Tierhaltung | 07. März 2019

Individuelle Lösungen gemeinsam erarbeitet

Von Anne Koch
it der Gruppenberatung wurde im Winter 2018/2019 ein neues Format der Stallbauberatung für Milchviehbetriebe mit Anbindehaltung umgesetzt. Das vom Regierungspräsidium Freiburg getragene Beratungsprojekt „Umstellung der Anbindehaltung” bildete hierfür den Rahmen.
Im Austausch mit den Kollegen werden individuelle Umbaulösungen entwickelt.
Wie kann ich mein Altgebäude am besten umnutzen? Wie könnte ein Anbau aussehen? Wo baue ich den Melkstand für reibungslose Abläufe ein? Welcher Standort wäre der beste für einen Stallneubau? Wie sehen kostengünstige Lösungen aus? Antworten auf diese und viele weitere Fragen erarbeiteten sich Landwirte, die ihre Milchviehhaltung von der Anbindehaltung zum Laufstall umstellen möchten, im Rahmen einer Gruppenberatung. Unter dem Motto „Bauen ja! – Aber wie?” trafen sich zwei Gruppen mit jeweils sechs bis sieben Betriebsleitern an vier Terminen zwischen Oktober 2018 und Februar 2019 in Emmendingen und Donaueschingen. Organisiert und durchgeführt wurde die Gruppenberatung von Anne Koch, BeratungMilchHoch3, und Herbert Pohlmann, Landwirtschaftsamt Emmendingen.
Betriebe und Umbaupläne analysiert
Zu Beginn erhielten die Teilnehmer Informationen zu Förderung und besichtigten einen umgebauten Milchviehstall. In den Folgetreffen stellten die Betriebsleiter ihren Kollegen den eigenen Betrieb und bereits vorhandene Überlegungen zum Stallbau vor. Diese Ideen für einen Um- oder Neubau wurden von den Berufskollegen im offenen und ehrlichen Austausch auf Herz und Nieren geprüft. Im nächsten Schritt wurde zu Bleistift und Papier gegriffen und verschiedene Umbaulösungen skizziert.
Vor- und Nachteile wurden in der Gruppe lebhaft diskutiert, sodass jeder Betrieb im Nachgang eine optimierte Planskizze in Händen hielt. Ganz nebenbei wurden durch diese kollegiale Beratung die Landwirte selbst zu Stallbauexperten. Die Planskizze ist eines der Puzzlestücke im Stallbauprozess. Weitere Schritte sind erforderlich wie zum Beispiel Absprachen mit Planern oder Stallbaufirmen sowie die Klärung von Förderung, Finanzierung und Bauantrag mit dem zuständigen Landwirtschaftsamt.
Besprochen wurde, welche Schritte für die Betriebe als nächstes anstehen und an wen sie sich wenden können. Weiterführend werden die Teilnehmer einzelbetrieblich beraten. Die erste Durchführung der Gruppenberatung ist nun abgeschlossen. Die Teilnehmer ziehen überwiegend ein positives Fazit. So wurde den Betriebsleitern deutlich: „Lösungen müssen nicht immer von der Stange sein”, und es lohnt sich, „auch mal quer zu denken”. Ein Teilnehmer fasst es so zusammen: „Es ist sehr sinnvoll, sich in der Gruppe mit anderen Landwirten zu treffen, es kommen viele Ideen zum eigenen Betrieb, über die man selbst nicht nachgedacht hat.” Darüber hinaus haben der Austausch und die regelmäßigen Treffen in der Gruppe für die Teilnehmer dazu beigetragen, am eigenen Stallbauprojekt mit Motivation dranzubleiben.
 
