Vier ideenreiche Persönlichkeiten berichteten auf dem Jungunternehmertag von BLHV und Bund Badischer Landjugend (BBL) von ihrem Weg in die Selbstständigkeit. Mehr als 50 junge Leute hörten ihnen Mitte Januar in der Stadthalle in Bräunlingen zu.
Drei der vier Hauptreferenten waren Yannick Wurth, Johannes Wehrle und Sebastian Wehrle (von links).
„Einfach mal machen!” Obwohl jeder der vier Jungunternehmer aus der Region einen ganz eigenen Weg beschrieb, waren sie sich in dieser Sache doch einig. Man könne noch so gut planen, es tauchten immer Situationen auf, in denen Pläne wieder über den Haufen geworfen werden müssten. Yannick Wurth aus Neuried-Altenheim vertrat mit „Wurth’s Kartoffelkiste” den klassischen Hofnachfolger. Gemeinsam mit seinem Vater baut er auf 120 Hektar Getreide, Sojabohnen und Feldgemüse an. Außerdem gehören 200 Mastschweine zum Bio-Hof.
„Komm, wir probieren das mal”
„Wenn ich meinen Betrieb vorstelle,
muss die Kartoffel hängen bleiben”, erklärt Wurth. 2010 fing alles an:
„30 Ar sind nicht viel. Komm, wir probieren das mal.” Sein Ziel sei es,
eine höhere Wertschöpfung aus den Feldern zu erzielen. Mittlerweile
wachsen auf rund zehn Hektar sechs Kartoffelsorten. Seit 2016 vermarktet
er die Knollen unter dem Namen „Wurth’s Kartoffelkiste”. In der
Verkaufshütte vor dem Hof sei Selbstbedienung angesagt. „Hier fahren
jeden Tag so viele Geldbeutel vorbei. Wir müssen es hinkriegen, dass die
anhalten”, erzählt Wurth von seiner Vermarktungsidee. Die restlichen
Kartoffeln werden an den Feinkosthandel verkauft, so Wurth. 2017 sei
das Lager wegen einer Spitzenernte nicht leer geworden: Der Markt sei
unter Druck gewesen. Aus dieser Krise sei die Idee der Vermarktung über
den Lebensmittel-Einzelhandel entstanden. 2018 schloss Wurth sich mit der Dachswanger Mühle in Umkirch und dem Schillhof in March-Buchheim
zusammen: Sie schufen die Marke „Feldfrisch badisch”, mit der sie in den
regionalen Edeka-Märkten der Firma Hieber vertreten sind. Ungewaschen
und in Papier verpackt wird den Kunden die regionale Bio-Ware angeboten.Wurth gibt aber auch zu: „Wir haben es unterschätzt, wie viel Zeit es
in Anspruch nimmt, so eine Marke in Gang zu bringen.”
Verkauft lieber selbst
Paula Roser: Buchhaltung mache sie nicht gerne, sie sei ihr trotzdem wichtig.
Das Steckenpferd von Paula Roser – ebenfalls
Junglandwirtin – ist der Käse. Sie kam 2016 auf den Hof ihrer
Schwiegereltern in Freiamt. Diese waren von der Idee einer
Bio-Hofkäserei schnell begeistert. „Ich habe das Wissen und die Kunden
mitgebracht. Es war nur noch die Investition nötig”, erklärte Roser. Sie habe das Käsen von ihrem Vater gelernt und war auf dem elterlichen
Betrieb für die Vermarktung zuständig. Dreimal die Woche gehe sie
seither mit ihrem Verkaufswagen auf Wochenmärkte. „Selber kann man am
besten verkaufen”, ist sie überzeugt. Bei aller Freude an der
Käserei betont Roser: „Ganz wichtig ist immer die Buchhaltung.” Das habe
sie gelernt, als sie auf dem elterlichen Betrieb die Lücken vergangener
Jahre aufarbeiten musste. „Wenn man die Buchhaltung gut macht, läuft es
besser und man kann das, was man gerne macht, noch besser machen”, zog
sie Bilanz.
