Tierhaltung | 15. Dezember 2022

Kälbertransport: Frist läuft ab

Von Maria Wehrle
Seit dem 1. Januar 2022 dürfen Kälber erst ab der fünften Lebenswoche transportiert werden. Nun läuft die einjährige Übergangsfrist zum Jahreswechsel ab. Das wirkt sich nicht nur auf den Platzbedarf und die Kosten aus, sondern auch auf das Preisgefüge der Händler. Wer seine Kälber vernachlässigt, wird zukünftig noch mehr abgestraft.
Bleiben die Kälber länger auf dem Milchviehbetrieb, werden auch mehr Stallplätze gebraucht. Kälberiglus oder Kälberhütten kann man auch jetzt noch besorgen, wenigstens als Übergangslösung.
Ein Jahr hatten die Milchviehbetriebe Zeit, um sich darauf vorzubereiten: Ab dem 1. Januar 2023 dürfen Kälber erst ab einem Alter von 28 Tagen transportiert werden anstatt wie bisher mit 14 Tagen. Damit steigen die Kosten für die Milchviehbetriebe. Die Kälber müssen zwei Wochen länger versorgt werden, was je nach Milchpreis 80 bis 100 Euro pro Kalb mehr kostet. 
Kälber einzeln oder in Gruppen halten?
Zudem werden mehr Stallplätze nötig. Wer dafür noch keine Lösung gefunden hat, kann immer noch mit Kälberhütten oder Iglus nachrüsten. Dafür braucht es lediglich eine feste Fläche als Untergrund – also Asphalt, Beton, Pflastersteine oder ähnliches. Die Frage ist eher: Wie zukunftsfähig ist diese Variante? Aktuell dürfen Kälber bis zur achten Lebenswoche einzeln gehalten werden. Aber wie lange noch? Die europäische Bürgerinitiative „End the Cage Age” fordert das Ende der Käfighaltung in Europa – auch die Einzelhaltung von Kälbern. Clemens Mauch vom Beratungsbüro Bischoff und Hager rät deshalb gleich zu Kälberboxen, die sich mindestens für die paarweise Aufstallung eignen. In der Gruppenhaltung – spätestens ab der achten Lebenswoche – müssen zwei bis drei Kälbern mindestens 4,5 m² zur Verfügung stehen, jedem weiteren Kalb zusätzlich 1,5 m².
Zwei Wochen alte Kälber haben andere Ansprüche
Wer trotzdem weiter auf die Einzelhaltung setzt, muss berücksichtigen, dass die Kälber ab einem Alter von zwei Wochen auch mit Wasser und Raufutter zur freien Verfügung versorgt werden müssen. Zudem erhöhen sich ab diesem Alter die Maße für die Box: Dann sind mindestens  160 cm Länge und 100 cm Breite gefordert. Umgerüstete IBC-Container mit einer Länge von 120 cm sind dann nicht nur ungeeignet, sondern sogar verboten. 
60 kg als Orientierung für die Preisgestaltung
Die neue Regel betrifft aber nicht nur das Alter der Tiere, sondern indirekt auch ihr Gewicht. Zwar hat der Handel noch keine offiziellen Gewichtsklassifizierungen veröffentlicht, jedoch liegt der BBZ die bisherige Abrechnungsmaske eines großen norddeutschen Kälberhändlers für männliche schwarzbunte Holsteinkälber vor. Zum Jahreswechsel wird das mittlere Kalb rund 60 kg schwer sein müssen, wovon sich dann Zu- und Abschläge ableiten lassen. Daraus folgt: Kälber mit weniger als 50 kg werden zukünftig preislich massiv abgestraft. Clemens Mauch empfiehlt deshalb: „Ziehen Sie Ihre Bullenkälber so gut wie möglich auf. Nur dann bekommen Sie den Tränkeaufwand honoriert. Kompromiss-Kälber wird der Handel nicht mehr akzeptieren.”
Durften die Kälber für ordentliche Erlöse bisher maximal 35 Tage alt sein, wird dieses Alter wahrscheinlich auf 42 Tage angehoben. Damit schrumpft das Vermarktungsfenster von bisher drei auf zukünftig zwei Wochen.
Kälberhaltung langfristig verbessern
Wer sich langfristig Gedanken über seine Kälberaufzucht machen möchte, dem schlägt Clemens Mauch vier Möglichkeiten vor: die direkte Kooperation mit einem Mastbetrieb, die Aufzucht bis zum Fresser, selbst zu mästen oder die professionelle Kälberaufzucht zusammen mit anderen Betrieben in der Umgebung an einem Standort. Denn in einem Umkreis von 50 km greift das Transportverbot nicht, solange der Landwirt seine Tiere selbst transportiert. 
Leitfaden hilft
Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen hat Empfehlungen für die Kälberhaltung in einem Leitfaden zusammengefasst. Dieser kann kostenlos heruntergeladen werden unter kurzelinks.de/kaelber.