Waldwirtschaft | 07. Dezember 2017

In den Wäldern wächst zu viel Starkholz

Von Daniel Haupt
Ganz im Zeichen der Themen Starkholzaufkommen und Kartellverfahren stand die Mitgliederversammung des Verbandes der Säge- und Holzindustrie (VSH) am 18. November in Villingen, bei der Präsident Wilhelm Schilling gut 150 Teilnehmer in der Tonhalle begrüßen konnte.
Lkw beim Aufladen von Buchenstämmen am Waldweg
Forstpräsident Max Reger, Professor Bastian Kaiser, mehrere Landtagsabgeordnete und Vertreter der Sägewerke kamen ausführlich zu Wort.
Grußworte
  • In seinem Grußwort forderte Reinhold Pix, Landtagsabgeordneter der Grünen, eine Forstreform aus einem Guss. Es deute sich eine Konzentration der Holzmengen ab. „Es wird vielleicht schwieriger für die mittelständischen Säger, aber Sie brauchen nicht zu befürchten, dass die Rohstoffversorgung gefährdet ist”, beruhigte Pix. Zukünftige Aufgaben seien der Umbau zu klimastabilen Wäldern und die stärkere Nutzung von Starkholz, „aber ohne dass der Naturschutz auf der Strecke bleibt”, betonte der Grünen-Politiker.
  • Patrick Rapp von der CDU-Landtagsfraktion erklärte, derzeit hätten Mindestlohn, Baugesetze, Arbeitszeitregelung und Zertifizierung Auswirkungen auf die Forst- und Holzwirtschaft. Bei der forstlichen Neustrukturierung setze man auf ein qualitativ hochwertiges und zukunftsfähiges Modell. „Wir wollen politische Leitlinien, damit eine unabhängige Forstwirtschaft entsteht”, sagte Rapp. Im Privatwald sieht der Politiker ein großes Potenzial für die Mobilisierung von Starkholz und regte an, auch im Rahmen der Landesbauordnung zu prüfen, welche Verwendungsmöglichkeiten für solche Hölzer bestünden.
  • Reinhold Gall von der SPD- Landtagsfraktion sieht in der Forstwirtschaft derzeit eine „unruhige und spannende Zeit”. Wirtschaft, Umweltschutz, Erholungssuchende,  Jagd sowie das Kartellverfahren stellten enorme Anforderungen an den Wald und seine Eigentümer. Die Säger würden gewohnte Ansprechpartner verlieren. Verlierer dürfe es nicht geben, dafür solle ein gemeinsamer Konsens gefunden werden. „Wenn aber der finanzielle Rahmen nicht mehr stimmt und beim Personal gespart wird, verschlechtert sich die ganze Situation”, warnte der SPD-Politiker.
  • Dr. Friedrich Bullinger von der FDP-Fraktion hob die Bedeutung des Mittelstandes hervor und kritisierte die aus seiner Sicht zu vielen Vorschriften in der Forst- und Holzwirtschaft. „Ökonomie und Ökologie gehören zwar zusammen, aber gesellschaftliche und Umweltschutz betreffende Leistungen müssen auch bezahlt werden.” Die positiven Auswirkungen der FSC-Zertifizierung auf die regionale Herkunft sieht er kritisch und bezeichnete das Konzept „Holz von hier” als wichtiger.
Max Reger will Starkholz mobilisieren
„Wir haben vielfältige Wälder und wollen deren vielfältige Funktionen auch zukünftig sicherstellen”, erklärte Landesforstpräsident Max Reger. Er ging zunächst auf die aus seiner Sicht zwei großen Herausforderungen für die regionalen Sägewerke ein – die Entwicklung des Nadel- und des Starkholzanteils. Außerdem nahm er Stellung zum aktuellen Stand der Neuausrichtung der Forstverwaltung aufgrund des Kartellverfahrens sowie abschließend zur künftigen Holzverwendung. 
Man müsse nun stärker schauen, dass der Nadelholzanteil gesichert werde angesichts dessen Rückgangs von rund zwei bis drei Prozent jährlich. Allein die Orkane hätten mehr Laubholz nach sich gezogen. „Wenn wir den Nadelholzanteil halten, wäre das schon ein gutes Ergebnis”, erklärte Reger. Die Douglasie stellte der Präsident angesichts ihres Anteils von bisher nur vier Prozent als wichtige Baumart dar. Insbesondere vor dem Hintergrund des Klimawandels und des Zurückweichens der Fichte stelle sie zukünftig einen Ersatz für die Fichte dar. 