Geht nicht, gibt’s nicht
Dass Büroarbeit einen großen Teil der Selbstständigkeit
ausmacht, das weiß auch Johannes Wehrle aus St. Märgen. An zwei von
sechs Arbeitstagen widme er sich dieser Tätigkeit. Gemeinsam mit seinem
Freund, Daniel Schätzle, ist er „d’ Baumschubser”. Unter diesem Namen
erledigt das Unternehmen hauptsächlich Spezialbaumfällungen und
Baumpflegearbeiten in Privatgärten und besetzt damit eine Nische in der
Forstwirtschaft. Die Kletterausrüstung gehöre dabei genauso zum
Handwerkszeug wie die Motorsäge. Häufig kämen sogar Kräne zum Einsatz. Was
anfangs nur ein Zuverdienst am Wochenende war, entwickelte sich bald zu
einem eigenen Unternehmen. „Am Anfang sind wir gerannt, damit wir
Arbeit haben. Jetzt rennen wir, weil wir Arbeit haben”, blickt Wehrle
zurück.
Der ausgebildete Forstwirt arbeitete
zuvor im Forstunternehmen seines Vaters. 2018 entschied er sich für
die Selbstständigkeit. Da er selbst eine junge Familie habe, sei es ihm
wichtig gewesen, zu wissen, dass das Unternehmen Zukunft hat. „Ich bin
froh, dass ich nicht mehr am Anfang stehe. Wenn ich gewusst hätte, was
auf mich zukommt, wäre ich vielleicht im Wald geblieben”, erzählt Wehrle
von den Schwierigkeiten, die mit der Arbeit in Siedlungsgebieten
einhergingen. „Aber unser Motto ist: Geht nicht, gibt’s nicht.”
Zum
Team gehören 35 Subunternehmer. Das Durchschnittsalter schätzt Wehrle
auf unter 30. Als junger Chef sei ihm die Kameradschaft wichtig: „Der
Kunde möchte ein gut gelauntes Team.” Dass die Arbeit im Wald
gefährlich bleibe, sei dem Forstwirt aber immer bewusst. Ein guter
Freund und vor einem Jahr sein Vater seien bei einem Arbeitsunfall
verunglückt.
Thema Tod nicht auf die lange Bank schieben
Mehr als 50 junge Leute trafen zum Austausch mit den Referenten und untereinander. Fotograf Sebastian Wehrle stellte seine Bilder der neuen Reihe „Facing Tradition Q” aus.
Beim Vortrag von Birgit Aurelia Janetsky der Firma Semno Consulting ging es
um das Thema Tod. „Digitaler Nachlass für Jungunternehmer” lautete der
Titel ihres Vortrages, der zum Rahmenprogramm gehörte. Sie
sensibilisierte die Zuhörer dafür, für einen Todes- oder Notfall
vorzusorgen. Zum digitalen Nachlass gehören laut Janetsky Hardware,
digitale Kontakte, Verträge sowie Werte und Guthaben. Diese würden im
Todesfall genauso vererbt wie analoge Gegenstände. Um den Erben eine
aufwendige und teure Nachsorge zu ersparen, sollte man das Thema nicht
auf die lange Bank schieben. Auf Nachfrage des Publikums empfahl
Janetsky professionelle Nachlassmanager wie das Unternehmen Columba.
Als
fachfremder Gast war der Fotograf Sebastian Wehrle aus Freiamt
eingeladen. Er ist seit sechs Jahren selbstständig und über die Grenzen
der Region hinaus bekannt für seine Bilderreihe „Facing Tradition”, in
der moderne Frauen traditionelle Schwarzwaldtrachten tragen. Er weiß:
„Eine gute Idee macht noch lange keinen guten Künstler.” Es zähle die
Umsetzung und ob man einen Plan habe.
Selbstbestimmung durch Engagement
Friedbert Schill, Biolandwirt aus March-Buchheim, stellte seinen Hof und sein Engagement im BLHV vor.
Der Vortrag von Friedbert Schill aus March-Buchheim über
seinen Betrieb und seine Ämter im BLHV bildete den Abschluss der
Veranstaltung. Als Vorsitzender des Kreisverbandes Freiburg und Mitglied
des Vorstands des BLHV sei es ihm wichtig, dass sich auch junge Leute politisch engagierten. „Entweder wir bestimmen mit oder wir werden
bestimmt”, gab er dem Publikum zu denken.