Die EU-Mitgliedstaaten haben sich noch immer nicht auf eine Zulassung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat verständigt. Eine Abstimmung darüber wurde verschoben. Am 9. November soll erneut abgestimmt werden. Es soll dabei aber nur noch um eine Neuzulassung für fünf Jahre gehen.
Abgestimmt werden sollte am Mittwoch voriger Woche im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel. Am Tag nach der Verschiebung erklärte eine Sprecherin der Kommission, dass im genannten Ausschuss nun am 9. November über eine Neuzulassung von Glyphosat für fünf weitere Jahre abgestimmt werden solle.
Deutschland enthielt sich
Dies entspricht dem Votum des Europaparlaments,
das sich am Dienstag voriger Woche für eine Glyphosatzulassung bis
maximal noch 2022 ausgesprochen hatte. Bei einem „Stimmungstest” unter
den Mitgliedstaaten hatte es in der vergangenen Woche weder für die von
der Kommission präferierte Zulassungsdauer von zehn Jahren noch für die
Optionen einer Dauer von sieben oder sogar nur drei Jahren eine
qualifizierte Mehrheit der EU-Länder gegeben. Für die Option einer
zehnjährigen Verlängerung hatten sich laut Kommissionskreisen 16
Mitgliedstaaten ausgesprochen, darunter Spanien, Großbritannien, Polen
und die Niederlande. Gegen eine solche Verlängerung hatten sich zehn
Staaten, unter ihnen Frankreich, Italien und Österreich, gewandt.
Enthalten hatte sich wie erwartet Deutschland, zudem Portugal. Die
gegenwärtige Zulassung läuft Ende des Jahres aus. Maximal wäre eine
Verlängerung der Zulassung um 15 Jahre möglich.
Derweil kündigte Frankreichs Landwirtschaftsminister Stéphane Travert
an, mit Deutschland und Italien nach einer gemeinsamen Position suchen
zu wollen. Ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums bestätigte
dies.
Mit Blick auf die Dauer der Zulassungsverlängerung gab sich die
französische Regierung kompromissbereit. Ein Sprecher erklärte, Paris
wolle eine Wiederzulassung für maximal drei Jahre, würde sich aber „zur
Bereinigung der Situation” auch einer vierjährigen Verlängerung nicht
verschließen. Dem Votum des Europaparlaments zufolge sollte es nach 2022
keine erneute Genehmigung des Totalherbizids mehr geben. Mit seiner
nicht-legislativen Entscheidung ist das Plenum über die Empfehlung des
EU-Umweltausschusses hinausgegangen, der für eine Fristverlängerung
lediglich bis 2020 plädiert hatte.
Bei den Landwirten und Genossenschaften wächst indes der Unmut über das
politische Gerangel um die Wiederzulassung von Glyphosat.
Mehr Wissenschaft, weniger Politik
Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und
ländlichen Genossenschaften (COGECA) pochen auf eine
Zulassungsverlängerung des Herbizidwirkstoffs auf wissenschaftlicher und
nicht auf politischer Grundlage. Die beiden Dachverbände verwiesen auf
die Einschätzungen der EFSA und der Europäischen Chemikalienagentur
(ECHA), wonach Glyphosat als unbedenklich gelte. Seine Verwendung sei
entscheidend, „um unsere Lebensmittelversorgung zu sichern”. Der
Wirkstoff dürfe daher „nicht zum Opfer” politischer Uneinigkeiten
zwischen den Mitgliedstaaten werden.