können. Dabei wurde
auch die Beziehung zwischen Anzahl der Eigelege und Anzahl der
Junglarven berücksichtigt und festgestellt, dass ab zehn Eigelegen auf
25 Pflanzen der späteste Bekämpfungszeitpunkt der Larven erreicht ist.
Ein Kartoffelkäfer bei der Eiablage.
Donaueschinger
Versuchsergebnisse zeigen, dass die neueren Mittel gegen Kartoffelkäfer
bei voller Aufwandmenge uneingeschränkt wirksam sind. Damit das auch
möglichst lange so bleibt, sollten die Landwirte „pfleglich” mit den
Insektiziden umgehen. Unnötige Spritzungen sind zu unterlassen,
Bekämpfungsschwellen zu beachten. Bei üppigem Kraut sollte die höchste
vorgesehene Wassermenge genutzt werden.
Insektizide im Ökolandbau
Im Ökolandbau gibt es weitere Alternativen in der
Kartoffelkäferbekämpfung mit den Produkten NeemAzal-T/S und Novodor FC.
Bei deren Anwendung sollten allerdings die geringe UV-Stabilität und die
hohe Abwaschgefährdung durch Regen beachtet werden.
Warme, wüchsige Witterung beschleunigt den Bekämpfungserfolg. Kühle
Witterungsabschnitte verlangsamen die Fraßaktivität der Larven und somit
die Wirkstoffaufnahme.
Der Wirkstoff von Novodor FC ist etwa eine Woche aktiv, sofern er nicht
durch Niederschläge abgewaschen wird. Wenn innerhalb einer Stunde nach
der Ausbringung 2 bis 5 mm Niederschlag fallen, werden ungefähr 50 % des
Wirkstoffs abgespült.
Mehrjährige Versuchsergebnisse zeigen, dass das Produkt NeemAzal T/S umso besser wirkt, je niedriger die Temperaturen bei der Spritzung sind.
Auch wenn bei diesem Präparat bei größeren Larven der Wirkungsabfall
geringer ist als bei Novodor FC, ist doch auch bei NeemAzal T/S ein
frühzeitiger Einsatz im Junglarvenstadium eindeutig zu bevorzugen.
Spintor 480 SC aus der Wirkstoffgruppe der Spinosyne ist seit 2008 im
Ökoanbau zugelassen. Der Wirkstoff besteht aus Stoffwechselprodukten
eines natürlich vorkommenden Bodenbakteriums. Allerdings gibt es bis
heute seitens der Bioverbände Bedenken gegen das Produkt, da es als
bienengefährlich eingestuft ist.
Bienenschutz
Bei Insektizidmaßnahmen
in Kartoffeln sollten aus Bienenschutzgründen B4-Produkte wie Biscaya
mit 300 ml/ha, Coragen mit 60 ml/ha oder Mospilan SG mit 125 g/ha bevorzugt werden.
Hinweise zur diesjährigen Insektizidstrategie in der Pflanzgutproduktion
gibt es wöchentlich im aktuellen Blattlauswarndienst des LTZ
Augustenberg, Außenstelle Donaueschingen unter
www.ltz-augustenberg.de.