IVA klagt: „Schade, die Debatte war schon weiter”
Von Industrieverband Agrar (IVA)
Mit Unverständnis hat der Industrieverband Agrar (IVA) die Präsentation des sogenannten „Pestizidatlas 2022” verfolgt, den am 12. Januar die Heinrich-Böll-Stiftung, PAN Germany und die
Umweltorganisation BUND veröffentlicht haben. Es handele sich um
ein Zerrbild des Pflanzenschutzes in der Landwirtschaft.
Auch der biologische Landbau muss Krankheiten, Schädlinge und Unkraut bekämpfen.
Der IVA kritisiert, statt, wie versprochen, neue Daten und Fakten zur aktuellen Entwicklung zu präsentieren, fielen die Autoren des Reports zurück in Kampagnen-Reflexe und konstruierten altbekannte Vorwürfe und teils fragwürdige Zahlenspiele. Und auf die Frage, wie man die Zielkonflikte von Ernährungssicherung und Ökologie lösen könne, finde man im Atlas keine Antworten.
Nur altbekannte Polemik
Der IVA-Hauptgeschäftsführer Frank Gemmer kommentiert: „Die Kampagne (...) wirkt aus der Zeit gefallen. Während sich in der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) im vergangenen Jahr Agrar- und Umweltverbände konstruktiv über die Perspektiven der Landwirtschaft, einen nachhaltigen Einsatz und Wege zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln ausgetauscht hatten, wird nun versucht, die alten Gräben wieder aufzureißen. Und dies mit teils unlauteren Mitteln – das ist schade, denn die Debatte war schon viel weiter, offener und ehrlicher.”
So werde auf Seite 18 etwa behauptet: „385 Millionen Menschen erkranken jährlich an Pestizidvergiftungen.” Statistisch würde also weltweit etwa jeder 20. Mensch einmal im Jahr erkranken – wie kommt es zu dieser unglaublichen Zahl? Basis dafür ist eine einzige Schätzung, die von PAN-Aktivisten selbst erstellt wurde und von keiner wissenschaftlichen Fachinstitution geprüft worden ist. Die Publikation enthalte, so der IVA, zahlreiche Unstimmigkeiten, Unsauberkeiten und methodische Mängel. So definierten die Autoren erst gar nicht, was sie unter einer Pestizidvergiftung verstehen, hielten bei der Datenermittlung Exposition und Vergiftung nicht sauber auseinander und blähten die Gesamtzahl künstlich auf.
Der Industrieverband rechnet vor: Wie wenig die angeblich 385 Millionen Vergiftungsfälle mit der Realität zu tun hätten, veranschaulichten Zahlen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) aus einer aktuellen deutschen Pilotstudie. Danach beziehen sich gerade einmal 1,4 Prozent aller in der Studie ausgewerteten Vergiftungsmeldungen überhaupt auf Kontakte mit sogenannten Pestiziden, davon wiederum nur 17,5 Prozent auf Pflanzenschutzmittel. Die meisten Verletzungen waren Augenkontakte mit Desinfektionsmitteln, die als Biozide zur Produktgruppe der Pestizide gerechnet werden.