Tierhaltung | 12. März 2020

Je feiner, desto mehr Magengeschwüre

Von Dr. Michael Götz, Eggersriet/Schweiz
Zu feines Futter führt bei Schweinen zu Magengeschwüren und Blutungen. Der Feinanteil im Futter sollte nicht über 40 Prozent liegen, lautet die Schlussfolgerung eines Referates am Forum der Tier&Technik in St. Gallen.
Markus Kretz: Je mehr ein Futter verarbeitet wird, desto höher wird der Feinanteil.
Die Futterstruktur spielt eine wichtige Rolle für die Gesundheit des Magen-Darm-Traktes, sagt Markus Kretz von der Futtermühle Amrein in Sempach/Kanton Luzern,  die sich auf Schweinefutter spezialisiert hat. Er stützt sich auf Aussagen von Xaver Sidler, Professor an der Abteilung für Schweinemedizin  der Universität Zürich und auf die Diplomarbeit von Konrad Jund an der Höheren Fachschule HF Agrotechnik in Zollikofen/Kanton Bern.
Hoher Feinanteil verhindert Schichtung
Schweine setzen schwarzen Kot ab oder  sterben plötzlich. Was können die Ursachen sein? „Feines Futter führt zu vermehrten Magengeschwüren, was Magenblutungen hervorrufen kann”, schreibt Sidler. Die schwarze Farbe stammt von verdautem Blut. Die Blutungen entstehen, weil die Magenschleimhaut gereizt wird und sich entzündet. Das kommt daher, dass es keine Schichtung des Futterbreis mehr gibt, wie es bei grobem Futter der Fall ist. Die Schichtung sorgt dafür, dass das Säure-Basen-Milieu am Mageneingang neutral ist, während der Futterbrei mit fortschreitendem Fluss durch den Magen angesäuert wird. Die Ansäuerung bremst das Coli-Wachstum. Ist das Futter zu fein, dann gibt es keine Schichtung mehr, der Futterbrei verteilt sich wie eine Sauce. Am Mageneingang wird es zu sauer, was zu Entzündungen und Magengeschwüren führt. Weiter hinten ist das Milieu zu wenig sauer. Die Coli-Bakterien vermehren sich und es kommt zu Durchfallerkrankungen und zu  Ödemen.

Lieber Schrot als Pellets
Die Ergebnisse der Diplomarbeit zeigen, dass der Anteil von Futterbestandteilen unter 0,5 mm Durchmesser ausschlaggebend für die Gesundheit der Magen-Darm-Schleimhaut ist. Er wird als Feinanteil definiert. Bei einem Futter mit einem Feinanteil von unter 40 Prozent traten nur geringe Entzündungen der Magen-Darm-Schleimhaut auf. Deutlich ausgeprägter wurden sie bei Feinanteil-Werten von 50 bis  70 Prozent.
Anzusehen  ist dem Futter die Struktur allerdings nicht. Man sollte meinen, dass Würfel oder Granulate eher eine grobe Struktur aufweisen. Doch dem ist nicht so. Je mehr ein Futter verarbeitet wird, desto höher wird der Feinanteil. „Jedes Mehlfutter ist besser als das weiterverarbeitete Produkt”, betont Kretz. „Mit pelletiertem Futter gibt es immer mehr Magenulcera als mit schrotförmigem”, verdeutlicht er. Füttert man allerdings Rohfaser in Form von Heu zu, lässt sich der hohe Feinanteil kompensieren. Das Futter zerläuft im Magen nicht, sondern schichtet sich.
 
Gut für die Lagerung, schlecht für den Magen
Früher haben die Landwirte den Sauen geschrotetes Futter gefüttert. Da die Silos heute größer und aus Kunststoff gefertigt werden, rutscht das Futter schlechter nach als in den alten Stahlsilos. Aus diesem Grund verarbeiteten die Mühlen das Futter vermehrt zu Pellets oder zu Granulat. Dazu muss man allerdings die Getreidekörner zuvor fein mahlen. Man kann sich das leicht mit dem „Kuchenbacken” am Sandkasten vorstellen. Je feiner der Sand, desto besser hält der Kuchen zusammen. Der Schweinehalter kann die Struktur des Futters mit dem  Auge nicht erkennen. Dafür müsste er eine Siebanalyse durchführen.
 Kretz empfiehlt Schweinehaltern, sich im Schlachthof die Mägen ihrer Tiere anzusehen oder ein verendetes Tier zur Obduktion zu geben. Die Mühlen ihrerseits sollten Getreide wieder vermehrt mit Walzenstühlen anstatt mit Schlagmühlen mahlen.