Kann Tri-Solfen die Lösung sein?
Tri-Solfen ist bei der in der EU zuständigen europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zur Zulassung angemeldet. Hat die EMA Tri-Solfen für einwandfrei befunden und spricht sich für die Zulassung aus, dann sind die EU-Mitglieder an der Reihe: Ihre Zulassungsbehörden nehmen erneut eine wissenschaftliche Prüfung der eingereichten Unterlagen vor. Erfahrungsgemäß dürfte es deshalb gerade in Deutschland noch dauern, bis Tri-Solfen für die deutschen Ferkelerzeuger verfügbar ist.
Entwickelt hat Tri-Solfen die australische Kinderärztin und Herzforscherin Dr. Meredith Sheil. Sie suchte nach einem wirksamen Mittel, das bei kleinsten Kindern während der Operation und Wundschmerzbehandlung wirklich hilft. Diese Überlegung war der Beginn der Entwicklung von Tri-Solfen. Dr. Sheil, die mit einem Schafhalter verheiratet ist, übertrug ihre Erfahrungen aus der Kinderheilkunde auf die Behandlung von Schafen. Zusammen mit Allan Giffard von Medical Ethics, dem Hersteller von Tri-Solfen, arbeitete sie an dem Produkt, um es für die Anforderungen in der Nutztierhaltung sicher und tauglich zu machen.
- Der Wirkstoff Lidocain ist ein sehr schnell wirkendes Anästhetikum. Bereits 20 Sekunden nach seiner Anwendung sorgt es dafür, dass das Tier den Schmerz, den der Schnitt ins Gewebe verursacht, kaum noch wahrnimmt.
- Der zweite Wirkstoff Bupivacain wirkt ebenfalls schmerzbetäubend. Seine Wirkung läuft aber langsamer an als die von Lidocain. Dafür beträgt die Wirkungsdauer rund 24 Stunden.
- Adrenalin ist die dritte Komponente von Tri-Solfen. Dieser Wirkstoff verengt die Blutgefäße und hemmt den Blutverlust bei der Operation.
- Ein Antiseptikum schützt schließlich vor Infektionen, also vor Gefahren, mit denen Tiere im Stall immer konfrontiert sind. Eine vorbeugende Antibiotikagabe wird durch die Behandlung mit Tri-Solfen überflüssig.
Und so läuft die Kastration eines männlichen Ferkels unter Tri-Solfen-Lokalanästhesie ab: Das wenige Tage alte Eberferkel wird zusammen mit gleichgeschlechtlichen Artgenossen in der Kastrationsvorrichtung fixiert. Mit einem Eisspray wird die Haut im Bereich des Eingriffes auf 8–10 °C heruntergekühlt. Das macht sie weitgehend gefühllos und taub.
Ein gezielter Schnitt mit dem Skalpell öffnet den Zugang zu den Hoden. In und um den Hodensack wird jetzt das Tri-Solfen-Gel aufgetragen. Innerhalb von 20 Sekunden verliert das Ferkel im gesamten Bereich um den Hoden sein Schmerzempfinden. Die Samenstränge werden schmerzfrei gekappt und die Hoden herausgenommen.
Nach der Entnahme der Hoden wird Tri-Solfen-Gel in einer dünnen Schicht in den Hodensack appliziert. Dazu wird ein Instrument genutzt, das einer kleinen Kuchenspritze ähnelt und das Gel ohne Verletzungsrisiko aufträgt. Seine Kanüle ist nicht spitz, sondern abgerundet, sodass die Ränder der Schnittwunde nicht weiter verletzt werden. Jetzt ist die gesamte Kastrationswunde mit einer schützenden Gelschicht überzogen. Diese wehrt Krankheitserreger ab und fördert den Heilungsprozess.
Das kastrierte Ferkel wird jetzt in die Bucht zurückgesetzt. Es ist vital und kann zusammen mit seinen Wurfgeschwistern sofort am Gesäuge der Sau mit der Mahlzeit beginnen.
Mit etwa einem Euro Materialkosten ist der Eingriff auch vergleichsweise preiswert. Der Behälter, in dem Tri-Solfen ausgeliefert wird, sowie die zur Applikation notwendige Ausrüstung sind im Kaufpreis von Tri-Solfen enthalten. Sobald die Zulassung vorliegt, ist es über Tierärzte verfügbar und kann vom Ferkelerzeuger angewandt werden.