Tierhaltung | 10. September 2021

Kälber länger auf dem Hof behalten

Von Maria Wehrle
Kälber dürfen zukünftig erst ab einem Alter von 28 statt 14 Tagen transportiert werden. Das hat der Bundesrat bereits Ende Juni beschlossen. Ab wann die neue Regel gilt und welche Auswirkungen sie hat, war Thema im Milchviehforum der DLG-Unternehmertage.
Bleiben die Jungtiere länger auf dem Hof, kann es sinnvoll sein, die Anzahl der Kälber zu reduzieren.
Vier statt zwei Wochen – so alt müssen Kälber zukünftig mindestens sein, bevor sie transportiert werden dürfen. Diese Änderung der Tierschutz-Transportverordnung, die der Bundesrat vor gut zwei Monaten beschlossen hat, hat viele Milchviehhalterinnen und Milchviehhalter überrascht. Umso wichtiger ist es, jetzt einen kühlen Kopf zu bewahren und sich damit auseinanderzusetzen, was das für den eigenen Betrieb bedeutet. Darüber sprach Dr. Norbert Wirtz vom Bundesverband Rind und Schwein (BRS) vergangene Woche bei den DLG-Unternehmertagen, die online stattfanden.
Zeitlicher Ablauf
Um Klarheit zu schaffen, hilft es, sich mit dem zeitlichen Rahmen auseinanderzusetzen. Mit dem Beschluss des Bundesrates ist die Bundesregierung nun aufgefordert, diesen umzusetzen. Sobald der Text im Bundesanzeiger veröffentlicht ist, greift die vorgesehene Übergangszeit von zwölf Monaten. Dies wird laut Wirtz voraussichtlich im November 2021 der Fall sein. Erst danach ist die Änderung geltendes Recht – also Ende des Jahres 2022. Das heißt im Umkehrschluss, dass bis dahin noch die 14-Tage-Regel gilt. Wirtz forderte die Landwirtinnen und Landwirte in diesem Zusammenhang dazu auf, ihre Spediteure oder Viehhändler darüber aufzuklären, falls diese die Regel schon jetzt umsetzen wollten.
Auf alle Aspekte achten
Obwohl sich der BRS bemüht, die einjährige Übergangsfrist zu verlängern, machte Wirtz den Landwirtinnen und Landwirten keine Hoffnungen, dass dem Antrag stattgegeben wird. Umso wichtiger sei es, dass man sich schon jetzt über mögliche Lösungen Gedanken mache. Denn wer bauen muss, muss genügend Zeit für Baugenehmigung und Bauphase einrechnen. Auch wer mehr Kälberiglus benötigt, sollte sich Wirtz zufolge darum kümmern, bevor die Preise in die Höhe schießen oder der Markt leergeräumt ist. 
Weitere Fragen, die man sich stellen sollte: Können die Vorgaben aus der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung erfüllt werden, die für Kälber älter als 14 Tage gelten (siehe Kasten unten)? Werden die zugelassenen Obergrenzen nach dem Immissionsschutzgesetz weiterhin eingehalten? Ist ausreichend Lagerkapazität für zusätzliches Futter, Einstreu und Dung vorhanden? Reicht die Fläche, um den Wirtschaftsdünger ausbringen zu können, ohne gegen die Düngeverordnung zu verstoßen? Als alternative Ansätze verwies Wirtz auf Lösungen, die darauf abzielen, die Anzahl der Kälber zu reduzieren. Dazu gehören unter anderem die gezielte Anpaarung, der Einsatz von gesextem Sperma oder eine verlängerte Zwischenkalbezeit.
Folgen
Klar ist: All das macht die Haltung von Kälbern teurer. Berechnungen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zufolge müssen die Landwirte mit Mehrkosten von etwa 70 Euro pro Kalb rechnen. Dazu kommt noch der teurere Transport, weil weniger Tiere auf den Fahrzeugen Platz haben.
Ausnahmen
Ausnahmen von der neuen Regel wird es laut Wirtz nur in ganz speziellen Fällen geben. Zum einen, wenn der Transport innerhalb eines Betriebes im Umkreis von maximal 50 km stattfindet. Und zum anderen, wenn die Grenze überschritten wird; denn dann greift europäisches Recht. Da die meisten Kälber jedoch zuvor zu Sammelstellen innerhalb Deutschlands transportiert werden, profitieren laut Wirtz die wenigsten von dieser Ausnahme. 
Vorgaben für ältere Kälber
  • Kälber in Einzelhaltung benötigen im Alter von zwei bis acht Wochen mehr Platz: Die Boxen müssen mindestens 180×100 cm beziehungweise 160×90 cm groß sein – je nachdem, ob sich der Trog innen oder außen befindet.
  •  Für Kälber in Gruppenhaltung gilt bis zum Alter von acht Wochen: Einem Kalb stehen mindestens 1,5 qm zu; in einer Gruppe mit bis zu drei Tieren muss die Bucht mindestens 4,5 qm groß sein. Zudem müssen bei einer rationierten Fütterung alle Kälber gleichzeitig Futter aufnehmen können.