„Die Fichten-, Tannen- und auch Buchen-Starkholzbestände mit einem BHD über 50 cm müssen wir angehen”, sagte Reger. Er sieht bei der Vermarktung dieser Hölzer als Ziel die Güteklasse B. Er berichtete von einer unteren Forstbehörde, bei der der Starkholzanteil bereits bei rund 70 Prozent liege, und plädierte generell für eine gezielte Entnahme, wenn der BHD 50 erreicht sei. Sonst trete eine qualitative Verschlechterung ein, was auch nicht im Interesse der Säger sei. Reger erwartet im Staatswald jährlich eine Starkholzmenge in der Stärkeklasse L5 von rund 50000 Fm, dazu werde aus dem Kommunal- und Privatwald mindestens noch mal die gleiche Menge kommen. „Es hilft nichts, diese Bäume weiterwachsen zu lassen – das Holz muss in den Markt”, sagte der Forstpräsident.
Zum Kartellverfahren
Die laufende Neustrukturierung bei der Waldbeförsterung und Holzvermarktung aufgrund des Kartellverfahrens sprengt für Reger den Rahmen von allem, was zuvor an Reformen in Baden-Württemberg durchgeführt wurde. Nach der Niederlage „mit Strich und Faden” vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) komme es im Frühjahr 2018 nun vor dem Bundesgerichtshof zur ersten mündlichen Verhandlung.
Massive Kritik äußerte Reger am Vorsitzenden Richter des OLG Düsseldorf, der den Wald mit einer Schraubenfabrik vergleiche und die vielen wertvollen Funktionen des Waldes völlig vergesse. Kurz stellte der Forstpräsident die derzeitige neue Weichenstellung in der Forstverwaltung vor. Die forsthoheitlichen Aufgaben einschließlich der Forstaufsicht in allen Waldbesitzarten, die Förderung sowie die Beratung des Kommunal- und Privatwaldes würden im dreistufigen Verwaltungsaufbau des Landes verbleiben. Die Bewirtschaftung des Staatswaldes werde vollständig einer neu zu gründenden, rechtsfähigen Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) übertragen. „Die hohen Standards bei der Waldbewirtschaftung werden wir aufrechterhalten, es wird kein Preisdumping geben und wir werden keine Billigheimer zulassen”, stellte Reger klar. Es werde eine flächendeckende Betreuung im Privat- und Körperschaftswald geben, außerdem seien neue Strukturen für die Holzmobilisierung und Holzvermarktung nötig. Reger bewertete dabei das Beispiel Rheinland-Pfalz mit sechs geplanten eigenständigen Organisationen und einer jeweiligen Vermarktungsmenge von rund 250000 Fm als positiv.
Holzverwendung
„Baden-Württemberg ist das Holzbauland Nummer eins und wir wollen an der Spitze bleiben”, hob Reger hervor. Allerdings fehlten noch die großen Leuchttürme für den Holzbau. Man müsse eine Holzbaukultur schaffen und damit Partner gewinnen. Schließlich würden für das konventionelle Bauen mit Stahl und Beton rund 35 bis 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs benötigt, zudem jährlich rund zwei Milionen Kubikmeter Bauschutt als Abfall anfallen. „Die Initiativen ‚Cluster Forst und Holz‘ sowie die 2015 gegründete proHolz BW könnten Holz zur Mode machen”, so Reger. 
Stimmen aus der Sägeindustrie
In der anschließenden Podiumsdiskussion hielt Stefan Schmid vom gleichnamigen Sägewerk in Bad Rippoldsau-Schapbach ein detailliertes
Plädoyer für das Thema „Regionalität”.
Starkholzspezialist und Sägewerkschef Manuel Echte aus Nordrach verwies auf die angespannte wirtschaftliche Lage vieler Sägewerke und die Problematik neuer technischer Investitionen.
Wolfgang Kolb führt ein Nadelholzsägewerk in Ruppertshofen und berichtete, dass viele Starkholzprodukte weggebrochen seien und nun die Abnehmer fehlten. Er wies darauf hin, dass es auch Starkholz mit schlechteren Qualitäten gebe und das Starkholz häufig zu teuer angeboten werde.