Ein Beispiel: Anbau einer Liegehalle geplant
Blick auf den derzeitigen Futtertisch. Die Futterachse wird mit dem Umbau um 90 Grad gedreht.
Teilgenommen an der Gruppenberatung in Emmendingen hat auch ein junger Betriebsleiter, der mit seiner Familie einen Bio-Milchviehbetrieb mit 14 Kühen im Nebenerwerb bewirtschaftet. Für seinen Stallumbau suchte der junge Hofnachfolger eine kostengünstige Lösung, mit der sich die Arbeitswirtschaft verbessert. So brachte er bereits die Ideen mit, die derzeit noch händische Fütterung auf dem nicht befahrbaren Futtertisch zu automatisieren und eine Schieberentmistung einzubauen. Für die konkrete Ausgestaltung seiner Ideen holte er sich in der Gruppenberatung die Meinungen und Erfahrungen der Berufskollegen und Stallbauberater ein.
Auf dem Familienbetrieb soll nun wie auf dem Stallgrundriss dargestellt umgebaut werden. Wie auf dem Plan zu erkennen, schließt sich seitlich der Wohnteil des Eindachhofes und unterhalb ein Wirtschaftsgebäude an den bestehenden Stall an. Beide Gebäude bleiben von dem Umbau unberührt. Das Jungvieh ist bereits in einem separaten Gebäude untergebracht. Der alte Stall wird so umgebaut, dass hier künftig der Futtertisch, ein Fressgitter mit Antritt und ein planbefestigter Lauf- und Fressgang mit Schieberentmistung Platz finden.
Blick in den derzeitigen Mistgang. Die Gitterroste werden im Umbau teils abgedeckt, teils als Abwurfschacht für den Mistschieber genutzt.
Dazu wird die bestehende Futterachse um 90 Grad gedreht und der Futtertisch an die bergseitige Wand verlegt. Die Gitterroste werden teils abgedeckt (im Plan braun dargestellt) und teils als Abwurfschacht für den Schieber genutzt. An das Altgebäude wird eine helle und gut durchlüftete Liegehalle mit 18 Tiefboxen angebaut. Der Laufgang zwischen den Liegeboxen bildet die Verlängerung des Fressgangs im Altgebäude, sodass mit einer durchgehenden Schieberbahn beide Gebäudeteile entmistet werden können. Einen weiteren Anbau mit Strohbereich (im Plan gelb) für das Abkalben und Trockensteher oder eventuell auch Jungtiere plant der Betriebsnachfolger in einem zweiten Bauabschnitt. In einem bisher ungenutzten Nebenraum soll künftig in einem einseitigen Fischgrätenmelkstand gemolken werden. Darüber hinaus soll ein Heukran eingebaut werden, mit dem das Futter auf einer Aufziehplane vorgelegt wird. So kann weiterhin deckenlastig gefüttert werden und auch mit einem nicht befahrbaren Futtertisch die Fütterung erleichtert werden.
Derzeit wird in der Familie die Hofübergabe geklärt. Ist dieser Schritt gemacht, soll es intensiv mit der Bauplanung weitergehen. Der Einbau eines gebrauchten Heukrans ist bereits im Frühjahr geplant.                                    
Seminar zur Betriebsentwicklung
Ergänzt wurde das Angebot der Gruppenberatung mit einem zweitägigen Seminar zum Thema Betriebsentwicklung. Bevor eine Entscheidung für oder gegen eine Baumaßnahme getroffen werden kann, braucht es Antworten auf die Frage „Wohin möchten wir mit unserem Betrieb?”.
Die Teilnehmer des Seminars setzen sich damit auseinander, welche Ziele und Werte sie persönlich antreiben und welche Stärken und Schwächen der eigene Betrieb bietet. Dabei wurde deutlich, dass jeder Betrieb an einem individuellen Punkt steht, wo es darum geht, ob weiterhin in die Milchviehhaltung investiert oder nach Alternativen gesucht werden soll. Für die Teilnehmer war die bewusste Auseinandersetzung mit der Betriebsentwicklung, für die oft im Arbeitsalltag der Freiraum fehlt, ein wichtiger Schritt hin zu einem klaren Blick auf die eigene betriebliche Situation und einen passenden Weg in die Zukunft. Die Durchführung des Seminars wurde ermöglicht mit Unterstützung des Regierungspräsidiums Freiburg und der Schwarzwaldmilch.  
Weitere Teilnehmer willkommen
Das Seminar zur Betriebsentwicklung wird im Oktober dieses Jahres im Raum Titisee-Neustadt mit Unterstützung des Regierungspräsidiums Freiburg erneut angeboten. Eine weitere Gruppenberatung für Betriebe, die einen Stallbau konkret planen, ist für den Winter 2019/2020 geplant. Interessierte können sich bereits jetzt bei Anne Koch melden. Weiterhin kann jederzeit eine einzelbetriebliche Beratung zum Thema Betriebsentwicklung und Stallbau durch Herbert Pohlmann (übergebietliche Stallbauberatung am LWA Emmendingen) und Anne Koch (BeratungMilchHoch3) kostenfrei vereinbart werden. 
Interesse?
Anne Koch ist zu erreichen unter Tel. 0151/15178137 oder per E-Mail. BeratungMilchHoch3 ist ein gemeinsames Beratungsangebot der Schwarzwaldmilch GmbH Freiburg, der RKW Kehl GmbH und der Bioland Beratungsdienst GmbH.